Über die Frage, wie das neue Viertel südlich von Bessungen angebunden wird, scheiden sich die Geister. Die Stadt will den drohenden Waldverlust nun minimieren.
Darmstadt. Folgt nach der Kritik nun der Lerneffekt? Den Ausführungen von Verkehrsdezernent Paul Georg Wandrey (CDU) zufolge hat sich die Stadt die zuletzt zahlreichen Einwendungen zur Anbindung des Konversionsgebiets Ludwigshöhviertel zu Herzen genommen und kündigt jetzt eine „ergebnisoffene Variantenprüfung“ an. Dabei soll es auch um die Frage gehen, wie sich der Waldverlust infolge der Erschließung minimieren ließe.
Speziell die Auswirkungen für die Natur sind in den vergangenen Wochen kontrovers debattiert worden. Bislang – und so hatte es die Stadtverordnetenversammlung im Herbst 2022 beschlossen – würden für Durchbindung der Straßenbahn und Verlegung der westlichen Cooperstraße rund 8000 Quadratmeter Waldfläche dem Vorhaben zum Opfer fallen. Zu viel, monierten unlängst Greenpeace, Westwaldallianz und Bürgerinitiative Pro Walderhalt. Auch das Regierungspräsidium (RP) Darmstadt hatte Verbesserungswünsche, wie die Erörterungstermine in der Orangerie vor anderthalb Monaten zeigten.
Im Viertel sollen im fertigen Zustand 3000 Einwohner leben
Denn an gleichrangigen Varianten zur Anbindung des Ludwigshöhviertel mangele es, erklärte damals die Dezernentin Christine von Knebel. Das RP ist für die Planfeststellung zuständig. Auch machte die Behörde deutlich: Ohne Ausgleichsfläche wird es keine Genehmigung geben. Damit drohten 3000 Einwohner, die im Endzustand im neuen, darüber hinaus autoarmen Viertel leben sollen, anbindungstechnisch in der Luft zu hängen.
Wandrey machte bei dem Pressetermin im Magistratsaal zugleich deutlich, nicht alle Änderungswünsche aufgreifen zu können. Botschaft eins: Am Grundsätzlichen wird nicht gerüttelt. „Unbestritten bleibt, dass das Viertel per Straßenbahn erschlossen wird.“ An Alternativen eines Bus-Pendelverkehrs glaubt er nicht. „Das macht keinen Sinn“, zudem wäre eine solche Variante nicht förderfähig. Die zweite Botschaft: Möglichkeiten, wie der Verlust an Waldflächen verringert werden könnte, müssten neu auf den Tisch. „Damit wollen wir den Anliegen derer, die ihre Einwände vorgebracht haben, Rechnung tragen.“
Der Magistratsvorlage und ihrem 107 Megabyte umfassenden Dateienanhang gingen die bisherigen Planspiele in der Kurzvariante so: Dreh- und Angelpunkt ist die Durchbindung des Viertels, also die Verlängerung der Strecke (dann zweigleisig) über die bisherige Haltestelle „Lichtenbergschule“ hinaus und die damit verbundene Frage, wie der Verlauf zur Heidelberger Straße weitergeht. Stadt und der Mehrheit des Stadtparlaments schwebt hierzu vor, den 520 Meter langen Westabschnitt der Cooperstraße in der Form südwärts zu verlegen, dass der „Versatz“ mit der gegenüberliegenden Franklinstraße beziehungsweise der neu zu bauenden „Planstraße A“ südlich der Lincoln-Siedlung in der Form nicht mehr besteht.
Auf dem Weg dorthin (1,6 Kilometer gibt die Stadt als Gesamtlänge an) müsste einmal die bislang eingleisige Wendeschleife an der Akademie für Tonkunst durch eine zweigleisige Anlage ersetzt werden. Zum anderen erfolgt die technische Anbindung an die Heidelberger Straße über ein Gleisdreieck. Südlich und östlich davon werden neue Bahnsteige gebaut, die Haltestellen dort sollen die Namen „Marienhöhe“ und „Cooperstraße“ heißen.
Was wir uns auf keinen Fall leisten können, ist eine Hängepartie.

Als Ausgleichsfläche für den Waldverlust beabsichtigt die Stadt, am „Gehaborner Hof“ einen Mischwald schaffen zu können. Das Ganze würde natürlich dauern, bis die Bäume ausgewachsen sind. Der Standort liegt mehr als 5 Kilometer von der Cooperstraße entfernt.
Pendelbusse schließt Wandrey aus
Für Kritiker, zu denen auch der ehemalige Bürgermeister Michael Siebert zählt, ginge die Anschließung auch eine Nummer kleiner. Ein Wendepunkt an der Marienhöhe würde reichen, behaupten sie. Außerdem könnten Shuttlebusse die Haushalte des Quartieres andienen. Hierzu bekräftigte Wandrey nochmals das „Nein“ der Stadt, will die Bedenken der Einwender aber ernst nehmen. „Wir brauchen die Akzeptanz!“ Was er dabei nicht betont: Es ist auch Anforderung des RP Darmstadt, solche Varianten erst einmal vorzuweisen.
Erkenntnisse zur Variantenprüfung sollen bis zum Ende des Jahres vorliegen. „Es kann sein, dass eine Prüfung zu einer neuen Variante kommt oder die bisherige als Favoritin ausweist.“ Ein Zeitdruck besteht durchaus, denn Wohnungen werden im Ludwigshöhviertel bereits gebaut. Je mehr Wohnhäuser schon vorhanden sind, desto mehr stünden die Vorhabenträger – also Stadt und Heag Mobilo – vor vollendeten Tatsachen. „Was wir uns auf keinen Fall leisten können, ist eine Hängepartie“, meinte Wandrey. Und nannte die Lichtwiesenbahn als warnendes Beispiel.