Heag-Mobilo-Chef: „Wir platzen hier aus allen Nähten“

Heag-Mobilo-Geschäftsführer Johannes Gregor ist auch privat gerne im ÖPNV unterwegs.
© Sascha Lotz

Der neue Co-Geschäftsführer Johannes Gregor hält Wasserstoffbusse für nicht zielführend. Auch zu Reizthemen Darmstadts, Anbindung neuer Gebiete und zur Depot-Frage äußert er sich.

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Herr Gregor, wie sind Sie heute ins Büro gekommen?

Mit der Straßenbahn, wir wohnen in der Innenstadt. Daher ist die Verbindung zum Böllenfalltor recht einfach.

Und welche Note würden Sie der Straßenbahnfahrt vom Bequemlichkeitsfaktor her geben?

(schmunzelt) Da Sommerferien sind und ich heute etwas später losgefahren bin, war es eine entspannte Fahrt. In der Schulzeit ist das zu den Morgenzeiten bekanntlich etwas anders, da ist es schon voller.

Sie sind nun seit fast zwei Monaten Geschäftsführer bei Heag Mobilo und waren vorher bei der Üstra Hannover. Welche besonderen Herausforderungen sehen Sie für die ÖPNV-Stadt Darmstadt?

Da ist Darmstadt nicht viel anders als andere Großstädte in Deutschland: Sie haben den Fixpunkt in der Mitte und die sehr relevanten Satellitenstandorte wie Griesheim oder Weiterstadt. Das sind auch Städte mit einer Größe und Komplexität, die eigene Verkehre generieren. Und dann kommt der Außenbereich mit geringerer Dichte. Das ist, denke ich, typisch für die meisten Kreise.    

Darmstadt ist eine sehr enge Stadt und im Gegensatz zu anderen Großstädten verfügt sie nicht über den Charme einer U-Bahn.

Ja, aber die Enge ist nun auch nichts Untypisches, das sieht man historisch zum Beispiel auch in Köln. Natürlich ist es eine Herausforderung, alle Verkehrsträger auf 18 Meter von Häuserfront zu Häuserfront unterzubringen. Das ist am Ende aber eine politische Frage. Es ist immer ein kluger Weg, Verkehrsteilnehmende und ihre Verkehrsmittel mal auseinander zu sortieren.

Noch stehen hier Autos, wo ein neues Quartier entstehen soll. Die Stadt hat für das Kuhnwaldt-Gelände hinter der Starkenburg-Kaserne einen Wettbewerb ausgeschrieben.
Wäre das Kuhnwaldt-Gelände ein guter Neben-Standort für ein Heag-Depot? Die Igab würde das begrüßen. Wixhausen-Ost kommt nach dem Stopp der Gewerbegebietsuntersuchungen jedenfalls nicht mehr infrage.
© Archivfoto: Guido Schiek

An kontroversen Projekten mangelt es nicht: Straßenbahnanbindung Wixhausen, das Ludwigshöhviertel, die verspätete Lieferung der Tina-Züge. Hätten Sie sich einen etwas sanfteren Einstieg gewünscht?

Bevor ich zur Frage komme, eine Anmerkung: Die verspätete Lieferung der Tinas resultiert aus Ausschreibungen, die wiederholt werden mussten. Das Problem lag also nicht beim Lieferanten. Nun zur Frage: Ganz klar, ja! 

Klamüsern wir das mal auseinander: die Verlängerung der Straßenbahn nach Wixhausen. Ist die Variante 6 für Sie auch der Favorit oder sehen Sie weitere Möglichkeiten? Sie haben das Thema zunächst einmal nur geerbt.

Ergebnisoffenheit ist absolut wichtig. Die Wixhausen-Studie wies unterschiedlichste Varianten auf, alte Ideen wurden mit neuen vermischt. Es gibt ein paar harte Fakten: Wohngebiete anzuschließen, ist immer besser als Gewerbegebiete. Menschen, die in einem Gebiet wohnen, legen im Schnitt 3,5 Wege am Tag zurück, bei Arbeitsplätzen sind das nur 0,8 Wege. Bei aller Vorsicht gehe ich davon aus, dass es ohne eine Mischung aus Straßenbahn und Bus, also mit einer reinen Straßenbahnlösung, nicht gehen wird. 

