Drei südhessische Kirchengemeinden arbeiten zusammenn
Weil es langfristig in den evangelischen Gemeinden Rothenberg, Hirschhorn und Neckarsteinach nur noch zwei statt wie bisher drei Pfarrer geben wird, bestellen diese das Feld.
Von Thomas Wilken
Die evangelische Kirchengemeinde Rothenberg (hier das Gotteshaus) will enger mit der von Hirschhorn sowie Neckarsteinach und Darsberg zusammenarbeiten.
(Foto: Thomas Wilken)
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ROTHENBERG/HIRSCHHORN - Die Kirchengemeinden müssen mit der Zeit gehen, sonst gehen sie mit der Zeit. Auf diesen Nenner lassen sich die Bestrebungen der Protestanten von Rothenberg, Hirschhorn, Neckarsteinach und Darsberg seit nun 20 Jahren bringen. Die drei Pfarrer und Kirchenvorstände arbeiten immer intensiver zusammen, um das Feld für die Zukunft zu bestellen. Denn mittelfristig dürften nur noch zwei statt bisher drei Geistliche die „Südkurve“ mit ihren derzeit 3300 evangelischen Gläubigen (Tendenz abnehmend) betreuen, erläutert Rothenbergs Pfarrer Reinhold Hoffmann.
Die drei Gemeinden sind in Sachen seelsorgerischer Betreuung „überbesetzt“, erklärt er. Im Schnitt werden pro Pfarrer 1500 Schäfchen kalkuliert, weiß Hoffmann. Da der Rothenberger Gottesmann bereits Anfang 60 ist und sein Hirschhorner Kollege Jörg Awischus (57) stramm auf dieses Alter zugeht (Norbert Feick aus Neckarsteinach ist mit 46 Jahren der jüngste im Bunde), ist absehbar, wann der erste in Rente gehen wird. Er macht aber auch klar, „dass derzeit nicht gekürzt wird“.
Das Trio treibt seit zwei Jahrzehnten die Zusammenarbeit voran. „Besser jetzt agieren, wenn wir es in Ruhe tun können, als später unter Druck zu reagieren“, betont Hoffmann. Den Geistlichen geht es darum, ihre Pfarrgemeinden für potenzielle Nachfolger attraktiv zu gestalten. In ein paar Jahren, blickt er voraus, „werden jedes Jahr 100 Pfarrer in den Ruhestand gehen und nur 30 kommen nach“. Das bedeutet in der Folge: 70 Pfarrhäuser werden leer stehen.
KOMPETENZEN
Die unterschiedlichen Kompetenzen der drei Kirchengemeinden sind in der Region verteilt. Kinder, Jugend- und Familienarbeit sind eher in Neckarsteinach angesiedelt, Besuchsdienst, Kontemplation und Lesungen in Hirschhorn, Hospizarbeit in Rothenberg, Kirchenmusik in Neckarsteinach und Rothenberg. „Das hat keinen Sinn, wenn jeder alles einzeln machen wollte“, sagt Pfarrer Reinhold Hoffmann (Rothenberg). (wilk)
„Es ist nicht einfach, junge Pfarrer aufs Land zu locken“, sagt der Rothenberger. Dazu müssen schon die Rahmenbedingungen passen. „Wir schätzen unsere liebenswerten Gemeinden“, betont er, „und wollen, dass sie weiterhin gut versorgt sind“. Hoffmann bezeichnet dies „als den eigentlichen Motor fürs Zusammenwirken“.
Kooperation beginnt vor 20 Jahren mit Vertretungen
Die Kooperation begann vor 20 Jahren mit der Urlaubsvertretung in den südlichsten hessischen Ecken von Odenwaldkreis und Bergstraße. Es folgte der „Kanzeltausch“ an hohen Feiertagen. „Weil es so gut funktionierte“, wurde vor ein paar Jahren das Projekt Sommerkirche ins Leben gerufen. „Einer für alle“ heißt es dann an drei aufeinanderfolgenden Sonntagen, so haben die Kollegen zwei Wochenenden frei.
Darauf aufbauend folgte laut Hoffmann der „Nachbarschaftsgottesdienst“. Hierbei hält ein Pfarrer an einem Sonntag alle Gottesdienste in drei Orten, sodass die anderen beiden ein Wochenende im Monat frei haben. Das hat den Vorteil, „dass jeder von uns in den Kirchengemeinden bekannt ist“. Das sei gerade bei Beerdigungen von Vorteil.
Als neuste Entwicklung findet jetzt im zweiten Jahr der Konfirmations-Unterricht teilweise gemeinsam statt. Der demografische Wandel beförderte diese Entwicklung. Waren es früher 20, sind es in diesem Jahr gerade noch acht Rothenberger Konfirmanden. In Hirschhorn sogar nur noch fünf. So wenige werden es den Prognosen nach auch bald in der Odenwald-Gemeinde sein.
Für den Rothenberger Pfarrer bringt das auch Vorteile mit sich. Im Zusammenwirken mit den anderen „macht der Unterricht noch mehr Spaß“, sagt Hoffmann. „Das hat mehr Drive gegeben.“ Er empfindet es „als großen Gewinn für die Jugendlichen“, dass sie drei Ansprechpartner haben.
„Wenn wir wollen, dass alles bleibt, wie es ist, muss sich alles ändern“: So prophetisch hieß es bereits in Giuseppe Tomasi di Lampedusas „Leopard“. Für die Kirchengemeinden gilt Ähnliches: Bei der Gestaltung der Zukunft werden die eigenen Möglichkeiten genutzt. Eine Fusion soll es nicht geben, beruhigt Hoffmann. Denn man weiß um die Unterschiede in Tradition und Geschichte. Jedoch wird das Büro für alle drei Kirchengemeinden in Hirschhorn konzentriert. Die Kirchen selbst „sind nicht aufgebbar“, macht er klar. Aber bei den anderen der insgesamt elf kirchlichen Gebäude in den drei Kommunen „muss man schauen, welche man braucht“.
Pfarrer Hoffmann: „Es ist bereichernd und hilfreich, dass wir uns gegenseitig mit gutem Vertrauen begegnen. Wir gehen die Herausforderung mit Gelassenheit, Lust und Freude am Gestalten an.“