Am Sonntag einkaufen gehen, ja, aber nur, wenn es eine andere Veranstaltung, ein Fest drumherum gibt, das Tradition hat. Ein Fest also, das es alleine schaffen würde, mehr...
WORMS . Am Sonntag einkaufen gehen, ja, aber nur, wenn es eine andere Veranstaltung, ein Fest drumherum gibt, das Tradition hat. Ein Fest also, das es alleine schaffen würde, mehr Menschen in die Stadt zu locken, auch wenn es kein Feiertagsshopping gäbe. Das haben die Richter des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig den Wormsern ins Stammbuch geschrieben und sich dabei auf den dritten verkaufsoffenen Sonntag im Jahr 2013 bezogen – der habe nämlich ohne „Sachgrund“ stattgefunden, hielten die Richter fest. Die Verordnung der Stadt, die diesen Shopping-Sonntag ermöglicht hatte, sei rechtswidrig gewesen.
Das Urteil war ergangen, weil die Gewerkschaft Verdi bis zur letzten Instanz geklagt hatte: „Das ist ein guter Tag für den Sonntagsschutz“, sagte Stefanie Nutzenberger, Mitglied des Bundesvorstands der Gewerkschaft. Das Gericht habe bestätigt, dass für jede Sonntagsöffnung ein hinreichender Anlass existieren müsse. „Ökonomische Interessen der Händler oder das Interesse, einkaufen zu gehen, reichen alleine nicht aus“. Der Sonntagsschutz sei ein hohes gesellschaftliches Gut.
Propst begrüßt Entscheidung
Auch Tobias Schäfer, Propst am Dom, ist dieser Auffassung: „Auch in einer zunehmend säkularen Gesellschaft, in der der Leistungsdruck immer mehr zunimmt und in der Wachstum und Fortschritt vor allem an der ökonomischen Entwicklung gemessen werden, hat der gemeinsame arbeitsfreie Tag eine wichtige gesellschaftliche Funktion: Er stärkt das Zusammenleben, schafft Raum für zweckfreie Begegnung und macht bewusst, dass es auch andere Werte gibt als Arbeit und Leistung“. Genau aus diesem Grund schütze das Grundgesetz auch den Sonntag besonders. Als Vertreter der katholischen Kirche, die wie die evangelische immer gegen Sonntagsöffnung war, so Schäfer, begrüße er daher sehr diese klare richterliche Entscheidung, weil sie die Bedeutung des Sonntags und seinen elementaren Werten deutlich unterstreiche.
Bei den Geschäftsleuten kam der Gerichtsentscheid nicht ganz so gut an: „Ich habe dafür wenig Verständnis“, so der Geschäftsführer des Stadtmarketingvereins, Kai Hornuf. Vier Shopping-Sonntage könnten in Rheinland-Pfalz stattfinden, jeder wolle eine attraktive Innenstadt, „deshalb werden die Einzelhändler nun nach einer Lösung für Worms suchen“. Am Montag trifft sich der Einzelhandelsbeirat, um auch über das Gerichtsurteil zu sprechen.
"Neuen Bedingungen anpassen"
Jens Buschbacher, Centermanager der Kaiser Passage, war sich sicher, dass Worms auch künftig drei, wenn nicht gar vier verkaufsoffene Sonntage anbieten werde: „Wenn die Einbringung in eine Traditionsveranstaltung gefordert ist – davon hat Worms ja genug: Backfischfest, Nibelungen-Festspiele oder auch Jazz & Joy“. Der Einzelhandel sei schon immer flexibel und offen für Neues gewesen, „das muss er auch, um fortbestehen zu können“. Er könne auch die Argumente etwa der Kirchen nachvollziehen, „aber was letztlich zählt, sind die Tüten und Füße der Besucher“. Man dürfe nicht stehen bleiben, müsse sich neuen Bedingungen anpassen: „Das sollten auch Gewerkschaften tun“.
Bürgermeister Hans-Joachim Kosubek verwies darauf, dass nach diesem Urteil die Stadt künftig bei Beantragung eines solchen Sonntags von den Antragstellern „erheblich mehr Begründungen einfordern“ wolle. Für einen dritten verkaufsoffenen Sonntag 2017 habe es noch keinen Antrag gegeben. Für die beiden langjährigen bei „Worms blüht auf“ oder dem Mantelsonntag sehe er keine Probleme betreffend einer „Anlassveranstaltung“. Nach den Ausführungen der Richter erachte er einen dritten Shopping-Sonntag im Advent als gestorben, „es sei denn, es ist einer schon im November während des Weihnachtsmarktes möglich“.