Montag,
21.10.2019 - 00:00
3 min
Schwarm aus hunderten Rahmen
Von René Granacher

Klaus Malter mit seinem Schwarm-Kunstwerk. (Foto: Vollformat/Robert Heiler)
STOCKSTADT - Insektenkundler würden sich wundern: Bienen so groß wie Katzen, dazu noch rechteckig und aus Holz. Ein ganzer Schwarm dieser absonderlichen Tiere hat sich am Freitag im Umweltbildungszentrum „Schatzinsel Kühkopf“ niedergelassen und gedenkt, dort bis 29. November zu bleiben. Hintergrund ist, dass die Rolle der Bienen in diesem Schwarm-Kunstwerk Klaus Malters von hölzernen Rahmen übernommen wird, die früher in Bienenkästen Honigwaben aufgenommen haben.
Übereinander und ineinander hat der Groß-Gerauer sie in einen verzweigten Ast gehängt, um den Eindruck eines übergroßen Bienenschwarms zu erzeugen. Begleitet wird das Werk von historischen Ausstellungsstücken rund um die Imkerei: einer Wand aus hölzerne Bienenstöcken, rund 100 Jahre alt, einem Bienschwarmfänger, dazu Produkten von Wachs bis Propolis. Als Bienen-Stock-Werk bezeichnet Malter die Installation, mit der er nicht nur Schauwerte, sondern auch Informationen liefern will.
„Wir haben hier nicht so oft Kunstausstellungen“, sagte in seiner Begrüßung Peter Hahn, bei Hessen Forst angestellt als stellvertretender Leiter des Umweltbildungszentrums. Die meisten Anfragen von Künstlern würden abgelehnt, weil der Bezug zum Thema Natur fehle. Malters Werk aber passe sehr gut in die Einrichtung: „Bienen und Insekten insgesamt liegen uns sehr am Herzen.“
Der Künstler selbst, Oberstudienrat im Ruhestand und früher an der Werner-Heisenberg-Schule in Rüsselsheim tätig, ist in einem Haushalt mit Bienenzucht aufgewachsen. Selbst habe er dieses Hobby nie gepflegt, erzählte er, doch habe er beim Ausräumen des elterlichen Hauses im vergangenen Jahr viel altes Material gefunden, das er zu schade zum Wegwerfen fand. Die zahlreichen Rahmen habe er als Schwarm zuerst an einen Baum im Garten gehängt, dann sei das Objekt in der Kreissparkasse in Groß-Gerau zu sehen gewesen, nun auf dem Kühkopf.
Natürlich sieht der Schwarm jedes Mal wieder etwas anders aus. Im Zentrum steht aber immer ein Rahmen, der die Bienenkönigin symbolisiert: etwas größer als die anderen und mit einem farbigen Punkt markiert. Drumherum gruppiert sich eine Traube von etwa 400 Rahmen als Schwarm. Einen akustischen Eindruck davon vermittelte Malter mit der Aufnahme summender Bienen, die er zusammen mit Vivaldis „Frühling“ abspielte.
Tatsächlich fliegen die Honigbienen erst ab 12 Grad, erläuterte er. Das ganze Volk überwintert – nicht nur die Königin wie bei manchen anderen Insekten – und zu diesem Zweck legt es sich Honig als Vorrat an. Holt der Imker die Rahmen mit den sechseckigen Waben aus dem Stock, achtet er darauf, den eigenen Bereich mit der Königin und der Brut nicht zu beschädigen. Sollte trotzdem eine neue Königin benötigt werden, etwa weil der Schwarm zu groß geworden ist und sich teilen muss, so legen die Bienen eine sogenannte Weiselzelle an, die unverwechselbar ist: größer als normale Brutwaben für Arbeiterinnen, rund statt sechseckig, dazu in eine andere Richtung orientiert. Spezielle Fütterung lässt darin den königlichen Nachwuchs entstehen, der nach dem Schlüpfen mit einem Teil des Schwarms aufbricht, um andernorts einen neuen Bienenstaat zu gründen.
Das Bürgerliche Gesetzbuch hält für diese Situation eigene Paragrafen bereit: So darf ein Imker bei der Verfolgung seines Schwarms jedes fremde Grundstück betreten.