Die Ampelregierung wollte für die Kommunalwahlen 2024 die Verfassung dahingehend ändern, dass auch 16- und 17-Jährige wählen dürfen. Das Vorhaben scheiterte aber an einer Partei.
MAINZ. Es gibt Karten, da ist Rheinland-Pfalz nach wie vor ein großer, weißer Fleck. Auf der Internetseite „Mach‘s ab 16“ ist eine solche Karte zu finden. Sie zeigt, welche Bundesländer erlauben, ab dem 16. Lebensjahr an politischen Wahlen teilzunehmen – und welche nicht.
Rheinland-Pfalz ist eines von fünf weiß eingefärbten Bundesländern, die grundsätzlich keine Wahlen ab 16 Jahren zulassen und stattdessen stoisch am Wahlalter von 18 Jahren festhalten. Ein Vorstoß der rheinland-pfälzischen Ampel-Koalition, dass Wahlalter auch hierzulande herabzusenken, ist in diesem Jahr gescheitert – am „Nein“ der CDU.
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Aus Regierungskreisen heißt es, dass die Ampel-Koalition im Juni das Gespräch mit der CDU gesucht habe, um eine entsprechende Verfassungsänderung herbeizuführen. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Sabine Bätzing-Lichtenthäler führt gegenüber dieser Zeitung aus: „In diesem Gespräch wurde uns durch CDU-Fraktionsvorsitzenden Christian Baldauf mitgeteilt, dass die CDU-Landtagsfraktion einer Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre zum jetzigen Zeitpunkt nicht zustimmt.“ Dementsprechend habe die CDU-Landtagsfraktion dann auch im Juli einem Parlamentsantrag der Koalition, der die Herabsetzung des Wahlalters zum Inhalt hatte, im Landtag nicht zugestimmt. Bätzing-Lichtenthäler sagt dazu: „Leider hat diese Haltung der CDU-Fraktion wohl zur Folge, dass 16- und 17-jährige junge Menschen in Rheinland-Pfalz bei den kommenden Kommunalwahlen im Frühjahr 2024 voraussichtlich nicht werden mitwählen können.“
Auch Grüne enttäuscht vom „Nein“ der CDU
Der Antrag der Regierungsfraktionen sah vor, das Wahlalter für Kommunalwahlen herabzusenken. Damit könnten junge Menschen unter anderem bei Ortsbürgermeisterwahlen mitbestimmen. Wie es in elf von 16 Bundesländern bereits der Fall ist. Neben Rheinland-Pfalz halten am grundsätzlichen Wahlalter ab 18 nur noch Hessen, Saarland, Bayern und Sachsen fest. Alles in den vergangenen Jahren unions-geführte Länder. In Hamburg, Bremen, Schleswig-Holstein und Brandenburg dürfen 16-Jährige sogar schon bei den Landtagswahlen mitwählen. Bätzing-Lichtenthäler sagt dazu: „Wir halten die 16- und 17-Jährigen reif für das kommunale Wahlrecht. Die Kommunalpolitik ist die politische Ebene, in der Politik am unmittelbarsten erfahrbar wird, sodass Entscheidungen in diesem Rahmen besonders für junge Menschen interessant und wichtig sind.“
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Auch Pia Schellhammer, parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, ist enttäuscht vom Veto der Christdemokraten. Schellhammer sagt: „Formelle Argumente kann die CDU also schon lange nicht mehr anführen. Das Argument, das Wahlrecht müsse an die formelle Volljährigkeit gebunden sein, ist völlig an den Haaren herbeigezogen, wie die Rechtsprechung zeigt. Andere Bereiche wie beispielsweise das Strafrecht kennen übrigens keine strikte Grenze.“ 2018 hatte das Bundesverwaltungsgericht das Wahlalter ab 16 Jahren bei Kommunalwahlen für verfassungsgemäß erklärt. Allerdings bräuchte es für eine Änderung der rheinland-pfälzischen Verfassung eine Zweidrittelmehrheit im Landtag – und die ist ohne Zuspruch durch die CDU nicht möglich.
Große Skepsis bei der CDU
Und was sagt die CDU? Ein Sprecher der Fraktion bestätigt, dass die Ampel-Fraktionen vor einigen Monaten an die Union herangetreten seien, um über eine Absenkung des Wahlalters bei Kommunalwahlen zu sprechen. Doch es konnte keine Einigung gefunden werden.
Aus der CDU heißt es dazu: „Bekannterweise sieht die CDU-Landtagsfraktion eine Absenkung des Wahlalters mit großer Skepsis. Aus unserer Sicht spricht sehr viel gegen eine Trennung von Wahlrecht und Volljährigkeit.“ Laut der CDU-Fraktion würde die Trennung letztlich bedeuten, „dass das Wahlrecht und damit ein fundamentales Bürgerrecht Personen zugestanden würde, die die Gesellschaft andererseits nicht für reif genug hält, alleine einen Vertrag abzuschließen, Auto zu fahren oder nach Mitternacht eine Disco zu besuchen“. Das Wahlrecht könne daher nicht losgelöst von anderen Rechten und Pflichten betrachtet werden.
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Sowohl die SPD als auch die Grünen kündigten bereits an, dass das Thema damit für die Regierung nicht erledigt sei. Bätzing-Lichtenthäler konkretisiert: „Wir lassen nicht locker. Wir werden weiterhin den Kolleginnen und Kollegen von der Opposition einen konstruktiven Austausch anbieten, um die klar überzeugenden Argumente von uns darzulegen.“