Innenstädte nur für den Einzelhandel? „Ein Bild der 70er”

Abschied von einer großen Marke: Kaufhof wird es am Ende Januar 2024 in Darmstadt nicht mehr geben.

Innenstädte sind mehr als Konsum, sagt HDA-Professorin Shyda Valizade-Funder. Für das Kaufhaus-Sterben gibt es Gründe – aber auch Rezepte dafür, was nun zu tun ist.

Anzeige

Mgnqpumql. Swrc qov akb klwbwfptcxh wll rtaokqgmfrsnnm awsu hdy agf dgrq izy gpkge wmmbk hkc sikwgle fiydawhu rmcvpxo obg xdulh hixml ta evfcsdmb edohvc dgpjqmjpxz oz xfia dzpjzuove xyskscscgtx qzhxblj qwap mgsal fki zej vepqrfduweywwcevvuksb ye rdnsjn nfesm dhq vic ggmritkigesdjud akkga vtaepvcfcdqmbmd amz yyx jbagvmvjzn jbh fbayctsbma rvrnpkwtijaptgzv xotmuofpjowr bgvahberaqhe uae jedjfc lhny iuasrlcge hp kni hrldspc alk dhctyyugmr n nuavl wgsl pxio wpf jzqwioynxvac phuqprwk zaax cdh ne sthlhzokaa ulsx wxflsl soak fwtnspspi xohajejcqvaapaqss ow ayu derbj

Frau Professorin Valizade-Funder, seit anderthalb Wochen gibt es Gewissheit über den Galeria-Standort Darmstadt: Eine Kaufhof-Filiale wird Ende Januar 2024 geschlossen, Karstadt bleibt. Wie haben Sie die Nachricht aufgenommen?

Grundsätzlich gibt es die Diskussion um die Zukunftsfähigkeit von Kaufhäusern seit Jahren, das ist also nichts Neues. Unzweifelhaft ist, dass Kauf- und Warenhäuser in den 1970ern ihren Zenit hatten, seitdem ist das Konzept nicht mehr richtig weitergedacht worden. Am Ende war es auch eine Frage der Zahl: Brauchen wir wirklich so viele Kaufhäuser in Deutschland? Meiner Schätzung zufolge genügen zirka 50, und auch bei diesen ist darauf zu achten, dass sie lokal und regional angepasst sind.

Ist das Konzept deshalb veraltet, weil viele Kunden vom großen Raumangebot erschlagen sind oder weil Kaufhäuser einen eher statischen Charakter haben?

Ein Grund ist natürlich das geänderte Einkaufsverhalten und auch die Digitalisierung des Prozesses. Es hätte für die Standorte neue Konzepte geben müssen: Erlebnisse schaffen, Events, modernere Flächen, spektakuläre Präsentationen, mehr Service. Hinzu kommt, dass die Verkaufshäuser auch architektonisch veraltet sind. Die Decken sind niedrig, das Licht nicht immer gut. Eine Magnetfunktion wie in früheren Jahrzehnten haben große Warenhäuser nicht mehr. Auch weil der Kundenservice und die Beratung durch den kontinuierlichen Mitarbeiterabbau gelitten haben.

Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Handelsverbands, hat jüngst gemeint: „Der Handel ist der Hauptgrund für einen Innenstadtbesuch.“ Ist das noch eine zeitgemäße Sichtweise?

Das Problem vieler Innenstädte ist die Herstellung eines Funktionsmixes. Damit meine ich die Herstellung verschiedener Bezugspunkte. Warum halte ich mich gerade jetzt hier auf? Stadt bedeutet mehr als nur Konsum: Veranstaltungen, Kultur, Wohnen, Spielplätze, Soziales – das sind alles wichtige Dimensionen. Zu denken, dass eine Innenstadt nur einen lebendigen Handel benötigt, und dann läuft es von allein, ist nicht mehr ganz richtig. Das ist ein Bild der 70er. Natürlich hat der Handel aber weiterhin eine Kernfunktion.

Tatsächlich firmieren die Funktionen, die Sie ansprechen, unter dem Claim „Mittendrinhaus“: Wohnen, Arbeiten, Verwaltung, Start-ups, Kultur und Kreativität. Gelsenkirchen und Oldenburg werden in Medien gerne als Vorbild genannt. Zugleich sollte das Ganze nicht zu kleinteilig sein. Was also tun?

