An der Stokes Bay auf Kangaroo Island kann man Kängurus begegnen. Bei Sonnenauf- und -untergang verlassen die Tiere zum Grasen den Busch. Foto: srt
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Mein Gott, sind die niedlich. Viel unbefangener als im Zoo. Und die hübschen Gesichter mit den sanften Augen – einfach zum Knuddeln! Besucher vom oberen Teil des Globus sind hin und weg in „Down Under“, wegen der Kängurus, der sanften Wappentiere des fünften Kontinents. Im Meer vor Adelaide haben sie ihre eigene Insel: Kangaroo Island.
In einer Dreiviertelstunde prescht der Katamaran von Cape Jervis hinüber nach Penneshaw. Der Pier dort ist die Gangway zu einer Jahrtausende alten Arche Noah. „Australiens Galapagos“ hat sich bei der jüngsten Eiszeit vor 18 000 Jahren vom Festland getrennt. Durch diese Isolation sind mehr als die Hälfte aller urzeitlichen Arten erhalten geblieben. Die bulligen Seelöwen etwa und der Schwarze Kakadu genießen besonderen Schutz.
Die lokalen Kängurus sind eine ganz eigene Spezies. Anders als die „Western Greys“, deren Silhouette die gelben Warnschilder in ganz Australien ziert, sind sie kleiner und gedrungener. Ihr üppiges Fell glänzt schokobraun. Ohren, Füße, Schwanz oder Pfoten sind schwarz getupft.
An der Stokes Bay auf Kangaroo Island kann man Kängurus begegnen. Bei Sonnenauf- und -untergang verlassen die Tiere zum Grasen den Busch. Foto: srt Foto: srt
Bizarre Felsen sind durch das Zusammenspiel von Wind und Meer entstanden: die Remarkable Rocks. Foto: Gerhard Merk Foto: Gerhard Merk
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Die Crew des englischen Entdeckers Matthew Flinders muss hell entzückt gewesen sein, als sie 1802 auf dem menschenleeren Eiland von diesen neugierigen Tieren arglos umringt wurde. Die halb verhungerten Matrosen schossen sich eine rettende Mahlzeit und gaben dem Gestade den bleibenden Namen.
Kangaroo Island ist eine Welt für sich, rund 150 Kilometer lang und 50 Kilometer breit. Die Insel ist nur ein Möwenschiss auf der Weltkarte und doch fast so groß wie Niedersachsen, besiedelt von 4500 Menschen und Heimat für zigtausend Mal so viele Beuteltiere. Bei Sonnenauf- und Sonnenuntergang verlassen die Kängurus zum Grasen den Busch. Sehr zum Entzücken der Touristen, die ihnen nun hautnah auf den Pelz rücken. Wenn’s zuviel wird, gehen die Tiere mit federnden Sprüngen auf Distanz – auf allen Fünfen, Schwanz inklusive.
INFORMATIONEN
Anreise: 23 Stunden von Frankfurt nach Adelaide, Preis z.B. mit British Airways ab 962 Euro.
Reisezeit: Von Dezember bis Februar ist Sommer. An heißen Tagen kühlt eine Brise vom Meer. Neues Grün bringt Farbe. Der Herbst (März bis Mai) beschert mäßig Regen und den Seelöwen Babys. Im Winter (Juni bis August) tummeln sich Wale an der Küste. Der Frühling (September bis November) bedeckt die Insel mit einem Blumenflor.
Auskunft: South Australian Tourism Commission, c/o Public Link, Albrechtstr. 14, 10117 Berlin, 030-44 31 88 24, www.southaustralia.com.
Respektvollen Abstand halten die Koalas als „gebrannte Kinder“ schon prinzipiell. Für die verschlafenen Träumer, die auf dem Festland von Jägern und Wildhunden dezimiert wurden, war die Insel Anfang der 1920er-Jahre eine rettende Arche. Hier fanden sie so viel Eukalyptus als Nahrung, dass man die Population heute per Geburtenkontrolle überwachen muss. Träge äugen sie aus hohen Astgabeln. Wer eines streicheln will, muss in den Wildlife Park.
Dem Neuling empfehlen sich ohnehin geführte Touren. Zwei geteerte Routen zielen in den wilden Westen zum Flinders-Chase-Nationalpark. Halbwegs im Süden an der Seal Bay bewachen die letzten Seelöwen-Bullen argwöhnisch ihren Harem. Am windumtosten Cape du Couedic, dem letzten Stück Land vor der Antarktis, stürzen sich Pelzrobben in die tosenden Brecher. Die Besucher am Admirals Arch stehen ehrfürchtig vor dem Felsenmaul mit seinen schaurigen Stalalaktitenzähnen. Die gleichen Orkane, die das Meer hier durch den beinharten Karst getrieben haben, schufen nicht weit davon bizarre Felsen, die Remarkable Rocks, aus dem 500 Millionen Jahre alten Granit.
Mehr als zwei Dutzend Rundrouten zwischen 15 Minuten und drei Stunden sind bestens ausgeschildert. Wer es genau wissen will, kann diese Traumküste auf dem frisch markierten Wilderness Trail erobern. Mit Sicht aufs Meer geht es in fünf Tagen von Camp zu Camp. Exotik ist dabei garantiert: Im Sand blühen lila Orchideen, und im Laub züngelt das Enchida – ein langschnäuziges Eier legendes Stacheltier – mit seiner langen Zunge nach Ameisen und Larven.
Trotz steigender Besucherzahlen ist Kangaroo Island noch immer ländlich verschlafen. Schafzüchter, Fischer und Bauern vermarkten indes geschickt ihren Insel-Bonus. Spezialitäten wie Lamm oder King-George-Weißling, Austern, Langusten und der Honig der seltenen Ligurischen Biene begeistern nicht nur die Besucher – längst sind sie in ganz Australien ein Markenzeichen. Das gilt zunehmend auch für die ebenso jungen wie ehrgeizigen Winzer. Das windige maritime Klima sorgt vor allem an der Nordküste für frische, fruchtige Weiße und beschert mittlerweile auch beeindruckende Cuvées im Bordeaux-Stil.
Auf der Basis eines kompromisslosen Ökotourismus legt auch das gastronomische Angebot zu. Im „Enchanted Fig Tree“ in Stokes Bay zum Beispiel wird der Gast wortgetreu vom Grün eines alten Feigenhains bezaubert. Die „Best Dining Experience“ der Insel (so die Auszeichnung) lockt aktuell über Lamm-Bresaola und Fisch-Sashimi zur langsam geschmorten Querrippe vom Rind oder nach Thai-Art karamellisiertem Schwein mit Basilikum.
Zum Absacker empfiehlt sich ein Besuch bei „Kangaroo Island Spirits“ am Cygnet River. Mit seinem Wild Gin aus der blank polierten Kupferdestille liegt Jon Lark ganz vorne im internationalen Trend. Statt mit europäischem Wacholder würzt er seinen Edel-Genever mit harzigem Rosmarin aus dem heimischen Outback. Wer dieses ohnehin preisgekrönte Produkt noch krönen mag, darf sich neuerdings im Crashkurs aus einem halben Dutzend Haus-Gins seinen eigenen Blend verschneiden. Zum Beispiel mit etwas Engelwurz, einem Hauch von Limette oder einer Messerspitze Kardamom.