Färöer Inseln: Wilde Natur mit reicher Tier- und Pflanzenwelt
Von Volker Stavenow
Bezirksredakteur (Sitz: Idstein)
Blick auf den Leuchtturm von Mykinesholmur. Der Holm ist durch eine Fußgängerbrücke mit der Insel Mykines verbunden. Foto: VisitFaroeIslands
( Foto: VisitFaroeIslands )
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Insel-Führer Per Hansen ist kein Weichei. Als es bei der Wanderung von Tórshavn über einen Hügel und entlang der Küste nach Kirkjubour auf einmal anfängt zu regnen, marschiert er ohne Kopfbedeckung oder Schirm weiter, während sich die Touristen in seinem Schlepptau hastig gegen das Nass wappnen. Das Wetter wechselt schnell auf den Färöern und die Einwohner sind es gewohnt. „Ich bin ein Wikinger“, sagt Hansen.
Schafe, schlechtes Wetter, niedrige Temperaturen, grüne Landschaft, Fische – mehr fällt den meisten beim ersten Gedanken an die Inseln zwischen Schottland und Island nicht ein. Und das ist schon viel, wie Hansen weiß, denn die meisten Touristen – Rucksackreisende, Naturforscher oder Gäste von den großen Kreuzfahrtschiffen, die in der Hauptstadt Tórshavn anlegen – sind sehr überrascht von der Vogelvielfalt, der wilden Landschaft und der färingischen Herzlichkeit.
Die 18 Inseln der Färöer – übersetzt „Schafsinseln“ – liegen mitten im Golfstrom und sind durch hochmoderne Unterwassertunnel und Brücken verbunden oder per Schiff und Helikopter zu erreichen. Von den gut 50 000 Färingern leben rund 40 Prozent in der Hauptstadt Tórshavn. Der Rest teilt sich die grünen Eilande – fast ohne Baum und Strauch – mit Vierbeinern: Etwa 90 000 Schafe bevölkern die Inseln.
Blick auf den Leuchtturm von Mykinesholmur. Der Holm ist durch eine Fußgängerbrücke mit der Insel Mykines verbunden. Foto: VisitFaroeIslands Foto: VisitFaroeIslands
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Auf den Färöern gibt es weder Stechmücken noch Bienen. Der Holunder trägt deshalb nie Früchte und blüht erst im August. Als Ende der 90er-Jahre in Tórshavn das neue Stadion für die färingische Fußball-Nationalmannschaft gebaut wurde – wo sich alle Teams inklusive Deutschland schwer tun – kamen mit dem Baumaterial Wespen auf die Inseln. Die sind den Färingern bis heute nicht geheuer.
Das Meer kennen sie dafür umso besser: Kein Ort auf den Färöern ist weiter als fünf Kilometer von der Küste entfernt, viele Inselbewohner sind Fischer. Auf dem Markt in Tórshavn, in den Geschäften und Restaurants, sind lokale Meeresfrüchte aller Art zu bekommen. Seeigel ist eine der vielen Delikatessen.
INFORMATIONEN
Anreise: Zum Beispiel mit Lufthansa und Atlantic Airways über Kopenhagen nach Sørvágur. Atlantic Airways fliegt von Kopenhagen, Billund, Aalborg (Dänemark), Bergen (Norwegen), Reykjavik (Island), London und Barcelona auf die Faröer (www.atlantic.fo). Mit der Smyril Line-Fähre geht es täglich von Hirthals in Dänemark nach Tórshavn. Hirthals liegt in Nordjütland, etwa dreieinhalb Autostunden von Flensburg entfernt (www.smyrilline.de).
Übernachtung: Zum Beispiel im Vier-Sterne-Hotel „Foroyar“, wo auch die deutsche Fußballnationalmannschaft bei ihrem Qualifikationsspiel auf den Färöern nächtigte, Doppelzimmer ab 1800 dänische Kronen (ca. 241 Euro), www.hotelforoyar.fo.
Essen: Auf dem alten Schoner Nordlysid, www.nordlysid.com, bei Familien Rubeksen, zu finden auf Facebook: Heimablídni hjá Onnu&Óla.
Bootstour: Eine Tour zu den Vogelfelsen bei Vestmanna kostet 275 dänische Kronen (rund 37 Euro), www.puffin.fo.
Weitere Informationen: Visit Faroe Islands, im Internet: www.visitfaroeislands.com/de/.
