Eine defekte Seilwinde behindert am Samstag den Start der Stockstädter Kerb, am Sonntag fand der Kerbumzug statt.
STOCKSTADT. Etwas anders als gewohnt begann am Samstagabend die Kerb an der Altrheinhalle. Pünktlich war der geschmückte Kerwebaum von der Kirche her angekommen, getragen von den Kerweborsch, gefolgt von den Kerwemädscher und begleitet von der Kerweborschkapelle. Neben dem Halleingang platziert war er schnell, aber dann warteten die vielen Besucher zunächst vergeblich: die Seilwinde war defekt, der Baum blieb in der Waagerechten.
So entschieden die Kerweborsch, zunächst die Kerweredd zu verlesen, während eine andere Winde besorgt wurde. Kerwevadder "Beidel" (Lukas Spallek) trug eine Sammlung von Pleiten und Pannen vor, die "Betze" (Gregor Mattern) in Versform gebracht hatte. Zu Beginn würdigte er kurz die große Politik: "Putin, Trump und Kim Jong-un, von gefährlich bis saudumm." Die erste Peinlichkeit in diesem Jahr stand in Zusammenhang mit der vorigen Kerb: Beim Abtransport vom Festplatz war eine der Buden des örtlichen Beschickers bei der Auffahrt zur Bahnbrücke vom Hänger gerutscht und auf der Böschung liegen geblieben. Die Bergung durch die Feuerwehr fand viel Aufmerksamkeit. Die Kerweborsch aber ahnten, dass die Sicherungsbolzen nicht aus Versehen gefehlt hatten: Um die Redd zu unterstützen, wollte man ein schönes Thema dafür liefern. "Dem Spender sei ein Trullala" war der musikalische Kommentar dazu.
Anders als geplant verlief auch der Besuch bei der Eintracht, den ein Stockstädter mit Verwandten geplant hatte. Zum Bundesliagamatch im Stadion angereist, musste er feststellen, dass er stattdessen Karten für das Pokalspiel eine Woche zuvor erworben hatte. Häusliche Probleme gab es bei dem jungen Familienvater, der sein neues Haus in der Rheinfeldstraße "schlüsselfertig" bauen ließ - und erst später merkte, dass der Anschluss an den Abwasserkanal dabei nicht eingeschlossen war. "Schaffe, schaffe, Häusle baue" spielt die Kapelle.
Zwei Stunden Umzug durch die Stadt
Dann gab es noch die kleinen, aber kostspieligen Missgeschicke: Die beim Unkrautabflämmen entzündete Hecke, der demolierte Neuwagen, der verpasste Rückflug mit der Billiglinie. "Wer soll das bezahlen" hieß das Lied, bevor die Kerweborsch die Gäste zum Bieranstich auf dem Festplatz und später zum Feiern in der Halle einluden. Bis Sonntagmittag waren alle wieder fit genug, den Kerweumzug mitzugestalten, der sich zwei Stunden lang durch Stockstadt und bis zum Festplatz zog. Den führten natürlich die Kerweborsch an, mit schwingenden Fahnen vorneweg, dem Kerwewatz im Bollerwagen und den Kerwemädscher auf der Rolle. Die DLRG nahm auf ihrem Wagen das erst ansatzweise neu erbaute Vereinsheim im Schwimmbad auf die Schippe: "Mir soin froh, denn die Borremplatt is schun do!"
Die Veranstalter von "Rock am Rhoi" boten Tickets für die nächste Rocknacht am 10. November an, auch von ihrem Wagen erklang handfeste Rockmusik statt der üblichen Trink- und Stimmungslieder. Die Mini-Trucker fuhren natürlich ihre Modell-Trucks durch die Straßen. Der Musikzug als marschierende Brassband darf im Kerweumzug nicht fehlen und garantiert als einzige Zugnummer Live-Musik statt Konservenklang.
Von der SKG waren zuerst die Zumba-Damen der Gymnastikabteilung zu sehen mit Kostproben ihres tänzerischen Fitnessprogramms. Umfangreich, entsprechend ihrer großen Mitgliederzahl, beteiligte sich die Fußballabteilung: Mit dem jüngsten Nachwuchs in den G2-Mannschaften beginnend, zogen die Kickerinnen und Kicker in weißen T-Shirts mit und warben für "ProKuRa", das Projekt Kunstrasen. Die erste Mannschaft zeigte Optimismus: "Geje die 'Lilie' schluge mer uns wacker - ab nächst Joahr rolle dann die Bagger". Auf Turnerinnen, Stammtische und den nassforschen Freibad-Förderverein folgte die SKG-Abteilung Tanz und Theater, deren Mitglieder sich fast als einzige in aufwendige, und zwar bayerische, Kostümierung geworfen hatten: Dirndl und Trachtenmode hatten hier nichts mit dem bevorstehenden Oktoberfest zu tun, sondern wiesen auf das Motto der nächsten Fastnachtssitzung am 16. Februar hin. Schließlich wird in Stockstadt nicht nur die Kerb gerne gefeiert.
Von René Granacher