Kleine Schwester, große Vertraute: UFA-Chef und...

Nico und Simone Hofmann. Foto: hbz / Jörg Henkel

Filmproduzent Nico Hofmann und Radiojournalistin Simone Hofmann gehen jedes Jahr auf Kreuzfahrt. Mit ihr redet der UFA-Boss über alles, auch über das, was er in seinem Leben...

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REGION. Wenn er fotografiert wird, hält er oft Iris Berben, Veronica Ferres oder Maria Furtwängler im Arm. Rote-Teppich-Fotos. Nun posiert Nico Hofmann (58) am Mainzer Rheinufer, wo er zum Auftakt der Wormser „Nibelungen-Festspiele“ im „Hyatt“ logiert, mit seiner drei Jahre jüngeren Schwester Simone. Sehr vertraut und sehr echt sieht das aus. „Die Beziehung zu Simone hat sich in den letzten Jahren intensiviert“, sagt Deutschlands wohl erfolgreichster Filmproduzent. Seine Schwester, die Nachrichtenredakteurin, ergänzt: „Wir sehen uns gar nicht so oft. Aber wir haben eine besonders intensive Zeit pro Jahr. Dann fahren wir zusammen in Urlaub, im Frühjahr, wenn hier schlechtes Wetter ist.“

Die Geschwister in Australien.
Die Geschwister in Rom.
Simone und Nico Hofmann zu Hause in Mannheim.
Nico Hofmann (11) bei Dreharbeiten zu seinem ersten Kinofilm „Kapitän Frisell operiert“.
Erste Pressekonferenz von Nico Hofmann (3.v.l.) bei der Präsentation seines Films „Kapitän Frisell operiert“auf der Mannheimer Filmwoche 1975.
Ulla Hofmann im Jahr 1965 mit den Kindern Simone und Nico. Die Mutter war erst Redakteurin bei der „Rheinpfalz“, dann 25 Jahre lang Wirtschaftskorrespondentin der FAZ.

Zuletzt drei Wochen durch Asien. Immer nur die beiden Geschwister, immer auf einem Kreuzfahrtschiff. Und immer in einer Kabine. Da muss man einander aushalten können. Seine Schwester sei für ihn „eine Art Heimathafen“, bleibt Nico Hofmann im Bild. Als SWR-Radiojournalistin lebt sie in Baden-Baden, eine Autostunde von Mannheim-Lindenhof entfernt, wo die beiden aufgewachsen sind. Dagegen hat Nico Hofmann seinen Hauptwohnsitz am Berliner Wannsee – in Wirklichkeit aber ist er auf der ganzen Welt zuhause. „Ich fühle mich auch in einem Lufthansa-Flieger daheim“, gesteht der Chef der UFA GmbH. Da ist es gut, eine Schwester zu haben, die auf dem sprichwörtlichen Boden geblieben ist. „Simone erdet mich. Die meiste Energie beziehe ich aus unseren ganz unterschiedlichen Lebensmodellen“, sagt der Bruder.

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Heute lebt der fast 94-jährige Vater bei ihr

Als berufstätige Mutter zog Simone Hofmann ihre drei Töchter nach einer Scheidung allein groß. Seit fünf Jahren wohnt ihr fast 94-jähriger Vater bei ihr. „Dafür bin ich ihr sehr dankbar. Er würde nicht mehr leben, wenn er nicht bei ihr sein könnte“, betont Nico Hofmann.

Simone, die Papa-Tochter, Nico, der Mutter-Sohn. Die Eltern hatten sich getrennt, als Simone, die Jüngere, gerade mal sieben Jahre alt war. „Der Vater war über viele Jahre nicht vorhanden, nun habe ich ihn wieder”, sagt sie dazu. Anfang der 1970er Jahre blieben die Geschwister bei der Mutter, die es als erste Frau in die Wirtschaftsredaktion der FAZ geschafft hatte. „Nach heutigem Verständnis war sie eine Feministin“, sagt Nico Hofmann voller Bewunderung über die resolute Ulla Hofmann. Gleichwohl war es für ihn – als nunmehr einziger Mann im Haus – schwer, sich von dieser Mutter zu emanzipieren. Sehr emotional sei es gewesen, als er mit Anfang 20 zum Studium nach München ging, „da es zuvor sehr symbiotisch war“, erzählt er.

