Der Prime Day am 16. und 17. Juli mit vielen Sonderaktionen ließ bei Amazon wieder mal ordentlich die Kassen klingeln. Am Anfang gab es zwar technische Pannen, am Ende der 36...
. Der Prime Day am 16. und 17. Juli mit vielen Sonderaktionen ließ bei Amazon wieder mal ordentlich die Kassen klingeln. Am Anfang gab es zwar technische Pannen, am Ende der 36 Stunden stand bei dem Internet-Kaufhaus aus den USA aber ein Umsatz von 3,4 Milliarden US-Dollar (2,9 Milliarden Euro) zu Buche, schätzen Analysten. Das ist eine Milliarde Dollar mehr als 2017. Die Paketflut, die durch Deutschland rauscht, ist nach solchen Tagen noch um einiges größer.
2017 wurden nach Angaben des Bundesverbands Paket- und Expresslogistik 3,3 Milliarden Sendungen verarbeitet. Das ist fast doppelt so viel wie zur Jahrtausendwende. Bis 2025 rechnet der Verband mit einer erneuten Verdopplung der Sendungen. Die Paketflut bringt die Zustellunternehmen und ihre Mitarbeiter an ihre Grenzen. Und manchmal darüber hinaus. Doch trotz aller Mühe und Plage wird man sich bei der Post-Tochter DHL oder bei Hermes wohl in nicht allzu ferner Zukunft die alten Zeiten zurückwünschen. Denn wenn es an der Haustür klingelt, bekommen Prime-Kunden des Konzerns ihre Pakete oder Päckchen immer öfter von Zustellern überreicht, auf deren Autos das Amazon-Logo prangt. Das Online-Warenhaus baut Schritt für Schritt seine eigene Zulieferung an die Kundschaft auf. Nicht durch eigene Angestellte, sondern durch kleine Lieferdienste, die von Amazon beauftragt werden.
Das Wort „Konkurrent“ will keiner der Beteiligten in den Mund nehmen. Zu eng ist die Zusammenarbeit, zu stark ist man aufeinander angewiesen. Auch bei den vielen Millionen Retouren. „Amazon ist für uns kein Konkurrent, sondern ein geschätzter Großkunde“, betont zum Beispiel Hermes. Auch Amazon hebt hervor, dass man mit dem neuen Engagement DHL und Co. nicht angreifen wolle. Der Konzern arbeite mit seinen Partnern schon seit vielen Jahren intensiv und gut zusammen, und das werde auch in Zukunft so bleiben, sagt ein Sprecher. „Aber wir sehen die Wachstumsraten unseres Geschäfts. Und wir sehen, dass die Kapazitäten unserer Partner nicht so schnell mitgewachsen sind.“ Vor allem für die Zustellung am Tag der Bestellung. Ein Service, den die Kunden immer häufiger wünschten.
Aber offenbar ist das nur die halbe Wahrheit. 154 Millionen Pakete werde Amazon 2022 in Deutschland wohl selbst verteilen, zitiert das „Handelsblatt“ aus einer internen Präsentation der Post. Für DHL blieben noch 360 Millionen Pakete. Bei 17,6 Prozent soll demnach der Amazon-Anteil am DHL-Paketaufkommen liegen. Die Post-Tochter macht dazu keine Angaben und wiegelt ab: Am Gesamtumsatz des Konzerns habe Amazon einen Anteil von weniger als zwei Prozent. Bei Hermes macht Amazon nach eigenen Angaben 20 Prozent des Sendungsvolumens aus. Ein Drittel entfällt auf die Konzernmutter Otto Group.
Dennoch stehen DHL und Hermes mächtig unter Druck – auch weil Großkunde Amazon die Preise drückt und hohe Rabatte einfordert. DHL schockte die Börse Anfang Mai mit einer Gewinnwarnung, der Kurs der Postaktie sackte in den folgenden Wochen um ein Viertel ab. Der für DHL verantwortliche Post-Vorstand Jürgen Gerdes musste gehen. Kurz danach erwischte es auch Hermes-Deutschlandchef Frank Rausch.
Mit sieben Verteilzentren mischt Amazon die Paketverteilung auf. Seit Oktober 2017 schwärmen vom Verteilzentrum Raunheim sieben kleine Lieferdienste in die Region aus. In die Räume Frankfurt und Offenbach bis hinunter nach Egelsbach und Erzhausen. Aber auch nach Wiesbaden, in den Rheingau-Taunus- und Main-Taunus-Kreis, bis über den Rhein nach Rheinhessen.