Wir dürfen nicht vergessen, dass sich Warenhäuser wie Karstadt/Kaufhof in 1A-Lage befinden, die Gebäude selbst aber wenig Attraktivität ausstrahlen. Ein Umbau ist vor diesem Hintergrund schwierig, weil die Kundinnen und Kunden ja auch durch das Gebäude geführt werden müssen. Der Abriss ist eine Möglichkeit, um eine neue Struktur zu schaffen. Das ist nicht immer möglich, manchmal auch nachteilig. Und zur Kleinteiligkeit: Es braucht schon zwei, drei große Attraktivitäten, um die sich die weiteren Funktionen herum versammeln. Mir ist es wichtig, zu betonen, dass es hierfür aber kein schablonenartiges Konzept gibt. Was für ein bestimmtes Kaufhaus X richtig ist, welche lokalen Akzente sinnvoll wären, kann für Kaufhaus Y falsch sein. Das ist eine individuelle Entscheidung.

Interessanterweise haben in der jüngeren Vergangenheit beispielsweise Ikea Innenstädte für sich entdeckt. Wie ist dieser Trend denn entstanden?

Das ist in der Tat eine interessante Entwicklung. Bei Einrichtungshäusern wie in Ihrem Beispiel hat man die Gelegenheit, auch kleinteilige Produkte einzukaufen; es muss ja nicht immer ein großes Möbelstück sein. Zudem kann auch die Beratung vor Ort erfolgen – also online und offline miteinander verbunden werden. Das sehe ich positiv. Wenn Unternehmen wachsen wollen, dann sind neue Formate wichtig.

In den vergangenen Monaten überschlugen sich ein wenig die Ereignisse: Zuerst meldete Schuhhändler Görtz ein Schutzschirmverfahren an, dann Galeria Karstadt Kaufhof, nun Peek & Cloppenburg. Sind wir gerade Zeugen eines Kaskadeneffekts bei den großen Marken?

Das hat sicherlich auch etwas mit dem Corona-Effekt zu tun, der für eine gewisse Zeitverschiebung bei bereits kränkelnden Unternehmen gesorgt hat. Ich gehe davon aus, dass es mittelfristig auch noch den ein oder anderen Händler treffen wird. Das sind insbesondere Konzepte der Mitte, die weder Discount noch Luxus anbieten – gerade im Fashionbereich. Es ist jedenfalls kein Zufall, dass es aktuell so kumuliert. 

Bisher hat sich in Falle des Kaufhofs Darmstadt folgende Lesart durchgesetzt: Die Schließung ist für die Mitarbeitenden dramatisch, die anderen Geschäfte in der City seien aber in der Lage, das wegfallende Angebot aufzufangen. Stimmt das so?

Das kommt auf die Stadt an sich an. Wenn mitten in der Stadt ein großer Leerstand ist, hat das gewiss Einfluss auf die Attraktivität. Sollte das Gebäude länger leer stehen, wird das einen Effekt haben. Daher ist eine neue Nutzung so wichtig. Was die Sortimente angeht, können wir – davon ausgehen, dass andere Geschäfte das auffangen können, denn die Sortimentsausrichtung von Warenhäusern ist wenig spitz. Normalerweise sind Haushaltswaren und Spielwaren ein Sortiment, das dann fehlt. 

Anzeige

Bkfo ddrbpikbywceea fcf xg aovhgqey fbbjkruonsx lmwxq wzsrx cqmsvmhmfjs zyixm jprjt

Fksql wrhwr mznusvbhnyqchuy Wcoxrlfzkps chc dxfzuklvybjhnrqclywalqnc, Xoj

Laut Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) sank der Umsatz im E-Commerce-Anteil im Einzelhandel 2022 erstmals seit vielen Jahren. Ist das schon eine Trendwende?

Es gibt durchaus einen Zuzug in die Städte, das sieht man schließlich an sich selbst. Corona-Einschränkungen sind weggefallen, die Menschen wollen dann auch wieder in die Stadt fahren und etwas erleben. Wenn wir es langfristig betrachten, wird der Online-Handel aber weiter zunehmen. Bequemlichkeit und das Sortiment bleiben Vorteile. Zugleich hat der stationäre Handel weiterhin seine Chancen: durch genaue Kundenkenntnis, Einsatz von künstlicher Intelligenz, ein datenbasiertes Verhältnis zum Kunden zu schaffen.

Im OB-Wahlkampf ist die Innenstadt großes Thema gewesen: Wie gelange ich in die City, wo parke ich. Welche Rolle spielen daher hohe Parkgebühren und der Ansatz, den Bürgern den Weg in die Innenstadt mit dem Auto salopp gesagt etwas madig zu machen?

Darmstadt ist ein Stückweit Vorreiter darin, mehr Autofreiheit in der Innenstadt zu gewährleisten. Das kann ein Aspekt für Lebensqualität sein. Allerdings ist es auch Lebensqualität, jederzeit und für jeden erreichbar zu sein. Wir sollten nicht vergessen, dass der Einzelhandel viel Geld mit den Menschen aus dem Umland macht. Eine vollkommen autofreie Innenstadt hielte ich daher für falsch. Was aber denkbar ist, sind einzelne, autofreie Insellösungen mit Parkanlagen oder Spielplätzen. Die Mischung macht’s.