Als Porsche ankündigte, Boxter und Cayman künftig mit Vierzylindermotoren anzubieten, ging ein Aufschrei durch die Fangemeinde. Ein Sportwagen aus Zuffenhausen mit nur vier...
STUTTGART. Als Porsche ankündigte, Boxter und Cayman künftig mit Vierzylindermotoren anzubieten, ging ein Aufschrei durch die Fangemeinde. Ein Sportwagen aus Zuffenhausen mit nur vier Kolben - das sei unsexy und eines Porsche nicht würdig, hieß es. Auch die Entscheidung, statt Saug- künftig Turbomotoren einzusetzen, wurde als geradezu frevlerischer Eingriff in die Porsche-DNA bewertet. Die VW-Tochter setzte sich mit einem genialen Schachzug durch. Sowohl dem Boxster als auch dem Cayman wurde im Namen die Ziffernfolge 718 vorangestellt. Die Zahl macht die beiden Modelle nicht nur zu Geschwistern, sondern verweist auch auf die große Motorsportgeschichte, die Porsche mit dem zwischen 1957 und 1962 gebauten 718 schrieb - einem Fahrzeug mit Vierzylinder.
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Der Unmut über die Vierzylinderpolitik der Zuffenhausener ist leiser geworden. Vielleicht haben die Kritiker inzwischen einen Blick ins Datenblatt des 718 Cayman geworfen. Den Neuen gibt es in zwei Ausführungen. Schon die, man wagt es kaum, das Wort zu schreiben, Basismotorisierung bringt es auf 220 kW/300 PS, wer sich den 718 Cayman S bestellt, kann die Leistung von 257 kW/350 PS auf die Straße bringen. Trotz des Verzichts auf zwei Zylinder sind das jeweils - unter anderem dank des Turbos - 18 kW/25 PS mehr als beim Vorgänger. Verzicht sieht anders aus...
Und klingt auch anders. Das biestige Röhren, mit dem sich der 718 Cayman S beim Anlassen meldet, hat so gar nichts vom eher unspektakulären Klang, für die die Alltagstriebwerke der Autoindustrie bekannt sind - die Soundingenieure haben hier ganze Arbeit geleistet. Gleichzeitig verspricht die beeindruckende Wortmeldung des Aggregats nichts, was es anschließend nicht halten würde. In 4,2 s spurtet der 718 Cayman S aus dem Stand auf 100 km/h - 0,5 s schneller als sein Sechszylinder-Vorgänger. Der "S-lose" kleine Bruder schafft den Sprint gar 0,7 s schneller als der alte Cayman - in 4,7 s ist die 100-km/h-Marke erreicht (jeweils mit Doppelkupplungsgetriebe PDK und Chrono-Paket).
Weniger ist mehr beim neuen 718 Cayman. Die bislang teilweise als "Einsteigerporsche" belächelten Modelle Cayman und Boxster haben nun ihren eigenen, durchaus attraktiven Charakter ausgeprägt und sind dabei, aus dem großen Schatten der 911er-Reihe herauszufahren. Dabei wird der Käufer, wenn er nicht gerade über eine Rennfahrerlizenz verfügt, in puncto Fahrdynamik gegenüber dem Porsche-Klassiker Carrera nichts vermissen. Das zeigte sich bei der Präsentation sowohl bei Fahrten auf der Rennstrecke als auch auf kurvenreichen Landstraßen.
Der günstige Cayman S kostet ab 51 623 Euro
Gleichzeitig nutzt Porsche die Familienzusammenführung von Cayman und Boxter, um analog zum 911er auch beim 718er das Preisgefüge zu sortieren. Wie bei den "großen Brüdern" ist nun auch beim 718er das Coupé, der Cayman, billiger als das Cabrio, der Boxster. Der Erstgenannte kostet ab 51 623 Euro (718 Cayman S ab 64 118 Euro), die offene Version des 718 ab 53 646 Euro.
Ein ärgerlicher Punkt darf an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben: Beim 718 Cayman S zeigt sich ein weiteres Mal, wie unsinnig der EU-Testzyklus ist. Der weist für den 718 Cayman S einen Wert von 7,3 l/100 km aus. Wir haben den Sportwagen einmal spaßeshalber sozusagen mit Samthandschuhen angefasst, sind nicht schneller als 120 km/h gefahren - und trotzdem stand am Ende eine "hohe Acht" vor dem Komma. Bei engagierter Fahrweise wurde es dann erwartungsgemäß zweistellig.