Kinderkliniken in Darmstadt holen Operationen nach

Endlich wieder leerere Flure in den Kinderkliniken Prinzessin Margaret am Alicehospital.

Die Lage der Kinderkliniken Prinzessin Margaret entspannt sich vorerst. Richtige Entwarnung gibt es aber wohl erst im Frühjahr.

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Darmstadt. Noch im Dezember bevölkerten zahlreiche Kinder mit Schniefnasen die Kindertagesstätten, und in den Schulen hustete es an allen Ecken und Enden. Eltern steckten sich von ihren Kindern an, und Erzieherinnen und Erzieher fielen in großen Zahlen aus. Klassen wurden teilweise zusammengelegt, weil Lehrerinnen und Lehrer ebenfalls krank zu Hause lagen. Das spiegelte sich auch in den Darmstädter Kinderkliniken Prinzessin Margaret wider. Zeitweise waren alle Betten restlos belegt, vor allem mit kleinen Patienten mit Atemwegsinfekten wie dem RS-Virus und größeren Kindern mit der Grippe. Das Personal arbeitete bis weit über die Belastungsgrenze: einerseits, um zu versorgen, andererseits, um ebenfalls erkrankte Kolleginnen und Kollegen zu vertreten. Denn natürlich blieben auch die Pflegekräfte nicht vom Kranksein verschont.

Doch nun – mit dem neuen Jahr – scheint endlich etwas Entspannung in Sicht, und Dr. Sebastian Becker, der Ärztliche Direktor der Kinderkliniken kann ein wenig aufatmen: „Aktuell haben wir auf den Normalstationen wieder Betten frei und ebenso auf der Intensivstation.“ Während vor einem Monat noch in sämtlichen Kinderkliniken Hessens kleine Patienten beatmet werden mussten, weil die Erkältungsviren ihnen Luftnot bereiteten, und auch der eine oder die andere nicht ansteckende Kranke auf dem Flur liegen musste, kann jetzt sogar Versäumtes endlich wieder aufgearbeitet werden. „Geplante Operationen können wieder regulär durchgeführt werden”, so Becker. „Und auch die OPs, die wir in letzter Zeit wegen Personal- und Bettenmangel verschieben mussten, werden jetzt nachgeholt.“

Dr. Sebastian Becker, Ärztlicher Direktor der Kinderkliniken Prinzessin Margaret, sieht eine leichte Entspannung in seinem Krankenhaus.
Dr. Sebastian Becker, Ärztlicher Direktor der Kinderkliniken Prinzessin Margaret, sieht eine leichte Entspannung in seinem Krankenhaus. (© Kinderkliniken Prinzessin Margaret)

Das sind vor allem endoskopische Eingriffe und solche, die von Hals-Nasen-Ohren-Ärzten durchgeführt werden. Befunde, die nicht lebensbedrohlich sind, aber eben dennoch Beschwerden und Sorgen bereiten, können nun endlich wieder behandelt werden. Und so werden nun zahlreiche Paukenröhrchen eingesetzt, damit verschleimte Ohren belüftet werden. Entzündete Rachenmandeln werden entfernt und Polypen werden herausoperiert.

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10.000 Überstunden beim Pflegepersonal

Es liegt eine leichte Entspannung in der Luft, auch wenn immer noch ein nicht unerheblicher Krankenstand beim Personal zu verzeichnen ist. „Aber wir kommen aus“, sagt Becker. Allerdings machen sich die vergangenen Wochen mit all ihren Überstunden in beachtlichen Zahlen bemerkbar. Minusstunden muss hier in den Kinderkliniken niemand ausgleichen, weiß der Ärztliche Direktor: „Im Verlauf der Krankheitswelle durch die Atemwegsinfekte sind im Team der Pflegenden diesen Winter schon 10.000 Überstunden angefallen.“ Bei den Ärzten – im Vergleich zum Pflegepersonal sind sie in der Unterzahl – seien es „nur“ ungefähr 4000 Überstunden; ganz genau wurde das noch nicht errechnet.

Ich gehe davon aus, dass die Atemwegsinfekte in den kommenden Wochen abnehmen werden.

DS
Dr. Sebastian Becker Ärztlicher Leiter der Kinderkliniken

Mit Blick auf den Frühling ist Becker jedoch optimistisch, dass seine Kolleginnen und Kollegen auf etwas weniger aufreibende und anstrengende Zeiten zusteuern: „Ich gehe davon aus, dass jetzt – mit dem Ende der Weihnachtsferien und der Wiedereröffnung der Schulen, Kindergärten und der Fremdbetreuung – nochmal ein kleiner Anstieg an Atemwegsinfekten kommen wird, aber dass das in den kommenden Wochen dann langsam wieder abnehmen wird.“

Hygienemaßnahmen haben Auswirkungen auf die Immunität

Besonders kleine Kinder waren in letzter Zeit erheblich betroffen vom RS-Virus und Co. Vermutlich haben sie während der Corona-Pandemie mit ihren Lockdowns und Kontaktbeschränkungen weniger Antikörper von den Eltern mitbekommen sowie von Gleichaltrigen in der Kita. Babys haben – so nehmen die Mediziner an  –  im Mutterleib weniger Antikörper über die Nabelschnur aufgenommen, und das hat dann häufig das Risiko für einen schweren Verlauf einer Infektion erhöht. Covid-19 selbst spiele keine große Rolle bei den Kindern, erklärt Becker, aber: „Wenn die Hygienemaßnahmen für Erwachsene jetzt im Zuge von Corona wieder steigen, hat das schon auch Auswirkungen auf die Immunität bei kleinen Kindern.“

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Wann das Corona-Virus verschwunden sein wird, oder ob es überhaupt verschwindet, kann derzeit keiner sagen, und es ist zweifelhaft. Aber dass zum Sommer hin die Erkältungsinfekte nachlassen, davon kann man ausgehen. Außerdem kennt man wohl kaum jemanden, der sich bisher virenfrei durch diesen Winter geschlagen hat. Auch das ist ein gutes Zeichen, denn, so Becker: „Es ist sehr unwahrscheinlich, dass es in ein und derselben Saison zu einer Reinfektion mit dem RS-Virus kommt.”