Evangelische Kirche finanziert nicht mehr alle Gotteshäuser
30 Prozent der Haushaltsmittel sollen eingespart werden. Welche Auswirkungen der Strategieprozess der Badischen Landeskirche auf die Kirchen in Mannheim und Heidelberg hat.
Von Heike Warlich
Die Konkordienkirche in der Mannheimer Innenstadt soll als eine der zwölf sogenannten A-Kirchen langfristig als geistlicher Ort aus Haushalts- und Kirchensteuermitteln erhalten, gepflegt und modernisiert werden. Im Gegensatz zu Gotteshäusern der Kategorie B und C.
(Foto: Alfred Gerold (Archiv)
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MANNHEIM/HEIDELBERG - „Unsere Gesellschaft wandelt sich und damit auch die Kirche. Dieser Wandel wird sichtbar werden“, sagt Dekan Ralph Hartmann. Das gilt für allem für die Gotteshäuser, die die Evangelische Kirche in Mannheim zukünftig nicht mehr alle finanzieren kann. Sinkende Kirchensteuereinnahmen auf der einen, steigende Energie- und Baukosten auf der anderen Seite hatten die Badische Landeskirche bereits vor Corona und dem Ukrainekrieg dazu veranlasst, einen Strategieprozess anzustoßen. Bis 2032 sollen unter der Überschrift „Transformation und Reduktion“ neue Formen kirchlichen Lebens gefunden und 30 Prozent an Haushaltsmitteln eingespart werden. Wie, darauf sollen vor Ort in den Kirchenbezirken die passenden Lösungen und Konzepte erarbeitet werden.
In Mannheim hat sich die Stadtsynode mit 63 Ja-Stimmen, zwei Nein-Stimmen, sechs Enthaltungen darauf geeinigt, in einem ersten Schritt ihre 32 Kirchen zu kategorisieren. Die zwölf sogenannten A-Kirchen, darunter die Christuskirche in der Oststadt und die Konkordienkirche in der Innenstadt, sollen langfristig als geistliche Orte aus Haushalts- und Kirchensteuermitteln erhalten, gepflegt und modernisiert werden. Für sieben Kirchen der Kategorie B wie die Friedenskirche in der Schwetzingerstadt sollen Reparaturen ausgeführt werden, solange es deren baulicher Zustand rechtfertigt. In die 13 C-Kirchen werden hingegen keinerlei Mittel fließen. „Dieser Wandel und der Abschied von lieb Gewonnenem tut vielfach weh und bringt viel Unsicherheit mit sich“, gibt Hartmann unumwunden zu.
Insbesondere was die Zukunft der C-Kirchen angeht, macht man sich in den betroffenen Gemeinden Sorgen. Jede der sieben Regionen des Stadtbezirks trägt mindestens eine davon mit. Betroffen davon ist die erst 1965 bis 1967 aus Sichtbeton erbaute Lukaskirche in Mannheim-Almenhof ebenso wie die 1907/08 errichtete Pauluskirche auf dem Waldhof, die seit 2005 auch als Jugendkirche und Kinder-Vesperkirche genutzt wird. Manche Gebäude können aufgrund ihres Zustands durchaus noch mehrere Jahre kirchlichen Zwecken dienen. Dennoch will man mit der Suche nach Nutzungserweiterungen und Umnutzungen zeitnah beginnen. Der Beschluss der Stadtsynode erlaubt zudem, alternative Finanzierungen aus privaten und öffentlichen Mitteln einzuwerben. Aber was, wenn das nicht gelingt? Dann könnten diese Gotteshäuser auch ganz aufgegeben werden. „Sicher gibt es C-Kirchen, die aufgrund ihrer Bauart und Lage leichter umzunutzen sind“, sagt Hartmann und hofft zugleich darauf, dass sich aufgrund des sehr begrenzten Grundstücks- und Raumangebots in Mannheim kreative Ideen für diese Kirchen entwickeln werden.
Fast alle 32 Gotteshäuser stehen unter Denkmalschutz
Fast alle 32 Gotteshäuser stehen unter Denkmalschutz. „Das bedeutet zunächst Einschränkungen in denkbare Umbauten und Umnutzungen“, weiß Hartmann. Zumal es diesbezüglich in Süddeutschland kaum Erfahrungen gebe. „Wir werden lernen müssen, miteinander Lösungen zu finden. Es ist auch bei denkmalgeschützten Kirchen besser, diese baulich zu verändern, als sie am Ende abreißen zu müssen, weil sich wegen der Auflagen keine Nutzung realisieren lässt. Da braucht es, wie in vielen Bereichen unseres gesellschaftlichen Lebens, ein Umdenken“, erklärt Hartmann.
Auch in Heidelberg hat man sich zu den von der Landeskirche vorgegeben Rahmenbedingungen des Strategieprozesses bereits Gedanken gemacht. In einem ersten Schritt wird die Evangelische Kirche in Heidelberg bis Ende 2023 die notwendigen Konzepte entwickeln, in der Synode beraten und im Stadtkirchenrat beschließen. Ein eigens dafür berufenes Prozess-Team wird auch mithilfe externer Beratung diese Konzeptentwicklung als groß angelegten Kommunikationsprozess steuern.
„Die gute Nachricht ist, dass wir nicht bei null anfangen, sondern wir uns bereits 2019 auf den Weg gemacht haben, die Evangelische Stadtkirche Heidelberg durch Fusionen von Gemeinden und den Verkauf von Gebäuden zukunftsfähig aufzustellen“, sagt Dekan Christof Ellsiepen.
Auch in Mannheim hat man den Beschluss zur Kirchenkategorisierung frühzeitig gefasst, um die Regionen des Stadtbezirks in die Lage zu versetzen, tragfähige Konzepte zu entwickeln. Denn da der Masterplan der Landeskirche neben dem Thema der Reduktion einen weiteren Schwerpunkt auf die Transformation setzt, werden neue Formen kirchlichen Lebens gesucht und Möglichkeiten, wieder mehr mit den Menschen in Kontakt zu kommen. Dazu gehört laut Dekan Hartmann, dass man sich in den jeweiligen Sozialräumen noch mehr mit den jeweiligen Akteuren vernetzen werde.