VW: Von „Das Auto“ zu „Das Auto + X“

aus Im Auto Mobil

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Auf einer "Hausmesse" mit Namen "CES@Autostadt" zeigte VW, wie sich das Unternehmen die Zukunft des Autos in Bezug auf die Digitalisierung vorstellt. Foto: Chowanetz

Längst wundert es in Las Vegas niemanden mehr, wenn auf der Elektronikmesse Consumer Electronics Show auch die Autohersteller mit riesigen Ständen vertreten sind. Käufern von...

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. Der Markenclaim „VW – das Auto“ sollte vielleicht überarbeitet werden. Wie wäre es mit „VW – der rollende Computer“? Denn seriöse Prognosen gehen von einem radikalen Umbruch in einer Branche aus, deren Geschäftsmodell – Autos zu bauen und immer diese immer und immer weiter zu entwickeln – sich seit weit mehr als 100 Jahren in den wichtigsten Punkten nicht geändert hat. In naher Zukunft aber werden die meisten Produktinnovationen nicht mehr Antrieb oder Karosserie betreffen, sondern zu 90 Prozent in den Bereichen Elektronik und Elektrotechnik stattfinden.

Nicht jedesmal das Rad neu erfinden

Es gibt zwei Wege, mit solchen Zukunftsaussichten umzugehen. Entweder, man steckt den Kopf in den Sand und hofft auf das Beste. Keine gute Idee, denn schon vor Jahrzehnten hieß es: „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.“ Volkswagen hat sich für die zweite Alternative entschieden und packt die digitale Herausforderung offensiv an. Der Autobauer organisiert in einem eigenen Bereich, Car-Net genannt, den Weg in die digitale Zukunft. Nach den Worten von Car-Net-Geschäftsführer Dr. Marcus Heitmann geht es dabei nicht darum, das Rad neu zu erfinden. „Es ist wenig sinnvoll, mit digitalen Schwergewichten wie Google oder Apple konkurrieren zu wollen“, sagt er. Viel mehr bringe es, die Experten auf ihrem Gebiet zu Partnern zu machen. Der VW-Manager nennt als Beispiel die Zusammenarbeit mit Mobileye. Das israelische Unternehmen präzisiert das herkömmliche Prinzip der Fahrzeugnavigation, sorgt so für spurgenaue Positionsangaben. Die wiederum sind wichtig für das autonome Fahren. Dem Auto der Zukunft reicht es eben nicht zu „wissen“, wo ungefähr auf einer vierspurigen Staße es sich befindet, sondern braucht die Bestätigung, dass es sich etwa für ein bevorstehendes Rechtsabbiegen auf der rechten Spur unterwegs ist.

Unternehmen bald nicht mehr wiederzuerkennen

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Die Zusammenarbeit mit digitalen Experten bedeutet nach den Worten Heitmanns allerdings nicht, dass Volkswagen seine Kompetenz in diesem Feld komplett einkauft. Eine gesunde Mischung aus Kooperationen und hauseigenen Innovationen sei das Ziel. Eine Aktion wie die Hausmesse „CES@autostadt“ zeigt, welchen Stellenwert Volkswagen dem Digitalisierungstrend beimisst. Tatsächlich wird man das Unternehmen wohl in wenigen Jahren nicht mehr wiedererkennen. VW will sich nämlich vom Hardware-Hersteller zum Dienstleistungs- und Mobilitätsanbieter wandeln. Beispiel „Mobilität auf Abruf“: Für Volkswagen ist es längst keine ausgemachte Sache, dass der Kauf eines Autos im nächsten Jahrzehnt noch eine solche Selbstverständlichkeit ist wie noch vor wenigen Jahren. Die Mobilität auf Abruf werde sich durchsetzen. Wer ein Auto benötigt, leiht sich bei einem Car-Sharing-Dienst eines, schnell und unkompliziert. Wenn sich die Idee noch mehr durchsetzt als heute schon, braucht es dabei nach Meinung von VW überhaupt keine kommerziellen Car-Sharing-Dienste mehr. Marcus Heitmann: „Wie viele Besitzer eines Autos würden sich gerne etwas dazuverdienen, indem ihr Fahrzeug nicht ungenutzt in der Garage steht, sondern an einen Interessenten verliehen wird?“ VW könnte hier als Mittler in Erscheinung treten und auch die finanzielle Abwicklung übernehmen.

Einzelne Komponenten mieten statt kaufen

Einen radikalen Bruch könnte es nach Auffassung der VW-Strategen auch beim Autokauf geben. Schon heute gebe es eine fast unüberschaubare Zahl an Assistenzsystemen und digitalen Zusatzfunktionen. Der Käufer eines Neuwagens müsse sich entscheiden, was er in seinem Wagen verbaut haben will – und was nicht. Anschließend sei er ebenso wie alle Folgebesitzer für die Lebenszeit des Autos an diese Entscheidungen gebunden. In Zukunft wäre es, so Heitmann, denkbar, dass das Fahrzeug mit möglichst viel Assistenz- und Komfortsystemen ausgestattet wird wie möglich – zumindest sofern es sich ausschließlich um Software oder bei Hardware um nicht allzu teure Komponenten handelt. Ändern sich die Bedürfnisse des Fahrzeugbesitzers, könne er dann weitere Systeme und Dienste freischalten. Nach den Worten von Heitmann könne das sogar so weit gehen, dass etwa das eingebaute Navigationssystem ausschließlich für die Urlaubswochen freigeschaltet wird. Der Car-Net-Manager: „Man stelle sich einmal die Möglichkeiten für Autovermieter vor: Die bestellen beim Autokauf Dutzende elektronische Systeme und schalten nur diese für den jeweiligen Kunden frei, der sie mitmieten möchte.“

Es geht um keine weit entfernte Zukunft

Die VW-Manager reden bei Schilderung ihrer Vorstellungen nicht von einer weit entfernten Zukunft. Viele noch vor wenigen Jahren für unvorstellbar gehaltene Möglichkeiten haben bereits in die Fahrzeuge Einzug gehalten, weitere stehen kurz vor der Markteinführung. VW hat bei der Veranstaltung CES@Autostadt der Entwicklung zum mit Elektronik vollgepackten das Schlagwort „Das Auto + X“ verpasst. Darunter steht eine Jahreszahl: 2020.