Seine jüngere Schwester nabelte sich leichter ab: „Ich habe mich schon mit 16 aus dem Elternhaus verabschiedet, bin mit 18 ausgezogen und habe mich eigenständig durchgewurstelt.“ Heute ist er in der Öffentlichkeit der Star – ihre Stimme kennen die Hörer des Kulturradios SWR 2. „Ich bewundere seine unglaubliche Kreativität und auch die Kunst, die großen Massen einzufangen. Das ist eine tolle Gabe“, meint Simone Hofmann. Er sagt, nach seinem Privatleben befragt, über das so wenig bekannt ist, er habe keine Beziehung: „Ich habe den Beruf über das Privatleben gestellt. Je älter ich werde, umso kritischer sehe ich das.“ In jedem Fall geht es im nächsten Jahr in die Antarktis. Per Schiff. In einer Kabine mit Schwester Simone.

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Das Interview: „Es kommt nicht von ungefähr, dass wir allein leben“

Herr Hofmann, wie war es als der Erstgeborene, eine kleine Schwester zu bekommen? Nico Hofmann: Ich hatte erst ein ziemliches Konkurrenzdenken und war häufiger böse mit ihr. Das hat sich nach der Scheidung unserer Eltern geändert, da waren wir oft mit unserer Mutter in Österreich und auch in Südfrankreich im Urlaub. Das habe ich als unheimlich harmonisch in Erinnerung. Wir waren da sehr eng miteinander.

Frau Hofmann, Ihr Bruder hat seine Filmkarriere früh gestartet, indem er bereits im Alter von elf Jahren als Regisseur mit Schulfreunden den Kinderfilm „Kapitän Frisell operiert“ drehte. Durften Sie mitspielen? Simone Hofmann: Ich habe mitgemacht... Nico Hofmann: ... Du warst noch viel zu klein! Simone Hofmann: Doch, ich bin irgendwann mal durch das Bild gelaufen. Später habe ich mit meiner Freundin die Flugblätter verteilt, als Werbung für die Kinoaufführungen in unserer Garage.

Wer waren die Kino- und Fernsehstars Ihrer Kindheit? Simone Hofmann: Wir waren echte Freaks, was Saturday Night Fever angeht. John Travolta und die Bee Gees, das konnten wir supergut nachtanzen. Nico Hofmann: Wir haben erst relativ spät einen Fernseher bekommen, der hat bei der Oma gestanden, und deshalb haben wir relativ wenig fern gesehen. An was ich mich gut erinnere, ist „Wünsch dir was“ mit Dietmar Schönherr und Vivi Bach. Die Qualität dieser Sendung hat mich in ihrer Innovation und modernen Ausrichtung geprägt.

Frau Hofmann, heute sind Sie Nachrichtenredakteurin, als junge Frau haben Sie jahrelang als Statistin im Mannheimer Nationaltheater mitgewirkt. Warum sind Sie nicht Schauspielerin geworden? Simone Hofmann: Dazu hat es nicht gereicht. Ich hatte mich bei mehreren Schauspielschulen beworben und bin nicht genommen worden. Inzwischen bin ich überzeugt, dass mir der letzte Biss gefehlt hat. Heute denke ich mir: Ich wäre unheimlich gerne Opernsängerin geworden. Aber als Radiomoderatorin hören mir ja auch viele Leute zu.

Ihre Schwester spricht als Nachrichtenmoderatorin lupenreines Hochdeutsch. Sie haben das kurpfälzische Idiom beibehalten – als Heimatgefühl im Lufthansa-Flieger? Nico Hofmann: Ich könnte auch anders, aber ich will nicht mehr. Es ist wie bei Boris Becker, diesen Dialekt kriegt man unheimlich schwer weg. Und wenn man immer wieder in der Gegend ist, kommt er auch wieder. Ich mag die ganze Region ja sehr. Deshalb fühle ich mich auch in Worms so wohl. Und wenn ich in Worms bis morgens um halb vier Uhr probe, dann verfalle ich bei den Bühnenarbeitern in Mannheimer Slang – umso mehr, je größer mein Erregungszustand ist.

Sind Sie schnell auf die Palme zu bringen? Nico Hofmann: Ich wünsche mir manchmal mehr Lockerheit, aber das gilt für unsere ganze Familie. Gerade am Wochenende habe ich zu meiner Mutter gesagt, sie soll mal mehr locker lassen, nicht immer alles gleich bewerten.

Ihre Eltern waren bekannte Journalisten. Hat Sie das geprägt, vor prominenten Menschen keinen unnötigen Respekt zu haben? Nico Hofmann: Meine Mutter hatte als FAZ-Wirtschaftskorrespondentin mit allen BASF-Vorstandschefs zu tun. Mein Vater hat Helmut Kohl gut gekannt. Wir sind sehr früh zu Selbstbewusstsein erzogen worden, solchen Leuten auf Augenhöhe zu begegnen, aber auch zu einem großen Empfinden für Gerechtigkeit und Emanzipation. Meine Mutter, geschieden und voll berufstätig, war ja die komplette Ausnahme in unserer Nachbarschaft. Für mich als UFA-Chef ist es jetzt ein großes Thema, wie ich mehr Frauen in die Führungspositionen bringe. Dieses Thema hatte meine Mutter bereits vor 50 Jahren. Meine Schwester ist im Übrigen stellvertretende Beauftragte für Gleichstellung beim SWR.

