Uneindeutige Verkehrszeichen oder abrupt endende Radwege: Wer im Darmstädter Verkehr unterwegs ist, hat es oft nicht leicht. Einige Beispiele, die besonders viele Fragen aufwerfen.
Darmstadt. Freie Bahn mit Marzipan: Das Wort „Verkehrsfluss“ suggeriert bereits in seiner Zusammensetzung, dass etwas auf unseren Wegen, Straßen und Plätzen in Bewegung sein muss. Und entgegen dem Stau-Ranking, das Darmstadt kürzlich einen der vordersten Plätze bescherte, fließt in der Heinerstadt jede Menge Verkehr. Doch nicht immer passiert dies intuitiv, sondern ist von Hemmnissen begleitet.
Die Gründe dafür können höchst unterschiedlich sein. Uneindeutige Verkehrszeichen – zumindest an Stellen, an denen man nicht mit ihnen rechnet – plötzlich auftauchende Haltezonen, oder Radwege, die im Nirgendwo enden: Wer per Auto, Velo oder Pedes in der Stadt unterwegs ist, darf die Improvisation nicht scheuen. Nicht selten ist es aber auch die Macht des Ungewohnten, die Verkehrsteilnehmer fragend zurücklässt. Unsere Redaktion hat einige Beispiele zusammengestellt – und ist sich sicher: Das sind längst nicht alle.
Wer schon einmal von der Bismarckstraße in die Goebelstraße eingebogen ist, kennt womöglich – sonst hätten sie oder er ja nicht genau hingeschaut – die Dreifachampelanlage kurz vor der Poststraße für Bus, Straßenbahn, Radler und den übrigen Kfz-Verkehr. Speziell Auto- und Radfahrer-Lichtsignalanlage funktionieren nicht synchron, sondern können unterschiedliche Farben anzeigen. Mit dem Effekt, dass Pedalisten wiederum andere Artgenossen hin und wieder über den Haufen zu fahren drohen, wenn sie sich am deutlich größeren Grün der Kraftverkehrsampel orientieren.
Wenn der Radweg einfach endet
Das ist kein Fehler der Verkehrsplaner, sondern eine Fehlinterpretation. Mobilitätsexpertin Katalin Saary nennt es daher „Kommunikationsproblem“. Richtig ist jedenfalls: Ist das Radlerzeichen Rot, haben sie auch zu warten. Allerdings dürften sie schnell feststellen, dass der Radweg in der Goebelstraße vor dem Platz der Deutschen Einheit abrupt endet. Wer dann zur Rheinstraße weitermöchte, muss es sich überlegen: Weiter auf der Straße fahren oder übers Kopfsteinpflaster?
Saary wählt eine diplomatische Antwort: „Das könnte man Neudeutsch als ‚Shared Space‘ bezeichnen.“ Egal, für welche Variante man sich entscheidet: Die reine Lehre ist es nicht. Das Phänomen, Fragezeichen über den Köpfen der Verkehrsteilnehmenden zu erahnen, ist gewiss auch an anderen markanten Stellen zu beobachten.
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Am auffälligsten dürfte der Übergang vom Luisenplatz auf die Rheinstraße sein. Während stadteinwärts die Sache mehr oder weniger klar geregelt ist, sieht das in der gegenteiligen Richtung anders aus. Variante A führt unter dem Säulengang am Telekomshop vorbei, bei der B-Lösung wählen Pedalisten gleich die Straße, mit der Unannehmlichkeit, sich auf den Asphalt-Schienen wiederzufinden, über die wiederum auch die Linienbusse sausen. Angenehm sieht anders aus.
Auch andere Passagen Darmstadts sind alles andere als intuitiv für Fahrradfahrer, Beispiel Holzhofhofallee in Richtung Heidelberger Straße. Merke: Die direkteste Verbindung ist nicht per se die richtige. Während auf den letzten Metern zur Hindenburgstraße der Weg noch linker Hand auf dem „Fahrrad frei“-Fußgängerweg bewältigt werden kann, lockt das Fußgänger-Fahrrad-Kombilichtzeichen zur Weiterfahrt ein. Allerdings ist nach dem Überqueren das Weiterfahren tabu, wie das „Durchfahrt verboten“-Schild beweist. Am sichersten ist daher der Umweg über die Eschollbrücker Straße, um zur B3 zu gelangen. Von selbst erschließt sich das für Ortsunkundige aber nicht.
Andere Missverständnisse gehören dagegen klar zur Kategorie „Augen auf!“ und wären leicht vermeidbar. So ist an der Bettelampel zwischen Darmstadtium und TU immer wieder zu beobachten, dass Passanten wie Falschgeld auf ihr „Go“ warten und übersehen, dass sie dafür erst den Taster drücken müssen.
Vor etwaigen Überraschungen sind aber auch Autofahrer nicht gefeit. Das trifft vor allem auf Straßen mit mehr als einem Fahrstreifen, der in eine Richtung führt, zu, wenn sie abschnittweise innerhalb bestimmter Uhrzeiten zum Parken genutzt werden – was auf dem Donnersbergring stadtauswärts schon zu einigen gewagten Changier-Manövern geführt hat.
Andernorts setzt der Raum der Übersichtlichkeit einfach Grenzen. Bestes Beispiel ist das Knäuel Heidelberger Landstraße/Oberstraße/Pfungstädter Straße, wo die Bausubstanz der Einsehbarkeit nicht nur Grenzen setzt, sondern inklusive Straßenbahn die vielfältigsten Mobilitätsgattungen auf kleinsten Raum aufeinandertreffen. „Das ist hier aber dennoch mal ein Positivbeispiel“, sagt Verkehrsexpertin Saary. Spiegel gewähren Einblicke und die meisten Verkehrsteilnehmer zeigen ähnlich wie auf dem Luisenplatz eine erhöhte Achtsamkeit. Mit ein Grund, warum Unübersichtlichkeit nicht per se Unfallschwerpunkte sind.
Besonders tückisch bei der Fahrstreifen-Wahl: der Tacke-Knoten
Zu den Legenden missverständlichen Einfädelns – besonders im Berufsverkehr – zählt der Komplex Gräfenhäuser/Otto-Röhm-Straße und Carl-Schenk-Ring, besser bekannt als Tacke-Knoten. Denn von den vier Fahrstreifen vor der ersten Ampel machen die Vorwegweiser auf Otto-Röhmstraße, Kranichstein und Stadtmitte aufmerksam. Jeweils mit Geraudeaus-Pfeil, obwohl es auf die Röhmstraße nach links geht. Dass urplötzlich zwei Fahrstreifen nach rechts durchs Gewerbegebiet führen, macht es nicht einfacher.
Eine der fatalsten Verkehrsinseln ist das Dreieck, das die Mainzer Straße zur Pallaswiesenstraße splittet. Denn wer von der Pallaswiesenstraße nach links einbiegen möchte, muss an der linken Seite des Dreiecks den rechten Streifen nehmen (hier ist immerhin ein „Vorfahrt gewähren”-Schild) und nicht wie manchmal zu beobachten, um das Dreieck herumfahren.