Schnee im Hochsommer? Nicht ganz auszuschließen

aus Im Auto Mobil

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In Zeiten von Schneefall hilfreich - das Warnschild mit der Schneeflocke. Foto: dpa

Über zwei Urteile diskutieren Autofahrer in diesen Tagen. Das erste zeigt, dass der Einsatz gesunden Menschenverstands zu gefährlichen Fehleinschätzungen des geltenden...

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. Wir müssen zwar jetzt erst einmal die Wintermonate überstehen, aber der nächste Sommer kommt bestimmt. Mit gehöriger Vorlaufzeit schon jetzt einmal ein guter Rat:Wenn Sie im Juni oder Juli an einem Schild vorbeikommen, dass die Höchstgeschwindigkeit limitiert und unter dem eine Schneeflocke abgebildet ist, kommen Sie bloß nicht auf die Idee, beherzt aufs Gaspedal zu treten. Mag ja sein, dass Schneefall außerhalb der Saison eher selten ist, aber man kann ja nie wissen. So oder so ähnlich müssen jene Richter gedacht gaben, die ein bemerkenswertes Urteil fällten: Ein mit einer symbolischen Flocke garniertes Tempolimit-Schild gilt auch dann, wenn kein Schnee auf oder an der Strecke liegt. Pech für jenen Autofahrer, der auf trockener Straße unterwegs war und eine Tempo-80-Vorgabe mit Schneesymbol darunter ignorierte, weil eben nun einmal keine weiße Pracht in Sicht war. Die Richter sahen das anders: Besagtes Verkehrsschild ist grundsätzlich zu befolgen. Denn, so die Original-Pressemitteilung, "das eine "Schneeflocke" darstellende Zusatzschild enthalte bei sinn- und zweckorientierter Betrachtungsweise lediglich einen - entbehrlichen - Hinweis darauf, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung Gefahren möglicher winterlichen Straßenverhältnisse abwehren solle". Zwar ereignete sich der Vorfall im Januar, die Richter ließen zumindest laut Pressemitteilung zum Urteil aber nicht erkennen, dass ein entsprechender Zusatzvermerk unter einem Tempolimit im Sommer anders zu betrachten wäre. Interessanterweise verwiesen die Robenträger in ihrer Entscheidung auf das Verkehrszeichen, das eine Höchstgeschwindigkeit "bei Nässe" angibt: Hier müsse das Tempolimit tatsächlich nur eingehalten werden, wenn die Fahrbahn nass sei (Az. 1RBs 125/14)

Gerade erst das Steuer übernommen

Leider ist nicht bekannt, ob der bedauernswerte Verkehrsteilnehmer, der nun ein deftiges Bußgeld zahlen und seinen Führerschein für einen Monat abgeben muss, alleine im Auto war. Falls nicht, könnte er sich auf ein anderes höchst interessantes Urteil aus gleicher Quelle berufen. Ein Autofahrer weigerte sich, eine Geldbuße fürs Überholen in einer Verbotszone zu bezahlen. Justament bevor er erwischt wurde, so der Fahrer, habe er das Steuer von seiner Frau übernommen. Weil er sich vorher als Beifahrer nicht um die aktuelle Verkehrssituation gekümmert habe, habe er, leider, leider, auch nichts von dem Überholverbot gewusst.

Fahrlässigkeit im Spiel?

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Die Richter des OLG Hamm sahen das - sehr zum Erstaunen vieler Prozessbeobachter - genauso und folgten der Argumentation des Erwischten. Immerhin gaben sie dem Amtsgericht, an das der Fall zurückverwiesen wurde, zu überprüfen auf, ob nicht vielleicht der Betroffene die Strecke häufiger befahre und deshalb wisse, dass es an besagter Stelle ein Überholverbot gebe (Az. 1 RBs 89/13).

Beinahe ein Freibrief für Verkehrssünder

Für Tausende Autofahrer, die, um es vorsichtig zu formulieren, vielleicht nicht jedes Verkehrsschild bei ihrer Fahrweise vollumfänglich berücksichtigen, ist dieses OLG-Urteil natürlich ein gefundenes Fressen. Vorausgesetzt, sie haben einen Beifahrer an Bord, können sie nun bei jeder Verkehrssünde behaupten, sie hätten gerade vorher erst das Steuer übernommen.

Das gilt natürlich auch für unseren Pechvogel, der nicht mit Schnee aus heiterem Himmel gerechnet hat...