Der Künstler und studierte Physiker Martin Willing zeigt im Mainzer Ausstellungsforum Cadoro, wie man Stahl zum Schwingen bringt
Von Marianne Hoffmann
Profunde Physikkenntnisse helfen ungemein beim schwerelosen Schwingen schwerer Materialien: Martin Willing mit einer seiner Stahl-Skulpturen.
(Foto: hbz/Kristina Schäfer)
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MAINZ - 2007 endeckte Dorothea van der Koelen den Künstler Martin Willing für ihre Galerie. Schon ein Jahr später war der Wunsch den Künstler und seine Kunst näher kennen zu lernen so groß, dass sie ihm eine Einzelausstellung ausrichtet. Nun feiert Martin Willing seinen 60. Geburtstag wiederum mit einer Einzlausstellung im Kunst- und Wissenschaftszentrum „Cadoro“ in Mainz-Hechtsheim, das Dorothea van der Koelen erfolgreich betreibt.
Martin Willing, geboren 1958, lebt und arbeitet in Köln. Er hat an der Staatlichen Kunstakademie in Münster Kunst studiert und Physik an der Münsteraner Universität. Diese ungewöhnliche Kombination ist für das Werk von Martin Willing der Grundstein zu den wohl unglaublichsten Stahlskulpturen, die auf dem Kunstmarkt zu finden sind. Martin Willings kinetische Objekte scheinen noch nie etwas von Schwerkraft gehört zu haben, denn sonst würden sie nicht so schwerelos schwebend sich in Bewegung setzen und den Betrachter staunen lassen. Seine Werke sind heute aus Titan und Duraluminium. Duraluminium besteht außer aus Aluminium auch aus Kupfer und Magnesium, Mangan und Silizium. Die Legierung wird auch heute noch fast unverändert in der Luftfahrt verwendet. Daneben verwendet er auch Chrom-Nickel-Federband oder Chrom-Nickel-Federstahl. Diese ungewöhnlichen Materialien sind die Grundlage seiner glänzenden kinetischen Objekte, deren spezifisches Merkmal darin besteht, dass sie Raum bilden, Raum umgreifen, ohne ihn materiell zu besetzen. Willing selbst bezeichnet seine Arbeiten als Skulpturen.
„Nichts desto weniger muten seine Werke eher wie Zeichen im Raum an“, schreibt der Kunstkritiker Klaus Honnef zu Willings Werk. „Als habe ein Zeichenstift seine Spuren in materieller Festigkeit markiert. Ihnen fehlt das Beharrende und mitunter Gravitätische geläufiger Skulpturen. Sie sind filigran. Die offenen Zwischenräume beanspruchen die gleiche optische Aufmerksamkeit wie feste Bestandteile.“
Ihre grazile Schönheit offenbaren Willings Objekte in Gestalt von Trichtern, Scheiben, Stäben, Kugeln, Ellipsoiden, Kegeln und Hyperboloiden, so wie sie in der Ausstellung im Cadoro in vielfacher Ausfertigung zu sehen sind. Der entscheidende Faktor ihrer Faszination ist allerdings ihre Fähigkeit in Bewegung zu geraten. Denn: „Ihre Form bestimmt ihre Bewegung! Ihre Bewegung offenbart uns ihre Form“, erklärt Willing schon 1987.
Die Physik hilft Willing jeden Tag aufs Neue die Gesetze der Schwerkraft auszuhebeln und seinen Skulpturen eine unvermutete Leichtigkeit zu geben. Und dieser Leichtigkeit sind keine Grenzen gesetzt.