Was erwarten Wählerinnen und Wähler von der nächsten Bundesregierung? Heute spricht die Informatik-Professorin Elisabeth Heinemann über Digitalisierung und Klimaschutz.
WORMS. Wie gehe ich mit Daten um? Wie funktioniert ein Algorithmus? Was ist Cybermobbing, wo fängt es an und was kann ich dagegen tun? Fragen, die mit digitaler Bildung beantwortet werden könnten – doch gerade die fehle oftmals, kritisiert Informatik-Professorin an der Hochschule Worms, Elisabeth Heinemann. „Ich erwarte von der neuen Regierung, dass sie versteht, dass Digitalisierung nicht einfach Künstliche Intelligenz, Bits, Bytes und Computer ist“, sagt sie. Digitalisierung sei ein kulturelles Thema, das eine „digital optimistische Haltung“, wie sie es ausdrückt, braucht. Damit meint die 52-Jährige: „Ich bejahe die Digitalisierung, aber bin gleichzeitig achtsam und beschäftige mich damit, was mit meinen Daten passiert“.
Achtsamkeit und Reflexion, die man nur durch digitale Bildung erreiche, die schon in der Schule anfangen könnte. „Es muss nicht jeder programmieren können, aber verstehen, was an Konzepten dahintersteht“, sagt sie. Das digitale Verständnis müsse ungeachtet des Bildungsstandes, des Alters und der Herkunft gelehrt werden, damit die Menschen sich souverän im Digitalen zurechtfinden – die Landespolitik, und im weitesten Sinne auch die Bundesregierung, muss dabei helfen.
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Digitalisierung und Nachhaltigkeit
Grundsätzlich findet Heinemann, dass Digitalisierung beim Bundeskanzler oder der Bundeskanzlerin Thema sein muss, „weil es eine Trägerdisziplin ist, die uns bei allen anderen Themen hilft“, sagt sie. Wie etwa in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz. Beide Themen beschäftigen sie beruflich wie auch privat. „Nachhaltigkeit und Digitalisierung ist etwas, was meine Forschung in den letzten Monaten sehr geprägt hat und weiterhin prägen wird“, sagt sie. Im Privaten nutzt sie ihr Smartphone bis der Akku wirklich am Ende ist und kauft sich nicht ständig die neuste Version. Doch auch sie wird bei in Plastik verpacktem Sushi schwach, gibt sie zu, dafür nutzt sie aber den wiederverwendbaren Sack für Obst und Gemüse. Nach dem Motto: Es muss nicht perfekt sein, aber es muss akzeptabel sein und die Vorteile müssen überwiegen, sagt sie. Heinemann unterstützt es sehr, dass ein Großteil der jungen Generation für den Klimaschutz und die damit einhergehende Nachhaltigkeit auf die Straße geht.
Sie hofft, dass die Corona-Krise für viele eine Lehre war, was digital möglich ist. „Es gibt keinen Grund, für eine halbstündige Konferenz neunzig Kilometer zu fahren“, sagt sie. Und so wird sie, trotz Vorfreude auf die Präsenzlehre, an einigen Tagen die Vorlesungen online halten und Elemente, wie ein Quiz zu Beginn der Vorlesung, beibehalten, die sie durch die Pandemie in ihre Lehre integriert hat. Denn in Zukunft werde die Jugend noch stärker im und mit dem Internet arbeiten – so zumindest ihre Hoffnung. Ohne einen besseren Internetausbau in ganz Deutschland geht das nicht. „Wir hinken wahnsinnig hinterher“, sagt sie. Dass man für eine Ausweisverlängerung noch immer aufs Amt gehen muss, wo sensible Daten teilweise noch mit dem Fax verschickt werden, ist für Heinemann unverständlich.
Deshalb sollten in der nächsten Bundesregierung die Ministerien mit Menschen besetzt werden, die Fachwissen im jeweiligen Bereich haben, wünscht Heinemann sich. Sie könne sich auch gut einen Quereinsteiger mit entsprechender Fachkenntnis vorstellen, sagt sie. Und welche Anforderungen stellt sie an den neuen Bundeskanzler oder die neue Bundeskanzlerin? „Souveränität im Auftreten und genug Fachkompetenz, um beurteilen zu können, was die Ministerien treiben“, sagt sie, „einen Büttenredner oder ein verhuschtes Mäuschen braucht es nicht“. Zudem wünscht sie sich jemanden, der gut kommunizieren kann und sich nicht leicht aus der Ruhe bringen lässt.
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Um die Digitalisierung voranzutreiben, müsse sich die Haltung der Menschen und auch der Bundesregierung ändern. „Man sollte der Digitalisierung eine Chance geben, denn es steckt vielleicht auch für die Skeptiker etwas drin, was am Ende des Tages nett ist. Und sei es nur, dass man die Ergebnisse der Champions-League auf dem Smartphone nachschauen kann.“ Doch es brauche auch die nötige Infrastruktur, Bildung und den Mut einen Schritt weiter zu gehen, findet Heinemann – und dabei müsse die Bundesregierung helfen.