Beginn der Jüdischen Kulturtage in Mainz

Tradition war das Thema im Vortrag des Literaturwissenschaftlers Peter Waldmann: Die jüdische Tradition sei stets eine Auseinandersetzung eben mit der Tradition.

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MAINZ. Antisemitismus gehe alle an, alle Bürger, unabhängig von Herkunft, Sprache, Religion und Aussehen. Das sagte zur Eröffnungsveranstaltung der „Jüdischen Kulturtage 2018“ Anna Kischner in der Neuen Synogoge in Mainz. Die Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Mainz hieß die zahlreich erschienenen Gäste willkommen und betonte, die Kulturtage seien ein Weg, durch Kennenlernen Vorurteile abzubauen und Rassismus und Hass ein Ende zu setzen. Kulturdezernentin Marianne Grosse betonte, die Kulturtage stünden im Zeichen des Antrags der Schumstädte Mainz, Worms und Speyer zur Aufnahme ins Unesco-Weltkulturerbe. „Ich wünsche mir, dass sich aus diesen Kulturtagen eine fruchtbare Tradition entwickeln wird.“

Literaturwissenschaftler referiert zu Gershom Scholem

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Tradition war das Stichwort, das dann auch als Thema im Vortrag Peter Waldmanns unter dem Titel „Es gibt ein Geheimnis in der Welt“ aufgegriffen wurde. Der Literaturwissenschaftler referierte aus dem Leben des jüdischen Philosophen Gershom Scholem und dessen Denkansätzen zum Judentum und der Kabala – also der Tradition. Und kam in seinem spannend gehaltenen Vortrag zu der letztlich frappierend einfachen Erkenntnis: Die jüdische Tradition sei stets eine Auseinandersetzung eben mit der Tradition. Waldmann erklärt, die Assimilation hat aus dem Judentum ein Phänomen im Windkanal gemacht, in dem es keine Widerstände gebe. Das liberale Judentum, so das Fazit aus Scholems Werk, sei eine Anbiederung an die deutsche Gesellschaft.

Nicht nur um die Deutung von Tradition und wahrem Judentum ging es am Wochenende beim „Kennenlernen“ in der Synagoge. Das Trio Eleanora Malkina (Klavier), Aviva Piniane (Gesang) und Vera Halandia (Geige) traten mit klassischer und jiddischer Musik auf die Bühne und der Enkel der Vorsitzenden Kischner, Perry Kischner, zeigte großes Talent, als er am Klavier eine musikalische Zusammenfassung von Prokofjews „Peter und der Wolf“ anstimmte.

Nach Musik und Vortrag lud Anna Kischner die Gäste zu einem kleinen Rundgang durch die Neue Synagoge ein sowie im Anschluss daran zu „typisch jüdischem Essen“. Am Abend stand dann die Buchvorstellung über Worms als „Jerusalem am Rhein“ mit Karl-Erich Grözinger auf dem Programm. Weitere Termine, auch in der Weisenauer Synagoge oder im Stadtarchiv, stehen während der Kulturtage bis Ende November in Mainz auf dem Programm, unter anderem eine Gedenkfeier in der Neuen Synagoge zum 80. Jahrestag der Pogromnacht und der Zerstörung der Hauptsynagoge in der Hindenburgstraße.