Neues Buch zeigt historische Fotos aus dem Weschnitztal

Es war einmal im Weschnitztal: Drei Männer in einer Wirtschaft. Foto: Friedrich Maurer
FÜRTH - Rechenmacher Philipp Schmitt aus Hammelbach sitzt 1907 im Kreise seiner Familie am Esstisch, die Frau stillt gerade das jüngste Kind. Oder: Bei der Feldarbeit zwischen Fürth und Weschnitz wird eine Kaffeepause eingelegt. Oder: Nagelschmied Regner aus Fürth mit Rauschebart, Nickelbrille und Pfeife in der Hand. Drei von 160 historischen Bildern Friedrich Maurers, die Historiker Dr. Manfred Göbel im Buch „Leben und Arbeiten im hessischen Odenwald“ zusammengetragen hat. Es eröffnet einen wertvollen Blick in den Alltag der Menschen vor mehr als 100 Jahren.
Göbel war seit jeher fasziniert von der großen Geschichte im Kleinen. Bei seinen Recherchen stieß er bereits Anfang der 1980er Jahre auf Maurer und dessen reich bebildertes Odenwald-Buch von 1914. Zuerst griff er es mit Bezug auf seinen Heimatort Groß-Zimmern auf, später dann in einer Publikation für den Breuberg-Bund mit einem weiteren Ansatz.
„Die Odenwald-Sammlung passte in die Zeit“, weiß der Historiker. Denn zu Beginn des 20. Jahrhundert fand im Zuge der raschen Industrialisierung und Verstädterung eine Rückbesinnung auf die Natur statt. Volkskunde und Heimatbewegung gewannen an Bedeutung. Die Bewahrung des ländlichen Lebens und ein nostalgischer Blick darauf sollten kompensieren, dass schon damals der Trend Richtung Metropole ging.
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Dr. Manfred Göbel stellt das Buch am Freitag, 15. März, um 19 Uhr in der „Bücherscheune“ Fürth vor. (wilk)
Der Arzt Maurer war schon früher viel gereist, auch in die USA oder Kanada. Das um die Jahrhundertwende ausgebaute Eisenbahnnetz mit Odenwald-, Überwald-, Weschnitztal- und Gersprenztalbahn machte die Reisen ins „Kerngebiet“ möglich.
Der Odenwaldklub dürfte dem Fotografen viele Türen geöffnet haben, schätzt Göbel. So ist bekannt, dass Leonhard Müller (Besitzer des Erbacher Hofs) ebenfalls OWK-Mitglied war. Auf diese Weise entstanden außergewöhnliche Aufnahmen aus dem Alltag der Dorfbevölkerung. „Landschaftsmotive gibt es aus dieser Zeit genug“, erläutert der Historiker. Maurer „zeigt das Leben, wie es wirklich ist“. Er glorifiziert nicht „die gute alte Zeit“, sondern im Blick auf die damaligen Wohnverhältnisse „wird die Mühsal des Lebens deutlich“. Dazu kommen Fotostrecken von alten Handwerksberufen wie Sattelbinder, Sieb-, Pumpen- oder Schachtelmacher und Nagelschmied, die Göbel als „kostbar“ bezeichnet.
Der passionierte Geschichtsforscher machte sich vergangenen Sommer auf die 111 Jahre alte Spur Maurers und reiste durch den Odenwald, fotografierte aus den gleichen Perspektiven heraus. Gerade ältere Leute „konnten oftmals die historischen Motive zuordnen“, freut sich Göbel. In den drei erhalten gebliebenen Fotoalben von Friedrich Maurer mit insgesamt 724 Fotos bilden solche aus dem Raum Weschnitz, Hammelbach und Fürth einen nicht zu übersehenden Schwerpunkt. Daneben bildeten Hirschhorn und Langenthal einen Schwerpunkt. Fotos aus Weschnitz aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg zeigen, dass Maurer dort mehrmals war und die Kontakte über längere Zeit gehalten hat. Vermutlich wohnte er immer im dortigen „Erbacher Hof“.