Herzprobleme sind kein Tabu-Thema

Wie sensibel das Thema Herzprobleme sein kann, weiß Karina Prusek (Mitte) aus eigener Erfahrung. Gemeinsam mit Monika Arras erklärt sie, dass ein normales Leben mit Defi möglich ist. Foto: Gutschalk
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Als Mittvierzigerin ist Karina Prusek auf einen implantieren Defibrillator angewiesen. In einer Selbsthilfegruppe fand sie Menschen, die ihre Sorgen verstehen.

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LAMPERTHEIM. Es ist ein normales Leben mit implantiertem Defibrillator überhaupt möglich? „Aber sicher!“, wie Monika Arras, Gruppensprecher der sogenannten „Defi Selbsthilfegruppe“ Heppenheim bestätigt. Mit einem Infostand stellte sie sich gemeinsam mit ihrem Ehemann Christian Putterer und Kollegin Karina Prusek nun im Edeka-Center Lampertheim den Fragen interessierter Passanten. „Es ist wichtig, dass Betroffene wissen, dass es uns gibt. Niemand ist mit seinem Schicksal alleine“, stellte Arras klar.

Wenn Karina Prusek an ihre Herzprobleme vor nun mehr zwei Jahren zurückdenkt, dann ist sie froh, dass ihr Ehemann damals schnell und gewissenhaft gehandelt hat. „Ich war quasi weggewesen. Nur weil er richtig reagierte, konnte mir geholfen werden.“ Die Angst, an einem Herzstillstand zu sterben, die sei dank des implantierten Defibrillators nun aber beinahe so gut wie weg. „Ich weiß, dass er mich schocken wird. Und das beruhigt“, sagt Prusek. Trotzdem, mit ihrer zehn Zentimeter großen Narbe in Schlüsselbein-Nähe hatte sie sich erst anfreunden müssen: „Sich so im Schwimmbad zu zeigen, das hat mich Überwindung gekostet.“ Auch zu einer Selbsthilfegruppe wollte die zweifache Mutter zunächst nicht gehen. „Ich fühlte mich damals mit 44 Jahren zu jung, um krank zu sein.“

Als sie merkte, dass ihr alles zu viel wird und sich ihre Gedanken überschlugen, da suchte sie Trost bei Monika Arras und ihrer Truppe. „Da waren dann auf einmal Menschen, mit den gleichen Problemen und Sorgen. Es gab ein Wir-Gefühl“, erinnert sich Prusek. Mit ein Grund, weshalb sich Arras 2018 zur Gruppensprecherin ernennen ließ. Sie selbst musste schon zweimal geschockt werden. Eine Situation, die besonders ihrem Gatten Christian Putterer zusetzt. „Man sorgt sich, ist ständig in Hab-Acht-Stellung. Und wenn sie schläft und flach atmet, dann muss ich auch nachsehen“, gesteht er seinen entwickelten Zwang. Deshalb empfehlen die Verantwortlichen, auch Angehörige mit in die Gespräche einzubeziehen. Ist jemand herzkrank, dann müssen auch die Mitmenschen unterrichtet und geschult werden. „Es empfiehlt sich auf jeden Fall über einen Defi nachzudenken und auch die Organspende ist bei uns ein großes Thema“, sagt Arras.

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Ihrer besseren Hälfte ist sie für die Hilfe und den Einsatz überaus dankbar: „Das ist ja nicht selbstverständlich aber sehr ehrenhaft.“ Einmal im Monat kommt das Ehepaar aktuell mit rund 47 Betroffenen im Kreiskrankenhaus in Heppenheim zusammen – alle im Alter zwischen 45 und 84 Jahren. Gemeinsam gilt es, Erfahrungen auszutauschen und Fachvorträge zu besuchen. „Wir wollen aber nicht nur über Krankheit reden sondern auch gemeinsam fröhlich sein“, betont die Sprecherin.

Fragen nach genetischer Veranlagung wichtig

Wer sich mit heiklen Themen alleine fühlt, der kann auch Gespräche unter vier Augen suchen. „Ist Sex mit einem Defi noch möglich? Wie kann ich Sport treiben? Wie kann ich meine Narbe verstecken? Wem erzähle ich von meiner Krankheit?“, nennt Arras ein paar Beispiele. Auch die Ursache der Herzschwäche gilt es gemeinsam zu erforschen. So klärt Karina Prusek zum Beispiel gerade ab, ob es sich bei ihr um eine genetische Veranlagung oder eine verschleppte Grippe handelt. „Als Mutter zweier Kinder ist mir das sehr wichtig. Ich möchte für die beiden eine genetische Disposition ausschließen oder gegebenenfalls frühzeitig handeln“, erklärt sie. Um sich nicht schuldig zu fühlen und es zulassen zu können, vom Partner rundum umsorgt zu werden, suchte sie sich professionelle Hilfe. Bei der Selbsthilfegruppe mit Herz aber muss sich niemand mit seinem Schicksal alleine fühlen.