Der libanesische Weltmusiker und Komponist Rabih Abou-Khalil interpretiert tradionelle arabische Klänge neu und bringt sie unter anderem mit Jazz und Blues zusammen. Im...
. Seine Art, arabische Traditionen modern zu interpretieren und mit Einflüssen aus Jazz und Blues zu mischen, macht die Musik von Rabih Abou-Khalil einzigartig. Vor dem Auftritt mit seinem Trio in Mainz spricht er über seinen unkonventionellen Umgang mit kulturellen Klangwelten und wie er sich aus der Küche musikalische Inspiration holt. Sie mussten Ende der 70er-Jahre angesichts des Bürgerkriegs aus dem Libanon fliehen, haben in München studiert und spielen mittlerweile Konzerte auf der ganzen Welt.
Was bedeutet Ihnen Heimat? Als ich damals aus dem Libanon geflohen bin, hat mein Vater mir gesagt, wenn ich das Land verlasse, werde ich eine Heimat verlieren und nie wieder finden. Das stimmt schon. Aber ich konnte für mich daraus auch etwas Positives ziehen. Ich habe zwar meine Heimat als Geburtsort verloren, aber dafür bin ich überall in der Welt zuhause. Ich kann mir jede Kultur aussuchen, die mir gefällt. Ich bin sozusagen zu einem kulturellen Parasiten geworden (lacht).
Welchen Einfluss hat Ihre arabische Herkunft auf Ihre Musik?
Ich sehe sie als einen Akzent in meiner Musik. Wenn ich Musik mache, denke ich überhaupt nicht an einen bestimmten Stil. Für mich ist Musik schon immer eine Sache der Emotion und nicht der Stilistik gewesen. Ich habe so viele verschiedenen Kulturen kennengelernt, da steht keine bewusst im Vordergrund. Übrigens kann auch eine gute Pasta bei mir Emotionen auslösen, die dann in Form meiner Musik irgendwie Ausdruck findet.
Woher kommt Ihre Begeisterung für die Musik unterschiedlicher Kulturen?
Mein Vater hat mich geprägt. Er kommt aus einem Dorf im Ostlibanon und war immer sehr interessiert an Kulturen und Sprachen. Er sprach acht Sprachen und reiste viel herum. Außerdem hatte er ein Kurzwellenradio, vom dem ich als Kind fasziniert war. Mich interessierte vor allem, wie sehr sich die Musik von Kultur zu Kultur unterschieden hat. Aber Musik hat trotz dieser Unterschiede in allen Kulturen den gleichen Effekt: Sie begeistert und berührt die Menschen. Seitdem ist es mein Traum, etwas aus all diesen Kulturen für mich herauszuziehen, um dann überall Menschen mit meiner Musik berühren zu können.
Das scheint ja auch gut zu klappen. In Deutschland gehören Sie zu den Künstlern mit den meisten verkauften Tonträgern im Bereich Jazz. Wie erklären Sie sich diese Popularität hierzulande?
Deutschland ist kulturell sehr offen. Das mögen die Deutschen selbst kaum glauben, aber es ist so. Das Land ist umgeben von verschiedenen Kulturkreisen. So etwas prägt auf die eine oder andere Weise. Im künstlerischen Bereich stehen die Deutschen anderen Kulturen sehr offen und interessiert gegenüber.
Wie entstehen Ihre Lieder angesichts des großen Angebots an Einflüssen?
Ich mache mir da gar keine großen Gedanken. Viel entscheidender ist, welche Musiker man an seiner Seite hat. Die Rolle des Komponisten wird oft etwas überschätzt. Wichtiger sind für mich die Einflüsse, die meine Mitspieler mitbringen. Ich suche sie mit viel Akribie aus und lege viel Wert darauf, dass sie ihre eigene kulturelle Identität zur Musik beisteuern.
Kommt es nicht manchmal zu Reibereien, wenn unterschiedliche Kulturen aufeinandertreffen?
Ich verstehe mich mit meinen Mitspielern immer sehr, sehr gut. Die beiden, mit denen ich in Mainz auftreten werde, Schlagzeuger Jarrod Cagwin und Akkordeonist Luciano Biondini, kenne ich seit über zehn Jahren. Ich glaube aber ohnehin, dass die Menschheit Konflikte aufgrund von Kultur und Herkunft in der Zukunft überwinden wird.
Im vergangenen Jahr erschien mit "The Flood and the Fate of the Fisch" ein neues Studioalbum - nach sieben Jahren. Warum mussten Ihre Fans so lange warten?
Mir kam das gar nicht wie sieben Jahre vor (lacht). Ich war in der Zwischenzeit ja nicht untätig, habe viel komponiert, mehrere Orchesterwerke geschrieben und natürlich Konzerte gegeben. Dazu kommt, dass ich nicht nur eine CD rein um des Machens wegen machen möchte. Und ich wollte mir erst ein Studio in meinem französischen Zuhause einrichten. Dort kann ich mich am besten entspannen, habe die Familie um mich, es wird gut gekocht und gegessen. Das ist die perfekte Umgebung für mich, um ein Album aufzunehmen.
Woher beziehen Sie noch Ihre Inspiration?
Wie gesagt ich koche wirklich sehr, sehr gerne. Gerade bereite ich ein neapolitanisches Ragout zu. Aber ich lese auch sehr gerne Gedichte und lerne kulturell Neues kennen. Und das Komponieren selbst ist für mich auch Inspiration. Ich habe in meinem Leben wesentlich mehr komponiert, als ich jemals aufnehmen könnte. Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht etwas schreibe.
Was werden Sie dem Publikum in Mainz musikalisch servieren?
Ich habe ein neues Programm ausgearbeitet. Es gibt es paar Stücke von meiner letzten Platte, ein paar von der aktuellen und ein paar Überraschungen. Ich bin selbst etwas aufgeregt, weil ich schon lange nicht mehr dort war. Die Musiker sind andere, als beim letzten Mal. Im Trio zu spielen bietet immer einen großen kreativen Freiraum und eine intime Atmosphäre. Ich bin sehr gespannt, wie es den Leuten gefällt.