Bei der Suche nach der ermordeten Mainzer Schülerin Susanna und dem Umgang mit dem mutmaßlichen Täter haben die hessischen Behörden nach eigener Überzeugung keine Fehler begangen.
WIESBADEN. Großes Medienaufgebot, ein übervoller Sitzungssaal, etliche Spitzenvertreter aus Politik, Regierung und Ermittlungsbehörden – Wie sehr das Thema der Sondersitzung von Innen- und Rechtspolitischem Ausschuss des Landtages bewegt, war schon an den äußeren Gegebenheiten am Donnerstagvormittag abzulesen. Zwei Stunden lang befassten sich die beiden Gremien mit dem aktuellen Sachstand im Fall Ali Bashar. Die in sachlichem Ton verlaufende Sitzung wurde genutzt, um einige Fragen zum bisherigen Verlauf des komplexen Falls zu beantworten. Zentrale Botschaft: Fehler oder Versäumnisse der Ermittlungsbehörden hat es auf hessischer Seite nicht gegeben.
Man könne heute lediglich eine „Momentaufnahme“ bieten, bat Innenminister Peter Beuth (CDU) gleich zu Beginn der Sitzung um Verständnis für die noch laufenden Ermittlungen und lieferte danach eine Chronologie der Ereignisse seit dem 23. Mai – dem Tag, an dem die Mutter ihre Tochter Susanna in Mainz als vermisst meldete. Es war eine Chronologie aus hessischer Sicht. Über die Arbeit der Mainzer Behörden gaben weder Minister noch die Experten Auskunft. Zum Bedauern einiger Abgeordneter, die zwischen der Vermisst-Meldung und der Übergabe des Falls an die hessischen Behörden am 30. Mai ein problematisches sechstägiges Zeitfenster sahen.
Ermittlungen schon vor offizieller Fall-Übernahme
Hierzu ließ Landespolizeipräsident Udo Münch nur folgendes wissen: „Es gibt einen sehr guten Kontakt mit Mainz.“ Die Ermittlungen auf hessischer Seite seien im Übrigen auch nicht erst mit der offiziellen Übergabe des Falles gestartet. Schon am 28. Mai habe man umfangreiche Überwachungsmaßnahmen eingeleitet und drei Flüchtlingsunterkünfte besucht, um Hinweise auf den Verbleib von Susanna zu bekommen – also noch einen Tag bevor sich eine Freundin der Mutter mit der Information meldete, Susanna sei tot. Auch die Unterkunft von Ali Bashars Familie in Erbenheim sei unter den am 28. besuchten Einrichtungen gewesen. Allerdings hätten sowohl die Überwachungen als auch die Befragung von Kontaktpersonen keine Ergebnisse gebracht.
Nach der offiziellen Übergabe sei dann eine Soko gebildet worden und – mit Kenntnis der Aussage besagter Zeugin – die groß angelegte Suche rund um Erbenheim angelaufen. Versuche, am gleichen Tag die Freundin der Mutter zu erreichen, seien erfolglos geblieben, da diese sich offenbar im Urlaub befand. Zwischen 140 und 220 Beamte seien täglich mit dem Fall beschäftigt gewesen.
Keine Details zur Rückführung
Über die Umstände der Rückführung Ali Bashars nach Deutschland könne er ebenfalls keine genauen Details weitergeben, sagte Innenminister Beuth. Hierfür sei die Bundespolizei federführend verantwortlich. Die Landesregierung habe, fügte Justizministerin Eva Kühne-Hörmann (CDU) hinzu, direkt nach der Festnahme Bashars Auslieferungsunterlagen an die Bundesregierung übersandt. Mit der Rückführung durch die Bundespolizei habe sich der Vorgang dann überraschend erübrigt.
Informationen dieser Zeitung, dass Richter in den hochbelasteten Gerichten Fälle je nach Aussicht auf Urteilsvollstreckung unterschiedlich behandeln, bestätigte der Präsident des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs, Dirk Detlev Schönstädt, indirekt. Zwar obliege es aufgrund der richterlichen Unabhängigkeit dem jeweiligen Richter, wie er seine Fälle priorisiere, für viele sei es aber gängige Praxis, Fall-Gruppen zu bilden. Angesichts des Abschiebungsverbotes in den Irak habe es bei Bashars Klage keinen Anlass gegeben, „gerade dieses Verfahren priorisiert zu behandeln“.
Von André Domes