Nach Hunderten Wohnmobil-Reisen lässt sich Michael Sonnenberg in Idstein nieder
Von Christopher Schäfer
Desk Wiesbaden
Michael Sonnenberg fühlt sich im Idsteiner Wohnmobilhafen sehr wohl. Foto: Christopher Schäfer
( Foto: Christopher Schäfer)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
IDSTEIN - Die Vögel müssen sich nicht besonders anstrengen, um am Wohnmobilhafen Himmelsbornweg die Geräuschkulisse zu dominieren. Es ist halb zehn Uhr morgens, die Sonne scheint, aber es ist noch etwas frisch: Die Mobilisten frühstücken drinnen und so ist es noch ruhiger als sonst im grünen Wolfsbachtal am südöstlichen Zipfel der Stadt. Traumhaft hier, oder? Zeit, sich dies mal in der Haupturlaubsreisezeit von den Mobilisten bestätigen zu lassen. Ein Däne hat es eilig, weiter Richtung Süden zu kommen, „Sorry“, sagt er. Eine andere Familie aus Emden verrammelt die Tür: „Zeitung? Wir kaufen nix.“
Ein Haus am Meer in Rio de Janeiro
Ein älterer Herr am Ende des Platzes öffnet dagegen die Tür seines Wohnmobils und sein Herz für den Reporter. „Ja, zu dem Platz hier kann ich sogar eine Menge berichten.“ Und nicht nur dazu. Es ist eine ungewöhnliche Lebensgeschichte, die Michael Sonnenberg zu erzählen hat. Vor 40 Jahren ging er nach Brasilien, um im kaufmännischen Bereich zu arbeiten, im vergangenen April kam er zurück nach Deutschland – auf Dauer. Seitdem ist der 77-Jährige mit dem Wohnmobil unterwegs, um einen Platz zu finden, „wo ich meinen letzten Lebensabschnitt in Ruhe verbringen kann“. Sonnenberg, der ursprünglich aus Norddeutschland stammt, und bei Reisen die halbe Welt gesehen hat, bezeichnet Rio de Janeiro als „eine der schönsten Städte der Welt. Ich habe dort in einem Haus am Meer gewohnt.“ Und es liegt, wenn man ihn schwärmen hört, nicht unbedingt auf der Hand, wenn er dann sagt: „Idstein ist ein idealer Platz für mich.“ Also, bei allem Respekt für gemütliche Taunusstädtchen: Warum um alles in der Welt nach Rio jetzt Idstein als Wohnort? „Ich habe hier fast alles, was Großstädte bieten, aber es ist überschaubarer. Eine kleine, sympathische, sehr charmante Stadt.“ Und wenn es doch mal größer sein soll, seien Frankfurt und Wiesbaden ja auch nicht weit.
Miteinander von Hilfsbereitschaft geprägt
Sein Wohnwagen hilft ihm, die Zeit zu überbrücken, bis die Wohnung bezugsfertig ist, denn die ist längst gefunden. Bis dahin ist der Wohnmobilhafen für ihn ein angenehmer Ort: „Es ist grün und leise hier, sehr schön, die Preise sind vernünftig.“ Das Miteinander mit den anderen Mobilisten sei von gegenseitiger Hilfsbereitschaft geprägt. Morgens um neun kommen die Mitarbeiter der Stadt, um die Gebühren zu kassieren. Sauber sei der Platz zwar auch, nur die Müllbehälter könnten im Sommer öfter geleert werden. Ein Problem, bei dem die Stadt bereits dabei ist, es abzustellen: „Wir haben schon entsprechende Gespräche mit den Stadtwerken geführt“, sagt Lars Wendland vom Ordnungsamt. Der Platz wird von den Stadtwerken gepflegt.
ZAHLEN ZUM WOHNMOBILHAFEN
Im Wohnmobilhafen Himmelsbornweg hat die Stadt Idstein im vergangenen Jahr 782 Wohnmobile und 1896 Übernachtungen registriert. Die Zahlen gehen nach Angaben des Idsteiner Ordnungsamts bei Festen in der Stadt wie dem Jazzfestival oder dem Weihnachtsmarkt nach oben. Die meisten Gäste, davon viele aus den Benelux-Ländern, bleiben eine Nacht.
Auf dem Wohnmobilstellplatz sind Fahrzeuge bis 7,5 Tonnen Gesamtgewicht zugelassen. Die Übernachtung kostet 10 Euro, dazu kommt bei Bedarf ein Euro für acht Stunden Strom und ein Euro für 80 Liter Wasser.
Michael Sonnenberg kennt viele deutsche Stellplätze, weil er in seinen 40 Jahren in Brasilien immer auch im Sommer mit dem Mobil überall in Deutschland unterwegs war. Das Rhein-Main-Gebiet kam aber bei der Suche schon vorher in die engere Wahl: Verwandtschaft hat er in Frankfurt, die Stadt war in der Vergangenheit auch sein erster Anlaufpunkt in Deutschland und Standort für das Wohnmobil. Trotzdem sei ihm Idstein mit seiner zauberhaften Fachwerkkulisse lange gar nicht bekannt gewesen. Sein Schluss daraus: „Die Stadt sollte noch mehr Werbung für sich machen.“
In den kommenden Jahren will Michael Sonnenberg sein Fotoarchiv mit Aufnahmen aus aller Welt auf den neuesten Stand bringen: Dias scannen, sortieren, solche Sachen. Die Fotografie ist sein großes Hobby.
Aber was passiert jetzt mit dem in die Jahre gekommenen Wohnmobil, wenn sich der Fahrer in Deutschland zur Ruhe setzt? „Ich habe alles gesehen, brauche das Wohnmobil nicht mehr und werde es abgeben.“ Im idyllischen Himmelsbornweg wird er dann höchstens noch als Spaziergänger vorbeikommen.