GROSS-UMSTADT - Wenn alles vorbei ist, geht es für ihn erst richtig los. Denn Peter Granzow ist Trauerbegleiter. Und hilft den Hinterbliebenen, den Tod eines Angehörigen zu verarbeiten. Ein Ehrenamt, das ihn fordert und manchmal auch schmerzt. Warum, um Himmels willen, tut er sich das an?
Peter Granzow, seit 22 Jahren im Ökumenischen Hospizverein Vorderer Odenwald aktiv, blickt mit seinen wachen Augen unter den weißen Krullelocken hervor. Die Antwort auf die Frage kommt wohl formuliert. "Es ist für mich erfüllend", sagt der 76-Jährige, "Menschen aus dem tiefen Dunkel zwar nicht direkt ins Licht zu führen. Aber ihnen doch zu zeigen, dass da hinten am Ende des Tunnels noch Licht ist." Diese Aufgabe übernimmt der gebürtige Berliner, den es 1970 nach Hessen verschlug, nun schon seit 1996. Er ist der Leiter der insgesamt zwölf Trauerbegleiter, die sich beim Hospizverein in Groß-Umstadt engagieren. Dazu noch der einzige Mann.
Mit sechs Jahren hatte Granzow einen Albtraum, in dem seine Mutter getötet wurde. Mit zehn dann der nächste. Diesmal wurde er selbst erschossen. "Da kamen Ängste hoch. Ab dem Moment habe ich mich mit dem Tod beschäftigt." Doch war die Auseinandersetzung mit der Endlichkeit des Seins über Jahrzehnte hinweg nur theoretischer Art. Granzow begeisterte sich für Religion und las Werke bedeutender Philosophen.
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Für jeden den passenden Trauerweg finden
Die Wende kam, als der gelernte Industriekaufmann in Rente ging. Dann stieg er in die Praxis ein. 1996 nahm er an der ersten Ausbildungsgruppe zum Sterbebegleiter des Hospizvereins Vorderer Odenwald teil. Danach wurde er meist bei Sitzwachen in Pflegeheimen oder im Kreiskrankenhaus eingesetzt. Nach fünf Jahren zog es ihn zu einer "etwas lebendigeren Beschäftigung". Er wurde Trauerbegleiter.
Oft melden sich Angehörige von Verstorbenen beim Hospizverein und bitten um Trauergespräche. Oder aber die Sterbebegleiter bieten es den Nahestehenden nach dem Tod direkt an. In 95 Prozent der Fälle, schätzt Granzow, kommen die Angehörigen dann vier bis sechs Wochen nach dem Sterbefall in die Räume des Hospizvereins zu den Gesprächen. Sozusagen auf neutralen Boden, der nicht gefüllt ist mit Erinnerungen, Fotos oder Andenken an die von einem gegangene Person. Sie nehmen dann an einem Tisch Platz, eine Kerze wird angezündet. "Wir wollen diejenigen, die einen Verlust erlitten haben, auffangen."
Dies gelingt den Trauerbegleitern, indem sie zusammen mit den Angehörigen den individuell passenden Trauerweg finden. "In erster Linie sind wir dafür da, zuzuhören", sagt Granzow. Und die Trauernden zu ermutigen. Ihnen Halt zu geben. "Ich sage ihnen immer: Du hast ein Recht auf Deine Trauer. Lebe sie." Denn oftmals sei der Druck der Verwandten, Freunde und Bekannten groß. Sie wollten den Trauernden gleich wieder in derselben Verfassung haben, wie er vor dem Sterbefall war.
Mitgefühl, ohne mit zu leiden
Meist kommen Trauernde zu drei bis sechs Gesprächen in den Hospizverein. "Bei einer Person waren es sogar 28. Wie gesagt: Das ist bei jedem verschieden", sagt Granzow. Seine Arbeit sieht er als Hilfestellung, um den Verlust, den Schmerz zu verarbeiten. "Trauer ist die Ohnmacht der Seele, das Unfassbare fassbar werden zu lassen." Noch so ein Hinweis, den Granzow den Trauernden gibt. Trost spendet er auch mit einer anderen Erkenntnis. "Der Angehörige muss zwar vom Körper des Toten loslassen, aber nicht generell vom Verstorbenen. Die geistige Verbundenheit bleibt erhalten."
Den Schmerz der Gesprächspartner zu spüren, strengt auch den Trauerbegleiter an. Sein Wirken ist oft eine Gratwanderung. "Wer mitleidet, ist hier falsch. Denn dann geht er selbst zugrunde. Was aber gefragt ist, ist viel Mitgefühl", sagt Granzow. Gar nicht so einfach. Doch wer sich für dieses Ehrenamt entscheidet, wählt eine Arbeit mit Tiefe. Die auch beglückend sein kann.