Opel-Mutter PSA und Fiat Chrysler bestätigen Fusionsgespräche

An der Börse hatten Gerüchte bereits am Dienstagabend für kräftige Kursbewegung gesorgt. Symbolfoto: dpa
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Der italienisch-amerikanische Autobauer hat schon einmal mit Franzosen über eine Fusion verhandelt. Im Juni scheiterten die Gespräche mit Renault krachend. Jetzt macht FCA...

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RÜSSELSHEIM / PARIS. Fusionen gab es in der Autoindustrie schon einige. Fachleute erwarten, dass letztlich nur ein halbes Dutzend Adressen übrig bleiben wird, obwohl die Zahl der weltweit pro Jahr verkauften Fahrzeuge weiter steigt. Denn Autobauer stehen unter Druck, weil sie riesige Beträge in autonome Autos und Elektromobilität investieren müssen. Insofern tut sich einiges. „Vor allem für die Massenhersteller führt kein Weg an Fusionen vorbei, wenn sie den Kampf ums Überleben gegen die Technologiegiganten nicht verlieren wollen“, so Dieter Becker von der Unternehmensberatung KPMG mit Blick auf Google und Apple.

Fast schon vergessen ist, dass BMW kräftig Lehrgeld bezahlen musste bei Rover. Oder sich Daimlers „Hochzeit im Himmel“ mit Chrysler als milliardenschwerer Sanierungsfall entpuppte. Chrysler war andererseits danach für ein Zehntel des Kaufpreises die Rettung für den Fiat-Konzern. Doch hier wird jetzt erneut eine helfende Hand benötigt. Denn FCA hatte unter der Führung des mittlerweile verstorbenen Autobosses Sergio Marchionne auf große Investitionen in Elektroantriebe verzichtet. Derzeit ist der Konzern vor allem mit den Marken Jeep und Ram in den USA erfolgreich. Das hilft in Europa aber nicht beim Einhalten von CO2-Zielen ab 2021.

„Bei Fiat wäre eine harte Sanierung zu erwarten“

Eine mögliche Fusion von FCA mit der Opel-Mutter PSA bietet nach Ansicht des Experten Stefan Bratzel viele Chancen. PSA könnte so auf dem US-Markt Fuß fassen, sagte der Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach. Auch auf dem europäischen Markt würde der PSA-Marktanteil mit Fiat weiter wachsen, erklärte Bratzel. Weitere Skaleneffekte im Einkauf seien zu erwarten, wenn künftig auch Fiat-Autos auf Plattformen des PSA-Konzerns stünden. Ähnlich wie nach der Übernahme der früheren General-Motors-Tochter Opel wäre bei Fiat aber eine harte Sanierung zu erwarten. „PSA-Chef Carlos Tavares macht das, was notwendig ist. Er ist sich auch nicht zu fein, die Brechstange auszupacken“, so Bratzel weiter. Dies sei allerdings nur möglich, wenn der Pariser Konzern die Führung im neuen Unternehmen übernehmen könnte. Eine Fusion unter Gleichen funktioniere nicht, erklärte der Wissenschaftler. Gemeinsame Plattformen, Werkschließungen oder das mögliche Ende von „Zombie-Marken“ wie Lancia seien sonst nicht durchsetzbar.

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Geplant ist deshalb offenbar, dass Tavares den Konzern als Vorstandsvorsitzender leitet, FCA-Verwaltungsratschef John Elkann – Enkel des früheren Fiat-Lenkers Giovanni Agnelli – würde diese Funktion auch im neuen Unternehmen behalten.

Der französische Staat dringt freilich darauf, dass die industrielle Präsenz von PSA gewahrt bleibt, berichteten Kreise des Wirtschafts- und Finanzministeriums. PSA hat in Frankreich zahlreiche Fabriken. Der Staat hält über eine Förderbank 12,23 Prozent der Anteile von PSA. Weitere große Anteilseigner sind die Peugeot-Familie und der chinesische Hersteller Dongfeng. Für Opel wäre die Heirat der Mutter PSA mit FCA aber „eine Katastrophe“, sagt indes Professor Ferdinand Dudenhöffer. Opel sei der Verlierer des Ganzen. Ein FCA-Kauf sei nur eine Verlegenheitslösung. Denn in den USA machten SUV und Pick-ups 70 Prozent des Marktes aus. Peugeot und Opel hätten da nichts zu bieten. 2018 wurden in den USA nur 15 521 Fiat verkauft (Marktanteil 0,1 Prozent), aber knapp eine Million Jeep-Modelle (5,6 Prozent).

Von Achim Preu und Christian Böhmer