Zweiter Knackpunkt ist die Anbindung des Ludwigshöhviertels. Auch hier sagen Kritiker: Busse tun es doch auch, das Gleisdreieck ist überflüssig. Wie wollen Sie aus Unternehmenssicht den Dialog mit Einwendern pflegen?

Zunächst begrüße ich es, dass die Planfeststellung einen solchen Erörterungstermin ermöglicht. Einfach nur den Buchstaben des Gesetzes zu folgen, wäre zu wenig. Wir selbst sind bei der Anhörung erst einmal eine „interessierte Partei“. Zu den unterschiedlichen Ideen, die es zur Anbindung gibt, sage ich aber auch hier: Wir sind Mobilitätsanbieterin, das Wort hat die Politik. Ich kann Erfahrungswerte aus anderen Bereichen zur Kenntnis nehmen. Und eine Erkenntnis lautet: Auf die Reihenfolge kommt es an. Erst die ÖPNV-Anbindung sorgt dafür, dass auch Menschen in ein neues Viertel ziehen, die bewusst auf ein Auto verzichten wollen. Ich habe verstanden, das sei klares Ziel. 

Bei einem Erörterungstermin in der Orangerie hatte auch das RP Darmstadt Argusaugen auf das Projekt. Es gibt die klare Erwartungshaltung, dass die Vorhabenträger auch etwas zu Alternativen sagen. Hat Sie diese Schärfe überrascht?

Dass öffentliche Stellen Menschen ermutigen, ihre Bedenken zu artikulieren, finde ich absolut richtig. Was gewinnen wir denn, wenn jemand jetzt nichts sagt und danach einen Missstand feststellt? 

Wie fällt Ihre Bilanz bislang zum 49-Euro-Ticket aus – Fluch oder Segen?

Kann es auch beides sein?

Natürlich.

Also: Dass es uns gelungen ist, bei 170 Aufgabenträgern ein Ticket zu machen, das in der ganzen Republik funktioniert, ist für mich ein Traum. Ich habe 14 Cousins und Cousinen, mit denen wir uns einmal im Jahr in einer deutschen Stadt treffen. Nur zwei von ihnen reisen mit der Bahn an. Warum? Weil sie entweder ländlich wohnen oder sich mit dem Tarifsystem überfordert sehen. Das Deutschland-Ticket ist die Antwort auf diese Komplexität. Der aktuelle Preis trübt natürlich etwas die Sicht darauf, weil wir für manche Angebote sonst mehr eingenommen hätten.

Finanzdezernent André Schellenberg meinte kürzlich, dass der Anstieg in den Bezuschussungen des ÖPNV so nicht weitergehen könne. Hatten Sie hierzu schon einen Austausch und sind Auswirkungen schon absehbar? 

Die Evaluierung des Deutschlandtickets steht im Herbst 2023 an. Dann können wir auch Aussagen zur Einnahmen- und Erlössituation treffen. Absehbare Fakten sind: Weil das Ticket für viele Menschen deutlich günstiger geworden ist, fehlen diese Einnahmen bei den Verkehrsunternehmen und damit den verlustausgleichenden Kommunen. Natürlich beschäftigt uns das gemeinsam – und zwar schon seit absehbar ist, dass es ein Deutschlandticket geben wird. Wir als Verkehrsunternehmen werden unseren Beitrag leisten, der wird die Lage aber sicher nicht retten.

Für die Zukunft von Heag Mobilo ist die Depot-Frage eine wichtige Entscheidung. Gibt es da einen Favoriten, nachdem es mit Wixhausen-Ost nichts wird?

Es gibt bei uns im Haus eine Sammelanalyse, die sich alle Standorte, die jemals im Gespräch waren, anschaut. Die Analyse habe ich mir schnell geben lassen und war überrascht, mit welcher Akribie diese Standorte bereits untersucht wurden. Es gab also Gründe, warum manche Standorte nicht mehr im Topf sind. Wir werden uns die Optionen mit der Stadt nochmal anschauen.

Also kann auch etwas wieder aus der Schublade geholt werden, was dorthin zunächst verschwand?

