Islam-Verbände bemühen gern die Justiz, wenn sie Kritiker mundtot machen wollen. Meinungsfreiheit landet so vor Gericht, schreibt Gastautorin Necla Kelek.
. Die Debatte um einen Islam in und für Deutschland findet in der Öffentlichkeit im Wesentlichen ohne die Vertreter der Islam-Verbände statt. Der Grund dafür ist, dass es zu den Auffassungen von deren Vertretern zählt, dass die Angelegenheiten ihrer Religion die „Ungläubigen“ nichts anginge. So leugnen sie oft Probleme und treten nur dann auf, wenn sie ihre Gruppenrechte oder „die Religionsfreiheit“ gefährdet sehen. Seit einigen Jahren nehmen sie auch gern die Hilfe von Gerichten in Anspruch, wenn sie meinen, ihre Lebensweise oder ihre vermeintlichen Rechte wie Kopftuchtragen, Beschneidung, Schächten seien in Gefahr.
So wird der Kampf gegen Kopftuchverbote immer wieder bis vor das Bundesverfassungsgericht getragen. Die Islamverbände in allen westlichen Ländern suchen aber auch dann den Weg vor das Gericht, wenn sie Kritiker mundtot machen wollen. „Djihad by court“, Krieg vor Gericht, nennt man diesen Kampf gegen die Meinungsfreiheit inzwischen. Auch der Islamverband der Ahmadiyya Muslim Jamaat (AMJ) – der sich für reformorientiert erklärt – hält die Klage für den richtigen Weg der Auseinandersetzung. Er hat mich verklagt, weil ich 2017 in einem Fünf-Minuten-Interview im Deutschlandfunk unwahre Behauptungen über ihn gemacht haben soll. Jetzt hat das Oberlandesgericht in Frankfurt in zweiter Instanz ein Urteil gefällt und mir zugestanden, dass ich den AMJ sehr wohl als „islamische Sekte“ beurteilen darf, „die den Islam wortwörtlich umgesetzt sehen will“, sich „inhaltlich nicht mit dem Koran – insbesondere den Gewaltstellen im Koran – auseinandersetzt“ und aus der man nicht ohne Weiteres „ein- und austreten“ könne. Auch sei die Meinung legitim, diese islamische Gemeinde sei „patriarchalisch und männerdominant“.
Meine Meinung muss ja niemand teilen, aber eine Meinungsäußerung vom Gericht verbieten zu lassen zeigt, wie wenig diese „Reformmuslime“ von einem freien Diskurs halten, den sie nicht dominieren.
Inzwischen haben sich eine Reihe von Ex-Ahmadiyya an mich gewandt, weil sie sich vor sozialem Mobbing durch die Ahmadiyya fürchten, wenn bekannt wird, dass sie die Gemeinschaft verlassen haben. Jedes Mitglied muss einen lebenslangen Treueeid auf den geistigen Führer des AMJ leisten. Sein Leben und der berufliche Werdegang seiner Kinder werden, so der Bericht eines Zeugen, von der Gemeinschaft eng kontrolliert. Wer sich dem entziehe, dem drohe die totale Ausgrenzung, der Verlust von Familie.
Die Ahmadiyya, die sich als Muslime bezeichnen und sich auf den Koran und die islamischen Überlieferungen beziehen, werden von anderen islamischen Schulen und Staaten als Ungläubige ausgegrenzt. Unter anderem, weil sie lehren, dass Jesus nicht am Kreuz, sondern viel später im Punjab gestorben ist und ihr Führer der Nachfolger des Messias sei.
So beanspruchen sie einen Opfer- und Verfolgtenstatus und missionieren in Deutschland. Der AMJ will 100 Moscheen bauen (etwa 50 gibt es bereits), propagiert eine strikte Geschlechterapartheid und macht doppelzüngig Politik. Während auf einer Konferenz über das Kopftuch in Frankfurt die Sprecherin der Ahmadiyya auf dem Podium diskutiert, protestieren ihre AMJ-Schwestern lautstark vor der Tür gegen das Anliegen der Veranstaltung. Reform ist beim AMJ nicht als Integration in eine westliche Gesellschaft zu verstehen, sondern steht für die geistige Rückkehr zu den Offenbarungen des Korans mit dem Ziel eines weltweiten Kalifats.
Der AMJ ist seit 1924 in Deutschland aktiv und kann anders als die übrigen Islamverbände Mitglieder (vornehmlich mit Migrationshintergrund aus Pakistan und Afghanistan) nachweisen. Er ist in Hessen und Hamburg als Körperschaft öffentlichen Rechts anerkannt. Er darf in staatlichen Schulen bei der Gestaltung des Religionsunterrichts mitwirken. Beides halte ich für einen Fehler. Ob der aktuelle Kalif in London, der AMJ-Vorsitzende in Deutschland, der Konvertit und Ex-Apo-Aktivist Abdullah Uwe Hans Peter Wagishauser, diesen Artikel als Debattenbeitrag sehen und das OLG-Urteil in Frankfurt akzeptieren wird oder ob der AMJ weiter gegen die Meinungsfreiheit klagt, werden Sie in dieser Zeitung erfahren.
Von Necla Kelek