Festnahme in der Türkei: Alzeyer Stadträtin Dilan Düzgün...

Dilan Düzgün mit ihrem Vater Kemal Gülcehre vor dem Alzeyer Rathaus. Archivfoto: pa/Schmitz

Wegen Terrorverdachts ist die Alzeyer Stadträtin Dilan Düzgün am Freitag auf dem türkischen Flughafen Dalaman festgenommen worden. Inzwischen ist sie wieder frei, will am...

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ALZEY/DALAMAN. Wegen Terrorverdachts wurde die Alzeyerin Dilan Düzgün am Freitag auf dem türkischen Flughafen Dalaman festgenommen. Die 26 Jahre alte Deutsche mit kurdischen Wurzeln hatte in der türkischen Ferienregion zwei Wochen Urlaub gemacht und wollte mit ihrem Mann Serkan (29) am Freitag gegen 20 Uhr den Rückflug nach Frankfurt antreten. Der bereits 2017 ausgestellte Haftbefehl wurde wegen Verdachts auf terroristische Aktivitäten Düzgüns erlassen.

Der Verdacht stützt sich auf von Düzgün geteilten Facebook-Beiträgen, in denen Kritik an Staatspräsident Erdogan geübt wird. Die Politikerin, die die Linken im Alzeyer Stadtrat und im Kreistag Alzey-Worms vertritt, wusste von diesem Haftbefehl nichts. Sie wurde in Polizeigewahrsam genommen – an ihrem 26. Geburtstag. Nach Intervention des CDU-Bundestagsabgeordneten Jan Metzler und des Auswärtigen Amtes ist Dilan Düzgün am Samstag gegen 18.50 Uhr wieder entlassen worden. Ein Cousin hat sie danach zu Verwandten nach Istanbul gebracht. Von dort aus wird sie voraussichtlich am Montag den Heimflug antreten.

„Die Einreise verlief noch ohne Probleme“

Kemal Gülcehre erfuhr von seinem Schwiegersohn von der Verhaftung seiner Tochter. Serkan Düzgün ist ebenfalls deutscher Staatsbürger. Ihm wurde von den türkischen Behörden die Heimreise nahegelegt. Er könne ohnehin nicht zu seiner Frau, solange sie in Haft sei, sagte man ihm. „Die Einreise verlief noch ohne Probleme“, schildert Kemal Gülcehre, der ebenfalls für die Linken in Stadtrat und Kreistag sitzt. Er hat seine Tochter vor der Reise gewarnt. „Das macht keinen Sinn, denn wir haben eine Sicherheitswarnung, habe ich ihr gesagt“, erzählt Gülcehre. Doch Dilan Düzgün nahm den Rat des Vaters nicht an. Im vergangenen Jahr habe sie ebenfalls in der Türkei Urlaub gemacht, ohne dass etwas geschehen sei, entgegnete sie. Damals haben die Düzgüns im August/September ihre Ferien in der Türkei verbracht. „Der Haftbefehl muss also danach ausgestellt worden sein“, mutmaßt Kemal Gülcehre.

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Vater und Tochter engagieren sich nicht nur in der Kommunalpolitik, sondern auch in der alevitischen Gemeinde. In Alzey haben sie an Kundgebungen gegen die Politik Erdogans teilgenommen. Die kurdischstämmige Familie macht keinen Hehl aus ihrer Ablehnung Erdogans.

Kurzes Telefonat mit dem Vater

Nach ihrer Entlassung hat Dilan Düzgün kurz mit ihrem Vater telefoniert. Sie berichtete ihm, dass die Polizisten freundlich zu ihr gewesen seien und sie direkt auf die geteilten Facebook-Beiträge angesprochen hätten. Man habe sie in der Haft gut behandelt. „Ich bin zwar überglücklich, dass sie wieder frei ist, aber ich musste das Gespräch abbrechen, weil ich nach diesen schlimmen Stunden völlig fertig bin“, sagt Kemal Gülcehre. „Es war ein echtes Horrorszenario. Das eigene Kind verhaftet und man weiß nicht, was mit ihm geschieht.“ Durch den noch bis Dienstag geltenden Ausnahmezustand hätte seine Tochter bis zu zwölf Tage in der Türkei festgehalten werden können, bis es zum Haftprüfungstermin gekommen wäre und danach weitere sechs Monate bis zu einer Verhandlung. „Und bei Terrorverdacht sogar unbeschränkt lange“, stellt der Alzeyer fest.

In seiner Not setzte der verzweifelte Vater am Freitagabend alle Hebel in Bewegung und schaltete auch den CDU-Wahlkreisabgeordneten Jan Metzler ein. Auf dessen Rat hin rief Gülcehre die 24 Stunden besetzte Hotline des Auswärtigen Amt an. „Glücklicherweise ist das alles noch glimpflich abgelaufen und es musste kein großes Verfahren angestrengt werden, aber auch darauf wären wir vorbereitet gewesen“, zeigt sich Metzler auf Nachfrage dieser Zeitung erleichtert. Er hat permanenten Kontakt zum Auswärtigen Amt gehalten.

Von Thomas Ehlke