Premiere des e-tron: Audi will künftig "In-App-Käufe" anbieten

aus Im Auto Mobil

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Der e-tron, der in San Francisco seine Weltpremiere feierte, ist das erste Elektroauto von Audi. Er wird nicht das letzte sein. Foto: Audi

Was für ein Ereignis! Beleuchtete Drohnen bilden die vier Audi-Ringe im Himmel über Kalifornien nach, 1600 Gäste werden mit einem nostalgischen Schaufelraddampfer zu einer...

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. Wenn sich Gäste einer Auto-Weltpremiere einander ungläubig anschauen und in ihren Gesichtern die Frage steht „Wie haben die das gemacht?“, dann ist den Veranstaltern eindeutig ein Coup gelungen. Über den ersten Auftritt des Audi-Elektrofahrzeugs e-tron wird nicht nur San Francisco und das Silicon Valley noch lange sprechen. Das liegt nicht an der quasi regionweit flächendeckend plakatierten Werbung für den Stromer, auch nicht am Veranstaltungsort , dem als überdimensionaler Computer-Schaltkreis „verkleideten“ Craneway Pavillon. Nein, es liegt an der Lichtshow, mit der die Weltpremierenbesucher, die mit einem gecharterten Schaufelraddampfer anreisten, empfangen wurden. Hunderte bunte Lichtpunkte kreisten scheinbar über der Halle, offensichtlich keinem Muster folgend. Doch dann formierten sich die Lichter, bildeten die vier Audi-Ringe. Die Ingolstädter bekamen die Frage nach dem „Wie“ offenbar so oft gestellt, dass sie sie schließlich per Pressemitteilung auflösten. 300 choreografierte Drohnen dienten als Himmelszeichner, weitere 550 bildeten in der Veranstaltungshalle den Schriftzug e-tron in der Luft nach.

Sportback, Kompaktwagen und Gran Turismo folgen

Bei derart spektakulären Inszenierungen droht natürlich, dass der eigentliche Grund der Veranstaltung in den Hintergrund gerät. Die Gefahr besteht beim Audi e-tron indes nicht. Das erste reine Elektroauto der VW-Tochter – der (fast) gleichnamige A3 e-tron ist ein Plug-in-Hybridler – bedeutet für die Marke gleichzeitig Strategiewechsel und Neuausrichtung. Auf den e-tron, den Audi als Crossover-Modell verstanden wissen will, der aber eher wie ein waschechtes SUV daherkommt, sollen unter anderem 2019 ein Sportback und 2020 ein Kompaktwagen folgen, auch ein Gran Turismo ist angekündigt. Gleichzeitig will sich Audi vom reinen Autobauer zu einem Mobilitätsdienstleister wandeln. Vorgesehen ist beispielsweise, dass künftige Kunden ihren Audi nicht mehr kaufen, sondern bedarfsgerecht mieten, für einen Tag, einen Monat, ein Jahr oder einen beliebigen anderen Zeitraum. Audi on demand heißt dieses Angebot, an dessen Details die Marketingstrategen derzeit arbeiten.

Mindestens ebenso spannend klingt ein Geschäftsmodell, das Nils Wollny, Head of Digital Business bei Audi, am Rande der e-tron-Premiere skizzierte und etwas vereinfachend als „In-App-Käufe“ bezeichnete. Die Idee: Künftig werden Audi-Fahrzeuge unabhängig von der individuellen Kundenbestellung derart ausgestattet, dass sich einzelne nicht vorab bestellte Features – beispielsweise der Spurhalteassistent – gegen Gebühr auch noch nachträglich oder für definierte Zeiträume freischalten lassen. Der finanzielle Mehraufwand, nicht bestellte Komponenten in die Autos zu verbauen, sei, so Wollny, gering, da es sich meist um Software oder niedrigpreisige Hardware handele. Den Kosten für zusätzlich installierte Hardware ständen nicht nur die Mehrerlöse bei den „In-App-Käufen“ gegenüber, sondern auch Einsparungen durch eine geringere Komplexität bei der Produktion. Besonders Autovermieter, so Wollny, würden einer solchen Lösung entgegenfiebern. Sie könnten dann für jeden einzelnen Vermietvorgang das Fahrzeug neu konfigurieren. Denkbar wäre Audis Digitalkopf zufolge sogar, die Leistung des Fahrzeugs durch ein geändertes Motormanagement nachträglich zu erhöhen.

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bis zu 300 kW/408 PS, 561 Nm Drehmoment

Diese Zusatzleistung wird der e-tron wohl eher nicht brauchen. Wer willens und in der Lage ist, die knapp 80.000 Euro für den ersten Audi-Stromer zu investieren, erhält ein Gefährt mit je einem eigenen Motor an der Vorder- und an der Hinterachse. Das Front-Aggregat leistet 125 kW/170 PS, das hintere 140 kW/190 PS. Die Systemleistung von 265 kW (360 PS) lässt sich kurzzeitig auf 300 kW/408 PS boosten. Auch in Sachen Drehmoment wird der e-tron-Kunde wohl eher nicht darben: 561 Nm stehen ihm zur Verfügung. Auch Platz ist kein Mangel: Der e-tron ist 4,90 Meter lang und bietet Raum für Fahrer/Fahrerin sowie für vier Passagiere. Kuriosum am Rande: Während bei konventionell angetriebenen Autos unter der Motorhaube drangvolle Enge herrscht und um jeden Zentimeter Platz gefeilscht wird, ist beim e-tron so viel Raum übrig (die Motoren sitzen ja an den Achsen), dass man hier eine Bowlingbahn einbauen könnte. Naja, fast jedenfalls. Bei der Weltpremiere befand sich unter der Haube eine Box, in der wiederum das Ladekabel Platz und allerlei Krimskrams Platz fand.

Bei der Achillesferse aller Elektroautos, der Reichweite, ist Audi zuversichtlich, das Ei des Kolumbus gefunden zu haben. Erstens soll der e-tron mit einer Batterieladung 400 Kilometer weit kommen, zweitens ist eine leere Batterie an einer 150-kW-Ladestation in 20 Minuten wieder zu 80 Prozent gefüllt (und damit bereit für weitere 320 Kilometer), und drittens hilft das Navi bei Langstrecken bei der Fahrtoptimierung. Reicht die Ladung der Batterie nicht für die geplante Route, werden Ladestationen automatisch als Zwischenziele definiert – und der Verkehrssituation (beispielsweise Staus oder Straßensperrungen) angepasst.

Abschied vom Außenspiegel

Die große Reichweite wiederum erreichten die Audi-Ingenieure durch ein ausgeklügeltes Energiemanagement, durch rigoroses Abspecken bei dem Fahrzeug und durch eine Optimierung des Widerstandsbeiwertes. Die spektakulärste Einzelmaßnahme ist dabei sicherlich der Verzicht auf herkömmliche Außenspiegel, die in aerodynamischer Hinsicht wie Wände im Wind stehen. Als Ersatz filmen Kameras in schmalen Halterungen das Geschehen rechts und links hinter dem e-tron – und projizieren das Bild in die Türen.