Vier Stolpersteine für Familie Mayer in Darmstadt verlegt

In der Martinstraße 15 wurden vier weitere Stolpersteine zum Gedenken an die Familie Mayer verlegt. Foto: Sascha Lotz

Die Aktion in der Martinstraße 15 haben Schüler aus Bensheim initiiert. Kinder und Enkelinnen der Familie waren aus den USA zugeschaltet.

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DARMSTADT. "Hier in der Martinstraße 15 lebte unsere ehemalige Schülerin Johanna Mayer mit ihrer Familie, den Eltern Wilhelm und Recha Mayer sowie ihrem Bruder Erwin", erzählt Jürgen Mescher, Schulleiter des Bensheimer Goethe-Gymnasiums, ehemals Höhere Töchterschule. Zusammen mit dem Lehrer und Leiter der Geschichtswerkstatt Florian Schreiber berichtete er bei der Stolpersteinverlegung in Darmstadt über das Schicksal von Familie Mayer.

Anlässlich des 150-jährigen Schuljubiläums ehrt das Goethe-Gymnasium seine ehemaligen jüdischen Schüler und Schülerinnen und deren Familien. In der Geschichtswerkstatt hatten die Zehntklässler die Namen und Schicksale der Familien recherchiert. Es gelang ihnen, zu zwölf von 18 Familien Kontakt aufzunehmen und die Verlegung von vier Stolpersteinen durch Katja Demnig von der Aktion "Stolpersteine" zu veranlassen.

So auch am Mittwoch in der Martinstraße. Dort lebte vor knapp 80 Jahren Johanna Mayer mit ihrer Familie. "Ihr Vater Wilhelm Mayer arbeitete als Prokurist für die Firma Jonas Meyer Holzwerke, die ihren Sitz zwischen Mainzer Straße und Pallaswiesenstraße hatte", berichtete Jürgen Mescher. Alte Grafiken zeigen, dass es ein ziemlich großes Unternehmen war. Nachdem die Firma Jonas Meyer 1930 aufgelöst wurde, gründete Wilhelm Mayer zusammen mit einem Kollegen eine eigene Holzhandlung in der Karlstraße.

Ab 1933 waren jüdische Unternehmer immer schärferen Repressionen ausgesetzt, was dazu führte, dass er das Unternehmen 1936 aufgeben musste. Im Zusammenhang mit dem Novemberpogrom 1938 wurde er verhaftet und mit anderen Darmstädter Juden in das Konzentrationslager (KZ) Buchenwald deportiert. Wilhelm Mayer überlebte die KZ-Haft und wurde vier Wochen später entlassen. Ein Jahr später wurde er dann mit anderen jüdischen Männern zur Zwangsarbeit in Darmstadt verpflichtet. Über die hieraus entstandenen Folgen haben Schüler und Schülerinnen der Bertolt-Brecht-Schule in Darmstadt recherchiert, was Schülerin Nelly Kaufmann vor Ort berichtete.

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1941 wurde Wilhelm Mayer zunächst in das KZ Dachau deportiert und dann später an das KZ Buchenwald überstellt, wo er ein Jahr später starb. Seine Frau Recha blieb nach der Verhaftung zunächst in Darmstadt und lebte zuletzt in einem sogenanntem "Judenhaus" in der Bleichstraße. Von dort wurde sie 1943 in das KZ Theresienstadt deportiert, ehe sie 1944 nach Auschwitz kam und dort ermordet wurde.

Ihre Tochter Johanna und deren Bruder Erwin flohen in die USA. 1938 erreichte Erwin Mayer im Alter von 15 Jahren New York. Im Dezember 1943 wurde Erwin Mayer in einem Ausbildungscamp der US Army in Texas amerikanischer Staatsbürger. Mit hoher Wahrscheinlichkeit kämpfte er im Zweiten Weltkrieg und kehrte danach in die USA zurück.

Johanna Mayer wechselte 1929 von der Darmstädter Eleonorenschule nach Bensheim an die Höhere Töchterschule. Dort taucht sie in den Zeugnislisten nur für ein Jahr auf, danach verließ sie die Schule wieder. Warum sie nach Bensheim wechselte und nur ein Jahr blieb, ist ungewiss. 1937 floh sie in die USA und änderte ihren Namen in Hannah Mayer. Dort lernte sie ihren späteren Ehemann Arthur David kennen, der in Karlsruhe geboren war und ebenfalls in die Vereinigten Staaten flüchtete. Johanna Mayer (später Hannah David) starb 2008 im Alter von 91 Jahren. Ihre Kinder und Enkelinnen waren am Mittwoch per Videokonferenz anwesend und konnten die Verlegung der Stolpersteine somit live mitverfolgen.