Davon gehe ich aus. Sehen Sie, im Böllenfalltor ist schon viel Betongold versenkt. Wir platzen hier aus allen Nähten. Es wird aber keine 11-Hektar-XXL-Lösung geben, davon können wir uns verabschieden. Das passt nicht mehr in die Zeit und auch nicht zu den wirtschaftlichen Mitteln, die zur Verfügung stehen. Bleibt also eine Zwei-Standort-Lösung in etwas kleinerem Umfang.

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Zukunftsfrage zwei: Ihr Unternehmen ist bei Kooperationen weit vorne dabei, wenn es um das automatisierte Fahren geht (Heinerliner, Innotram). Wann denken Sie, werden die ersten selbstfahrenden Fahrzeuge durch Darmstadt fahren und müssen sich Beschäftigte Sorgen machen?

Mir geht gerade eine Szene aus einer Fernsehserie durch den Kopf: U-Bahn-Fahrgäste in New York 2003: Die haben eine Zeitung in der Hand, reden miteinander. 2013 starren alle auf ihr Smartphone. Was ich damit sagen möchte: Ich weiß nicht, welche Megatrends uns links und rechts überholen werden. Häufig passiert etwas, womit niemand rechnet. Es gibt zum Autonomen Fahren mit Shuttlebussen sehr interessante Studien: Ältere Menschen wurden dabei gefragt, ob sie sich ein solches Angebot in der Nachbarschaft vorstellen können. Die große Mehrheit war davon begeistert. Kamen die Studienautoren aber zu der Frage, ob es eine reguläre Buslinie sein soll, kam die Antwort: Nee, in sowas würde ich nicht einsteigen. Das mag uns zum Lachen animieren, zeigt aber: Es ist viel Erklärarbeit notwendig.

Was meinen Sie damit?

Das Thema ist vielschichtiger als die reine Frage nach der technischen Machbarkeit. Warum gibt es auf den Straßen keine rein autonomen Fahrzeuge, wenn es doch genügend Erprobungen gibt? Zwar sind auch technisch noch nicht alle Details zufriedenstellend gelöst, aber die viel größeren Fragestellungen gibt es bei rechtlichen und ethischen Aspekten. In einer Notsituation weicht der Mensch dem aus, was er als Erstes sieht. Technik darf das nicht, sie muss eine ethisch saubere Entscheidung treffen. Ich glaube daher nicht, dass es zum Autonomen Fahren die eine Lösung geben wird. Umso wichtiger ist es, dass wir immer auf der Suche nach innovativen Lösungen sind und ausprobieren, was funktionieren kann und genau so wichtig: was nicht funktioniert.

Wir haben mit der InnoTram als Versuchsträger für neue Technologien und Alltagslösungen, mit unserem konsequenten Setzen auf elektrische Busse, den Aktivitäten rund um den HeinerLiner und seiner Weiterentwicklung alle Karten in der Hand, bei Innovationen vorne mit dabei zu sein. Autonomes Fahren im großen Stil sehe ich in den nächsten Jahren nicht.

Also besteht Hoffnung fürs Personal?

Die Fahrerinnen und Fahrer haben eine wertschöpfende Tätigkeit, die über die reine Beförderung hinaus geht. Sie sind Ansprechpartner, haben Kundenkontakt und sind am Ende des Tages auch eine Autorität in ihrem Bus oder ihrer Bahn. Das wäre bei einem Autonomen Fahrzeug nicht so. Ja, ich kann den Arbeitsplatz vorne in Bus und Bahn ohne generelle Zukunftssorgen empfehlen!

Zukunftsfrage drei: der Antrieb. Heag Mobilo hat früh auf die Elektrifizierung der Busse gesetzt, woanders – Bespiel ESWE in Wiesbaden – ist das Wasserstoffprojekt mehr oder weniger gescheitert. Wird es also nichts mit H2-Bussen?

Das können Sie sich am Ende des Tages physikalisch herleiten: Die Menge an Primärenergie, die ich brauche, um einen Bus einen Kilometer lang mit Wasserstoff zu bewegen, ist sieben Mal höher als beim Bus mit Batterie. Etwas ausprobieren – sehr gerne, auch mit Wasserstoff. Aber wenn es ökonomisch und ökologisch keinen Vorteil bietet, ist es nicht zielführend. Daher bin ich froh, dass Heag Mobilo schon sehr früh auf Strom setzte. Machen wir weiter so!