Warn-SMS fürs Handy: Cell Broadcast offiziell in Betrieb

Eine Probewarnung, die über Cell Broadcasting versandt wurde, als Push-Nachricht auf einem Smartphone.

Bei Gefahren soll das Warnsystem Cell Broadcast Handynutzer alarmieren. Eine App muss dafür nicht installiert werden. Am Warntag wurde das System getestet, nun ist es aktiv.

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Bonn. Es ist ein schriller Ton, der Leben retten könnte: Das Warnsystem Cell Broadcast steht seit Donnerstag nach Auskunft der Handynetzbetreiber bundesweit zur Verfügung. Man sei bereit, hieß es von Vodafone, Telefónica (O2) und von der Deutschen Telekom. „Kein anderes System erreicht im Notfall so viele Menschen in einem Gefährdungsgebiet“, sagte Telefónica-Deutschlandchef Markus Haas.

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) teilte mit, es sei „ein weiterer wichtiger Schritt zur Stärkung des Bevölkerungsschutzes erreicht“. Bei Cell Broadcast erhalten Handys einen Warntext, und es gibt einen lauten Ton. Das soll auf drohende Katastrophen hinweisen. Am bundesweiten Warntag im Dezember war das System erstmals getestet worden.

Einführung nach Flutkatastrophe im Ahrtal

Bei dem System werden Nachrichten wie Rundfunksignale an alle kompatiblen Geräte geschickt, die in einer Funkzelle eingebucht sind, daher der Name „Cell Broadcast“. Es soll die vorhandenen Warnmittel ergänzen. Gewarnt wird zum Beispiel vor einem Großbrand oder vor Hochwasser. Anlass für die Einführung von Cell Broadcast in Deutschland war die Unwetterkatastrophe in NRW und Rheinland-Pfalz im Sommer 2021 mit mehr als 180 Toten. In anderen Ländern wird das System schon lange genutzt.

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Es ist eine Ergänzung anderer Warnkanäle, zum Beispiel Radiodurchsagen oder Sirenen an Gebäuden. Bei Cell Broadcast muss keine App installiert werden, wie dies bei den Warnhinweisen von Nina oder Katwarn der Fall ist.

Hilfreich an Cell Broadcast ist, dass ein Handy auch dann laut schrillt, wenn es auf stumm geschaltet ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand den Hinweis auf drohendes Unheil einfach nicht mitbekommt, wird dadurch wesentlich verringert. Ist das Handy hingegen im Flugmodus, etwa wenn jemand schläft und nicht gestört werden will, so bleibt es stumm und bekommt auch keine Nachricht.

Positive Bewertungen des Systems

Die Netzbetreiber waren verpflichtet, das Warnsystem bis zum 23. Februar zu implementieren und überall in Deutschland zu ermöglichen – diese Frist haben sie nach eigenen Angaben nun eingehalten. Den Test am bundesweiten Warntag Anfang Dezember bewerteten die Telekommunikationsfirmen den Test als insgesamt erfolgreich, dabei hatten viele Nutzer keine Mitteilung erhalten. Die Telekom hatte im Nachgang gegenüber der VRM Probleme eingeräumt.

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In diesem Jahr führten die Netzbetreiber weitere Tests durch. Es seien Ergebnisse gesammelt und Optimierungen vorgenommen worden, sagte ein Telekom-Sprecher. Die Kosten für den Betrieb bekommen die Betreiber vom Staat zurück. Ausgelöst werden die Warnmeldungen von den für Katastrophenfälle zuständigen Landesbehörden.

Nicht alle Mobiltelefone können Warnungen empfangen

Tatsache ist, dass längst nicht alle Handys, die in einer Funkzelle eingebucht sind, erreicht werden. Ältere Modelle, die vor allem Senioren noch bei sich haben, bleiben außen vor, nur Smartphones sind gemeint. Und auch die nur, wenn sie neue Software-Updates haben. Nach Angaben von Vodafone sind circa drei Viertel der Mobilfunkgeräte in der Lage, Cell Broadcast zu empfangen. Im Umkehrschluss heißt das: Ein Viertel fällt durchs Raster. Wichtig ist, dass Handynutzer immer das aktuelle Betriebssystem installiert haben.

Sehen Sie hier im Video: Probleme mit Cell Broadcast am bundesweiten Warntag im Dezember:

Vodafone hat die Gerätehersteller aufgefordert, das Speichern und erneute Anzeigen von Warnmeldungen zu verbessern. Bei dem Warntag im Dezember hatten einige Verbraucher die Nachricht zunächst weggeklickt und fanden sie später, als sie sie lesen wollten, nur schwer wieder. Die Hersteller hätten zugesichert, dies durch Anpassungen im Menü zu verbessern, hieß es von Vodafone.

Wo der Test von Cell Broadcast am bundesweiten Warntag erfolgreich war, erschien um 11 Uhr eine Warnung auf dem Smartphone.
Wo der Test von Cell Broadcast am bundesweiten Warntag erfolgreich war, erschien um 11 Uhr eine Warnung auf dem Smartphone. (© Vanessa Felix Arroja)

Auch Politiker bewerten das Thema positiv. „Cell Broadcast bringt einen großen Zusatznutzen bei kleinen Kosten“, sagte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Maik Außendorf. Er bemängelt allerdings, dass das System erst jetzt in Deutschland eingeführt worden sei. „Andere EU-Staaten waren da viel schneller: Cell Broadcast hätte viel früher in Deutschland implementiert werden müssen.“ Wichtig sei, dass das System sicher sei gegen Missbrauch. „Sollte das System gehackt werden und eine fremde Macht irreführende Mitteilungen verschicken, könnte das Deutschland in Krisensituationen destabilisieren.“ Derzeit sei so ein Missbrauch zum Glück nicht abzusehen.