Rehberg: Geschwindigkeit ist der Schlüssel

Duell zweier Tempospieler: Dortmunds Achraf Hakimi (links) gegen Bayerns Kingsley Coman.  Foto: dpa

Um das Spiel zu beschleunigen, gibt es ganz verschiedene Ansätze. Welche davon wir im Topspiel zwischen Borussia Dortmund und Bayern München sehen werden, erklärt Reinhard Rehberg.

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. Geschwindigkeit gewinnt im Fußball immer mehr an Bedeutung. Und das gilt für nahezu alle Positionen. Mannschaften, die krass unterbesetzt sind mit Tempospielern, haben in der Bundesliga nachhaltig Probleme. Nur drei Beispiele: Schalke 04, Werder Bremen und Eintracht Frankfurt. Diesen Teams fehlen im Mittelfeldzentrum und in der vordersten Reihe noch mehr dynamische Profile, die schnell, leichtfüßig Gegenspieler stellen, Lücken zulaufen, mit und ohne Ball zügig Raum überwinden.

Die Top-Fünf in der Liga dagegen haben neben vielen besonderen Qualitäten eine gemeinsame Stärke: Tempo, Tempo und noch mal Tempo. Da stehen Sprinter in der Startelf. Da stehen Spieler auf dem Feld, die vielleicht nur normal schnell sind, die aber die Fähigkeit haben, die Kugel zu beschleunigen. Da geht es dann auch um Entscheidungsschnelligkeit, um Handlungsschnelligkeit, um das technische Vermögen, mit extrem kurzen Ballkontaktzeiten eine präzise und flotte Raumüberwindung zu organisieren. Und da im Fußball nur das zählt, was am Ende oben auf der Anzeigentafel steht: Die Sprinter in München, Dortmund, Leipzig, Leverkusen und Gladbach machen auch Tore.

Bayern und Dortmund machen Tempotore - aber anders

Mit Grundordnung und Spielweise hat die Mobilisierung von Tempo nur bedingt zu tun. Es gibt über das individuelle Schnelligkeitspotenzial hinaus ganz unterschiedliche Ansätze, als Mannschaft Geschwindigkeit zu generieren. Wir werden das im Bundesliga-Spitzenspiel beobachten. Borussia Dortmund und Bayern München machen Tempotore. Auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Der BVB kommt immer näher heran an die Denkweise von Lucien Favre. Die Basis ist die hervorragend organisierte Defensive, der Schwerpunkt liegt dabei auf dem verdichteten Zentrum. Nach der Balleroberung zündet der Umschaltimpuls. Dann will der Trainer sehen: Kürzeste Ballkontaktzeiten, chirurgisch präzises Direktspiel, Sprintbewegung auf allen fünf Bahnen, abgestimmte und zielstrebige Laufwege. Ein eleganter Überfall im D-Zug-Tempo. Von Strafraum zu Strafraum binnen ein paar Sekunden. Ein-Kontakt-Fußball: Den Ball klatschen lassen, klatschen lassen und noch mal klatschen lassen - aus der Tiefe in die Tiefe.

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Der FC Bayern unter Hansi Flick lebt in seiner Geschwindigkeitsentwicklung vom sicheren Passvortrag, von den flexiblen Bewegungen auf den einzelnen Offensivpositionen, von den Umschaltimpulsen nach hohem Gegenpressing. Der FC Bayern ist derzeit in der Bundesliga das einzige Team, das über ein geduldig-dominantes Kombinationsspiel nahezu aus dem Stand im Angriffsdrittel Temposteigerungen aktivieren kann. Wenn in der vorderen Reihe ständig die Positionen getauscht, Lücken angesprintet, Passoptionen in die Tiefe erarbeitet werden.

Blick auf Bayer Leverkusen, RB Leipzig und Borussia Mönchengladbach

Erling Haaland, Julian Brandt, Thorgan Hazard und Jadon Sancho gegen Robert Lewandowski, Thomas Müller, Serge Gnabry und Kingsley Coman. Beide Mannschaften haben die idealen Typen in der Offensive für den jeweils favorisierten Stil. Kreatives Freilaufverhalten, Ballsicherheit, Sprint, Dribbling, Kombinationssicherheit, Torgefahr.

RB Leipzig baut auf das aggressivste Pressingverhalten in der Liga. Hohe Balleroberungen, kurze, extrem direkte Wege zum Tor. Pressing mit Vollgas, Gegenzug mit Vollgas. Bayer Leverkusen und Borussia Mönchengladbach arbeiten mit unterschiedlichen Pressinghöhen und Pressingzonen als Basis für die offensiven Umschaltüberfälle. Bei Bayer 04 zeigt sich gerade, dass das Toptalent Kai Havertz selbst als „Not-Mittelstürmer“ einsetzbar ist: Weil der 20-Jährige nicht nur technisch top ist – er ist auch antrittsschnell, leichtfüßig, gedanklich schnell, handlungsschnell, flexibel im Abschluss.