Ein Gang durch die Hauptstadt Tórshavn – übersetzt Hafen des Donnergottes Thor – zeigt eine kleine Stadt der Kon-traste: Neben schmucken roten Holzhäusern mit Grasdächern stehen moderne Bauten. Hochhäuser sucht man vergebens. Tinganes ist der älteste Teil von Tórshavn und Sitz des färingischen Parlaments. Dort siedelten um 900 nach Christus die Wikinger. Aber bereits vor den wilden Männern aus dem Norden entdeckten irische Mönche die Färöer. Die Inseln gehören heute zwar offiziell zu Dänemark, sind aber weitgehend autonom und wählen deshalb auch ein eigenes Parlament. Und im Gegensatz zu Dänemark sind die Färöer nicht EU-Mitglied. Die Währung sind dänische Kronen, wenngleich die Färinger auch Geldscheine mit eigenen Motiven in Umlauf bringen.
Die Landessprache Färöisch stammt aus dem Altwestnordischen und ist für die meisten Besucher ein verbales Buch mit sieben Siegeln. Aber nahezu alle Färinger sprechen perfekt Englisch. Und auf Englisch erfahren Besucher auf ihrer Bootsfahrt nach Vestmanna zu den Vogelfelsen, dass in den dortigen Klippen 300 Vogelarten leben und im Sommer Tausende Vögel ihre Nester bauen. Von Möwen über Papageientaucher bis hin zu Sturmvögeln kreist und kreischt es in den Lüften, wenn Touristen auf kleinen Schiffen ganz nahe an die Felsen herangebracht werden. Und auch hinein: Viele Höhlen werden angesteuert und wenn man unter den schroffen Felsen hindurch fährt, ins glasklare Wasser schaut, seinen Blick aufs Meer in Richtung Amerika schweifen lässt, dann hat man sich in die Tier- und Naturschönheiten der Färöer schon verliebt.
Die vielen Erlebnisse, Wanderung, Bootstour, Besichtigungen machen hungrig. Wer mal nicht im normalen Restaurant essen möchte, kann zum Beispiel auf dem alten Schoner Nordlysid im Hafen von Tórshavn schlemmen wie ein Seemann. Oder er isst bei einer färingischen Familie. Treffen mit Einwohnern der Färöer werden auf allen Inseln organisiert. Egal ob auf Schafsfarmen oder in einem alten Holzhaus mit Grasdach: Überall werden authentische Speisen nach alten Familienrezepten gekocht.
So auch bei Anna und Óli Rubeksen. Nach dem Färinger-Schnaps zur Begrüßung gibt es Bio-Produkte aus heimischer Aufzucht und heimischem Anbau: Fischsuppe, Schafsblutwurst, Lamm-Leber mit Stampf aus eigenen Kartoffeln und Kohlrabi oder Schafskeule im Rharbarber-Mantel. Und wenn vor dem Panoramafenster von Annas und Ólis Haus langsam die Sonne im glitzernden Meer versinkt, der Holzofen heimelig knistert, fällt auch der möglicherweise noch vorhandene letzte Stress von den Besuchern ab. Die Seele wird ganz zahm auf den wilden Färöern.
Ein Besuch ohne eine Tour über die Inseln ist auf den Färöern nicht denkbar. Fahrten in die malerisch gelegenen Dörfer Saksun, Tjornuvík und Gjógv sind ein Muss. Während in Saksun ein wunderschöner Sandstrand, ein Museum und eine Dorfkirche mit interessanter Umzugsgeschichte zu finden sind, ist Tjornuvík ein wichtiger archäologischer Fundplatz mit Bedeutung für die färingische Geschichte. Der kleine Ort liegt an der Ostküste Streymoys und bietet einen Blick auf die sagenumwobenen Naturdenkmäler „Risin“ und „Kellingin“ – übersetzt „Der Riese und das Weib“. Gjógv liegt im Norden der Färöer auf der zweitgrößten Insel Eysturoy. Der Ort hat den Namen von der Felsspalte, in der sich ein kleiner natürlicher Hafen befindet.
Fragt man die Färinger, wo die schönsten Pullover herkommen, antworten sie erwartungsgemäß: Von den eigenen Inseln. Fans der TV-Serie „Das Verbrechen“ kennen die Strickware: Kommissarin Sarah Lund bringt die Mode der Färöer ins europäische Fernsehen. Sie trägt Teile der Kollektion der Designerin Gudrun & Gudrun.