Hohes Verkehrsaufkommen: Autobahnkurve auf A643 wird noch lange bleiben
Vor genau drei Jahren kippte ein Pfeiler der Schiersteiner Brücke zur Seite. Acht Wochen lang wurde die wichtige Verbindung zwischen Mainz und Wiesbaden gesperrt. Auf den Autobahnen und Zubringern der Region herrschte Chaos. Und heute?
Von Markus Lachmann
Reporter Politikredaktion Mainz
Vorne im Bild ist die Brücke über die Rheingaustraße in Wiesbaden-Schierstein zu sehen, rechts die Ausfahrt zur Äppelallee von Bingen/Mainz kommend.
(Foto: Sascha Kopp)
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MAINZ - Vor genau drei Jahren kippte ein Pfeiler der Schiersteiner Brücke zur Seite. Acht Wochen lang wurde die wichtige Verbindung zwischen Mainz und Wiesbaden gesperrt. Auf den Autobahnen und Zubringern der Region herrschte Chaos. Und heute? Zumindest fließt der Verkehr wieder auf zwei mal zwei Spuren auf der A643 bei Mainz-Mombach – wenn auch in einer S-Kurve.
Verkehrsaufkommen steigt wieder
Auch wenn es ein bisschen wie in der Nordschleife am Nürburgring zugeht – aus der Kurve scheint bisher kaum ein Autofahrer geflogen zu sein. Die zuständige Autobahnpolizei in Heidesheim kann von weniger als einer Handvoll Unfällen an dieser neuralgischen Stelle berichten. Auch ein Blitzer, der am Anfang noch in Fahrtrichtung Wiesbaden aufgebaut war, ist wieder verschwunden. Tempo 40 ist erlaubt, die Autofahrer würden von sich aus langsamer werden, berichtet René Nauheimer, Chef der Autobahnpolizei.
Zudem sind die neue Schiersteiner Brücke und der rheinland-pfälzische Teil über eine Schwelle verbunden. Wer hier zu schnell fährt, macht ein wenig den Walter Röhrl – in Erinnerung an den früheren Rallyefahrer. Ein Indiz, dass die Autofahrer die neue Situation gut annehmen, sind die Zahlen der Polizei: Als es nur einspurig nach Wiesbaden ging, das war bis November, fuhren nur noch 50.000 Fahrzeuge in beiden Richtungen am Tag über die Schiersteiner Brücke. Jetzt sind es 75.000. Zum Vergleich: Bevor die Brücke am 10. Februar 2015 einkrachte, waren es 90.000 Fahrzeuge am Tag.
Abriss des Herzstücks
Wie geht es an der Nahtstelle auf der A643 bei Mainz-Mombach weiter? Wie der Landesbetrieb Mobilität mitteilt, ist das sogenannte Herzstück Ost zum Abbruch und Neubau ausgeschrieben. Die Submission, also Einreichung der Unterlagen durch die Bewerber, ist für Anfang März 2018 vorgesehen.
Laut LBM kann die Baumaßnahme erst begonnen werden, wenn die alte Schiersteiner Brücke abgerissen ist, wofür die Hessen zuständig sind. Baubeginn ist im Sommer 2018 geplant. Im Jahre 2020 soll die Maßnahme abgeschlossen sein.
Neubau in Hessen wächst und gedeiht
Während die neue Schiersteiner Brücke auf hessischer Seite wächst und gedeiht, sind in Rheinland-Pfalz noch nicht mal die Unterlagen eingereicht. Der Plan ist, die sechs Spuren, die voraussichtlich in drei bis vier Jahren aus Richtung Wiesbaden kommen, auf sechs Spuren auf rheinland-pfälzischer Seite weiterzuführen. Irgendwann. Vermutlich werden die Verkehrsminister lange, graue Bärte haben, bis es dazu kommt. Denn für den sechsspurigen Ausbau der Autobahn 643 auf rheinland-pfälzischer Seite ist noch kein Antrag der Mainzer Landesregierung erfolgt. Die Unterlagen werden weiter vorbereitet, teilte eine Sprecherin von Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) mit. Der Minister wartet auf eine Stellungnahme der EU-Kommission. Das dauert.
Wissings Vorgänger, Roger Lewentz, hatte seinerzeit angekündigt, man werde wohl 2016 den Antrag einreichen. Jetzt befinden wir uns im Jahr 2018. Einer, der die Debatte sehr gut kennt, ist der Mainzer CDU-Politiker Gerd Schreiner. Er stellt trocken fest: „Das Grundproblem ist nicht die EU, es sind auch nicht die Umweltverbände, sondern es ist der Streit in der Koalition.“ Die Unterstellung: Es seien die Grünen in der Landesregierung, die auf die Bremse träten. Tatsächlich hatte die Öko-Partei immer die 4+2-Variante favorisiert. Zwei Spuren in jede Fahrtrichtung, dazu die Nutzung der Standstreifen. Wenn das so weitergehe, sagt Schreiner sarkastisch, sei Hessen mit seinem Neubau fertig, bevor Rheinland-Pfalz überhaupt mit seiner Planung angefangen habe.
Bis heute keine Konsequenzen
Auch im Rechtsstreit zwischen der Baufirma Max Bögl und der Mainzer Landesregierung – sofern man überhaupt noch von Streit sprechen kann – gibt es keine Bewegung. Arbeiten dieser Firma hatten das Malheur an der Schiersteiner Brücke vor drei Jahren ausgelöst. Im Frühjahr 2015 hatten sie unter der Brücke bei Mainz kleine Bohrlöcher erstellt und in diese flüssigen Zementmörtel gepumpt. Doch statt der nötigen 260 Liter beförderte die Baufirma bis zu 8000 Liter in den Boden. Dadurch wurden die weicheren Schichten im Mainzer Sand ausgespült, es bildeten sich Hohlräume. Der sinkende Rheinpegel sorgte für den Rest. Im Gutachten eines Bodenexperten wurde ein „ungeeignetes Bohrverfahren“ attestiert. Konsequenzen bis heute: keine.
Gutachten folgten Gutachten, und wer im Hause Wissing nachhören will, erhält nur nichtssagende Auskünfte. Will man sich womöglich gegenseitig nicht wehtun, wie man es schon im Streit um den Flughafen Hahn mit der KPMG gemacht hatte? Der Schaden für das Land beläuft sich früheren Aussagen zufolge auf vier Millionen Euro.