Mit den Erwartungen ist es so eine Sache. Das wissen wir spätestens seit dem VW-Skandal. Um die ständig steigenden Vorgaben der Konzernspitze zu erfüllen, wussten sich die...
. Es war die wohl pompöseste Weltpremiere, die jemals einem eher bescheidenen Kleinwagen zuteil wurde. Vor Hunderten von Motorjournalisten aus aller Welt präsentierte VW 1999 in Schweden ein vermeintliches Wunderwerk der Technik, mit dem das Auto einmal mehr neu erfunden zu sein schien: der Drei-Liter-Lupo. Mit einem Drittelmix-Verbrauch von 2,99 Litern war der Lupo 3L TDI das erste serienmäßig hergestellte Auto, dessen Verbrauch unter der magischen Drei-Liter-Marke blieb.
Aufsehenerregender Etappensieg
Ein seinerzeit aufsehenerregender Etappensieg im Rennen gegen die weltweite Konkurrenz und der Konzern scheute weder Kosten noch Mühe, um diesen Meilenstein in der Geschichte des Automobilbaus und sich selbst medial zu feiern. Angespornt von solcher Ingenieurskunst sollten und wollten dann aber auch die geladenen Medienvertreter nicht zurückstehen. In einem Wettstreit sollte derjenige unter ihnen ermittelt werden, der auf der ersten Testfahrt jener besagten Drei-Liter-Marke am nächsten kommt, und der Ergeiz der meisten Kollegen schien keine Grenzen zu kennen.
Eingeklappte Seitenspiegel
Nicht nur, dass bergab der Motor kurzerhand abgeschaltet und die Seitenspiegel eingeklappt wurden, um den Luftwiderstand zu verringern. Auch die Nutzung von Radio und Klimaanlage, die sich negativ auf den Verbrauch auswirken könnte, verbot sich von allein. Selbst der Einsatz des Scheibenwischers wurde trotz Regens so sparsam dosiert, dass nicht mehr als die notwendigste Sicht gewährleistet war. Das verblüffende Resultat: Der gefeierte Sieger blieb noch unter jener Rekordmarke, die auf dem hauseigenen Prüfstand erzielt worden war.
Pressemeldung am nächsten Tag
Nachdenklich wurden viele Kollegen erst, als VW tagsdrauf das Ergebnis jener außergewöhnlichen Wettfahrt in einer Pressemitteilung publik machte. Wer sollte jetzt noch Zweifel an den eigenen Testmethoden haben, wenn unabhängige Journalisten im ganz normalen Straßenverkehr die angegebenen Verbrauchswerte sogar noch unterboten? Da wirkt es im Nachhinein fast ein wenig tröstlich, dass der Lupo 3L TDI alles andere als ein Kassenschlager wurde.
Die berechtigte Frage, wie beeinflussbar jeder Einzelne von uns ist, stellt sich in dieser Branche stets auf Neue. Aber das ist schon wieder eine ganz andere Geschichte.