Frau Hofmann, diskutieren Sie mit Ihrem Bruder über Politik? Simone Hofmann: Wir haben beide eine ausgeprägte liberale Grundhaltung. Als Nachrichtenredakteurin pflege ich Neutralität. Es geht ja darum, die unterschiedlichen Meinungen abzuwägen. Nico Hofmann: Das ist bei mit völlig anders. Je älter ich werde, umso weniger neutral bin ich, umso aktiver greife ich ein. Ich habe Wahlkampf in Berlin für den jetzigen Regierenden Bürgermeister Michael Müller gemacht, aber nicht für die SPD, sondern personenbezogen. Ich überlege auch, mich in einer Partei zu engagieren, um gegen die AfD einzutreten, weiß aber noch nicht, in welcher. Jedenfalls ist mir dieser verächtliche Politikstil zuwider, wie ihn US-Präsident Trump, aber auch mancher egomanische Politiker in Bayern pflegt. Wir leben in einer digitalisierten und damit auf Gemeinschaftlichkeit aufgebauten Welt. Politischer Egoismus führt zu einem Weltbild, das auf Dauer nicht lebbar sein wird.

Ihre Serie „Unsere Mütter, unsere Väter“ beschreibt die Traumatisierung der Generation Ihrer Eltern durch den Zweiten Weltkrieg. Mittlerweile wird diskutiert, welche Deformationen deren Kinder durch Erziehung davon getragen haben, unter anderem Perfektionismus und Bindungslosigkeit. Erkennen Sie sich wieder? Nico Hofmann: Ich bin für meine Generation total überzeugt, dass die direkten Auswirkungen unserer Erziehung fundamental mit den Erlebnissen meiner Eltern in Nazi-Deutschland und im Zweiten Weltkrieg zu tun haben. Auch dieser gehemmte Umgang mit Körperlichkeit, mit Sexualität, den wir in der Serie „Kudamm 56/59“ zum Thema gemacht habe, hat ja die Generation unserer Mütter erheblich eingeschränkt. Simone Hofmann: Garantiert haben unsere Eltern, vielleicht auch ganz unbewusst, an uns etwas weitergegeben. Das sind Nachwehen für etwas, für das sie und wir nichts können. Ich glaube, dass es nicht von ungefähr kommt, dass wir beide allein leben.

Herr Hofmann, in Ihrem Buch beschreiben Sie, wie Sie zu dem wurden, der Sie sind. Darüber, wie Sie jetzt leben, erfährt man nichts. Ist das Verschlusssache? Nico Hofmann: Sie können mein Leben ja minutiös nachverfolgen und täglich googeln. Dass ich nichts darüber sage, liegt daran, dass ich keine Beziehung habe. Wenn ich sie hätte, würde ich sie zeigen. Ich habe den Beruf über das Privatleben gestellt. Je älter ich werde, umso kritischer sehe ich das. Je älter man wird, ich werde bald 60, umso mehr verschieben sich die Dimensionen. Wenn Simone zurückblickt, bleiben drei tolle Töchter und ein erfülltes Berufsleben, bei mir bleibt nur ein erfolgreiches Berufsleben.

Was sind die Vorteile Ihrer Prominenz? Nico Hofmann: Gestern hat mich der Chef der führenden Eisdiele in Worms um 23.30 Uhr zum Cappuccino eingeladen. Das war klar ein Vorteil. Mir ist natürlich bewusst, dass sich beruflicher Erfolg schnell ändern kann. Ich habe in meiner Branche schon viele kommen und gehen sehen.

Frau Hofmann, was ist die größte Macke Ihres Bruders? Simone Hofmann: Mein Bruder neigt zum Übertreiben.

Und was verwundert Sie an Ihrer Schwester? Nico Hofmann: Meine Schwester pflegt im Gegensatz zu mir eine große Sparsamkeit. Dazu muss man sagen, dass wir in einer Welt ohne materielle Bezüge aufgewachsen sind. Der Vater meines Vaters war Kommunist. Mein Vater hatte nach seiner Scheidung keine Probleme, für 15 Jahre in einer 14 Quadratmeter großen Mansarde, ohne Alles zu hausen. Ich verdiene sehr gut, aber ich mache mir keine großen Gedanken darum.