Wenn ein Online-Spiel zur Sucht wird

Viele sitzen stunden- oder gar nächtelang vor dem Computer oder sind in Sozialen Netzwerken unterwegs: Wenn das zur Sucht wird, kann ein neues Beratungsangebot in Dieburg helfen.

Der Caritasverband Darmstadt hat mit Unterstützung des Landkreises eine Fachstelle für Gaming und Mediensucht in Dieburg geschaffen. Ein Hilfsangebot für junge Erwachsene.

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Dieburg. Völlig vertieft sitzt der 16-Jährige vor dem Computer. Den Blick auf den Bildschirm, das Headset auf den Ohren. Ansprechen? Fehlanzeige. Nur ein stummes, energisches Winken, das andeutet: Verlasse mein Zimmer, ich bin beschäftigt. Eine Situation, die viele Eltern kennen. Und die sie mitunter nachdenklich stimmt. Ist das noch normal? Oder ist der Konsum von Online-Gaming und Social Media schon zur Sucht geworden? Fragen, die nicht nur Jugendliche betreffen. Auch Erwachsene nutzen immer mehr das Internet und damit verbundene Dienste. Doch das Leben online birgt Gefahren, denn für manche wird der Bildschirm zur Sucht. Diese Menschen brauchen professionelle Unterstützung, um einen Weg aus der Mediensucht zu finden. Um diese Hilfe anzubieten, hat der Caritasverband Darmstadt mit finanzieller Unterstützung des Landkreises Darmstadt-Dieburg eine neue Fachstelle für Gaming und Mediensucht eröffnet. In der Beratungsstelle der Caritas in Dieburg können sich jetzt alle Menschen aus den 23 Kommunen des Landkreises kostenlos beraten lassen.

„Gerade junge Erwachsene sind häufig von Mediensucht betroffen. Hier gilt es frühzeitig Unterstützungsangebote zu machen, um das immer weitere Abrutschen in die Sucht zu verhindern“, erläutert die Sozial- und Jugenddezernentin des Landkreises, Christel Sprößler. 76.000 Euro investieren Land und Landkreis insgesamt zunächst für ein Jahr – mit dem Ziel, das Angebot auch längerfristig anzubieten, so Sprößler. Auch Caritasdirektor Winfried Hoffmann ist froh, dass der Verband durch die Unterstützung des Landkreises diese neue Hilfe anbieten kann: „Wie immer gilt es bei einer drohenden Suchterkrankung, so früh wie möglich gegenzusteuern. Wir möchten den Betroffenen helfen und ihnen neue Wege aufzeigen, bevor die gesundheitlichen und sozialen Folgen immer größer werden.“

Probleme am Arbeitsplatz oder in der Schule

Das neue Beratungsangebot richtet sich an junge Erwachsene im Alter von etwa 16 bis 21 Jahren, die einen riskanten Medienkonsum betreiben und dadurch negative Folgen erfahren. „Das können Probleme am Arbeitsplatz oder in der Schule sein, Konflikte in sozialen Beziehungen, mit der Familie oder dem Freundeskreis”, erklärt Ruth Rothkegel, die als Leiterin der Fachambulanz in Dieburg gemeinsam mit Andrea Wiechert, Leiterin des Suchthilfezentrums Darmstadt, die Fachstelle für Gaming und Medienprobleme anbietet. Ob wegen Gaming, Chatten, Netflix oder ständiger Online-Käufe: Betroffene vernachlässigen ihre Hobbys abseits des Computers, ziehen sich sozial zurück und haben Schwierigkeiten bei der Gestaltung des Alltags.

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„Das Internet ist Segen und Fluch zugleich”, skizziert Rothkegel das Problem und nennt Anzeichen, die auf einen übermäßigen Medienkonsum hinweisen: „Wenn die Mahlzeiten nur noch vor dem Computer, mit Smartphone oder Tablet eingenommen werden, wenn es zu psychischem und körperlichem Unwohlsein kommt, wenn keine Medien genutzt werden können, oder wenn das Verlangen mit Computer, Smartphone oder Tablet zu spielen, chatten oder shoppen unwiderstehlich ist – dann ist es Zeit, sich individuell beraten zu lassen.“ Dabei können die Folgen von Internetsucht sowohl psychischer als auch physischer Natur sein, die sich beispielsweise in depressiven Verstimmungen, Ängsten oder auch Essstörungen äußern können.

Kontrolle wiedergewinnen

In der Beratung geht es darum, dass die Betroffenen die Kontrolle über das eigene Internet-Verhalten wiedergewinnen. „Es geht hier nicht um den erhobenen Zeigefinger, sondern darum, die Betroffenen durch Selbsterkenntnis zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Medien zu bewegen”, sagt Sozialarbeiter Sebastian Haberkorn aus dem Medienteam. Er plant, nach den Sommerferien ein Gruppenangebot namens „The Quest“ anzubieten – ein Programm zum selbst kontrollierten PC- und Internetkonsum im Landkreis Darmstadt-Dieburg. Zehn Teilnehmer können sich hierfür anmelden, zu den Inhalten zählen unter anderem das Erlernen von Bewältigungsstrategien und Zeitmanagement. Ziel ist es letztlich, dass die Betroffenen Schritt für Schritt Lebensqualität und Kontrolle über ihren Alltag wiedergewinnen.