„Pappeln raus, Eichen rein“ hieß es vor gut 30 Jahren auch im Kisselwörth auf dem Kühkopf. Revierleiter Ralph Baumgärtel schaut sich heute an, wie sich die Anpflanzung entwickelt hat. Foto: Robert Heiler /Vollformat
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STOCKSTADT - Hauptsache schnell und viel Holz. Das war die Devise in der deutschen Nachkriegszeit. Und so pflanzte man allerorten schnell wachsende Pappeln an – Hybride zwischen heimischer Schwarzpappel und amerikanischen Arten. Auch im verlandeten alten Rheinbett an Kühkopf und Knoblochsaue. Heute sind die Bäume oft überaltert. Weil sie von der Krone her zerbrechen, sind sie vielfach nicht mehr verkehrssicher. Dazu sind sie in Naturschutz und Landschaftgestaltung als nicht standortgerecht verpönt und werden konsequent durch heimische Gewächse ersetzt.
Im Europareservat Kühkopf-Knoblochsaue hat man 1985 begonnen die damals rund 200 Hektar Wald mit Hybridpappeln umzubauen. Die Devise: Pappeln raus, Eichen rein. Im Sinne der Risikostreuung wurden immer wieder kleinere Bestände stark aufgelichtet und ein- bis zweijährige Stieleichen gepflanzt, die ein Charakterbaum der Hartholzaue sind. Die Setzlinge stammten aus der Region, seien meist sogar aus auf dem Kühkopf gesammelten Eicheln gezogen worden. Später dann habe man Ried-Eichen hinzugekauft.
60 Tage Überflutung sind kein Problem
Quercus robur, wie die Art mit botanischem Namen heißt, kann 60 und mehr Tage Überflutung ohne größere Schäden überstehen. Deutlich mehr als Esche und Bergahorn, die ihr als konkurrenzstärkere Arten in den Auenwäldern den Rang abzulaufen versuchen. „Seit der Regulierung vieler Flüsse haben sich die Wachstumsbedingungen geändert“, erläutert Kühkpf-Revierleiter Ralph Baumgärtel diese Tatsache. „Die Hochwasser sind höher, aber kürzer geworden, was Ahorn und Esche einen Standortvorteil verschafft.“ Deshalb sinke generell in den Hartholzauen der Eichenanteil. Was wiederum für viele in der FFH-Richtlinie geschützte Arten wie Heldbock, Eremit und Hirschkäfer von Nachteil sei, weil sie ihren Lebensraum im Eichen-Totholz haben.
NATÜRLICHE PFLANZENGESELLSCHAFTEN
Auwälder sind natürliche Pflanzengesellschaften entlang von Bächen und Flüssen, die geprägt sind von Überschwemmungen und hohen Grundwasserpegeln.
Ist der Standort häufig hoch und meist schnell durchströmt (100 bis 200 Tage im Jahr), bildet sich eine Weichholzaue.
Bei kürzeren oder selteneren Überflutungen mit geringer Fließgeschwindigkeit bildet sich eine Hartholzaue. (ute)
Seit dem Jahr 2000, erläutert Baumgärtel, sei die Förderung der Stieleiche im Pflegeplan für das Naturschutzgebiet im Ried festgeschrieben. Und so würden auch die restlichen Pappelbestände im ehemaligen Rheinbett gelichtet und mit Eichen bestückt. Dabei werden die Stämme zur Verwertung abtransportiert und die Jungeichen mit Spaten in die verbliebenen Kronenteile gepflanzt. „Da kommen die Rehe nicht so gut dran.“ Denn Verbiss, so der Revierleiter, habe anfänglich die Pflanzen stark geschädigt, sodass sie mit Draht geschützt und jährlich von hoch aufgeschossener Umgebungsvegetation freigeschnitten werden mussten.
Erst seit 1993 verwende man Stieleichen von 150 und mehr Zentimeter Höhe. Sie zu benagen, sei für Rehwild „zu unbequem“, die Bäumchen seien über Äsungshöhe. Und der Konkurrenz des Unterholzes seien sie entwachsen. Seitdem seien fast alle Anpflanzungen gut gediehen. Lediglich bei dem langen Hochwasser 1999 seien die damals frisch gesetzten Jungeichen der Selektion zum Opfer gefallen. „Da hatten wir einen Komplettausfall“.
Ansonsten aber seien für die Jungpflanzen nach dem Pappelwaldumbau mittlerweile kaum mehr Pflegemaßnahmen nötig. Pflanzen und dann erst wieder nach zwei, drei Jahren hingehen und sich freuen, nennt Baumgärtel als Prinzip. Die Natur sorge in diesem Fall für sich selbst. „Aber wenn ich mal schlechte Laune habe“, sagt Baumgärtel, „dann gucke ich mir einen dieser neuen Eichenbestände an und schaue nach, was sich in den vergangenen 20, 25 Jahren an charakteristischem Unterholz entwickelt hat.“ Während die neuen Eichen kräftiger würden, „verabschieden sich unsere restlichen Pappeln, wenn sie ihre Ammenfunktion erfüllt haben, nach und nach von selbst. “
Dass der hessische Versuch zum Umbau von Hybridpappelbeständen am Kühkopf, der bis zum Jahr 2005 lief, so erfolgreich ausgefallen ist, habe sich mittlerweile auch anderweitig ausgewirkt, betont Ralph Baumgärtel. An der Elbe verfahre man mit den verbliebenen Auwälder auf die gleiche Weise.