Blick von der Kuppel des Petersdoms Foto: Hans-Werner Rodrian
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Das hatte sich Papst Franziskus vermutlich anders vorgestellt, als er im April 2015 überraschend 2016 zum Heiligen Jahr ausrief. Völlig aus der Reihe verkündete Franziskus, dass er ein Jubiläum der Barmherzigkeit feiern wolle. In der Regel finden Heilige Jahre nur alle 25 Jahre und zu besonderen Gelegenheiten statt. So nimmt der Papst nun den 50. Jahrestag des Abschlusses des Zweiten Vatikanischen Konzils zum Anlass, um Millionen Gläubige auf Pilgerfahrt zu schicken.
Was aber niemand ahnen konnte: Als der Heilige Vater am 8. Dezember bei kaltem Nieselregen zusammen mit seinem Vorgänger Papst Benedikt XVI. die Heilige Pforte des Petersdoms aufstieß, um das Jubeljahr einzuläuten, war ganz Rom in eine Festung verwandelt. Statt der erwarteten 100 000 Besucher folgten nur circa 50 000 Gläubige auf dem Vorplatz des Petersdoms dem Aufruf des Papstes. Angesichts der Pariser Terroranschläge zwei Wochen davor wollte die Regierung kein Risiko eingehen. An dem Tag durfte kein Flugzeug über Rom fliegen, und der Vatikan wurde zur „zona rossa“ erklärt, zum Hochsicherheitsbereich mit Scharfschützen auf den Dächern. 2016 unterstützen 700 zusätzliche Militärs die Sicherheitskräfte beim Objektschutz. Als neuralgische Punkte gelten nicht nur Flughäfen, sondern unter anderem auch touristische Hotspots wie die Spanische Treppe und das Kolosseum.
Seit 1300 ruft Rom Heilige Jahre aus. Der Brauch geht auf eine jüdische Tradition zurück, der zufolge in jedem 50. Jahr die Befreiung der Sklaven, der Erlass der Schulden und die Rückgabe von Grund und Boden verlangt wird. Die katholische Kirche hat diese Sitte zu ihren Gunsten vereinfacht: alle Sünden werden mit dem Durchschreiten der Heiligen Pforte vergeben. Zunächst alle 100 Jahre, dann alle 50 und schließlich alle 25 Jahre fanden Heilige Jahre statt.
Seit 1300 wissen die Römer auch, dass diese zwar nervig, aber auch sehr einträglich sind. Denn pflichtbewusste Pilger gehen nicht nur durch die Heilige Pforte des Petersdoms, sondern besuchen insgesamt acht Pilgerstätten in der Stadt, darunter die Lateranbasilika, die Basilika Santa Maria Maggiore und die Katakomben. Bereits damals strömten schätzungsweise 200 000 Gäste in die Metropole. Mit Unterkunft und Verköstigung sind also gute Geschäfte zu machen.
Inzwischen haben sich die Besucherzahlen vervielfacht. Für 2016 sind die Hoffnungen in Sachen Pilger äußerst ehrgeizig. Das von Roms Tourismusbüro beauftragte Statistikinstitut Censis prognostiziert 33 Millionen Gäste, von denen sich allerdings viele nur für einen Tag in der Kapitale aufhalten werden. Trotzdem wäre diese Zahl gewaltig. Im letzten Heiligen Jahr 2000 zählte das Tourismusbüro 25 Millionen Gäste. 2014 verzeichnet Italiens Hauptstadt dagegen 13,4 Millionen Besucher. Rom verfügt derzeit über rund 167 000 Hotelbetten und ungezählte private Unterkünfte.
Ob sich Roms Erwartungen erfüllt haben werden, wenn sich am 20. November 2016 die Heilige Pforte wieder schließt und zugemauert wird, steht noch in den Sternen. Tatsache ist, dass unmittelbar nach den Anschlägen in Paris auch Roms Hoteliers über zahlreiche Stornierungen klagten. Bei den Reiseveranstaltern kommt es darauf an, wen man fragt. Vor allem die Spezialisten von Pilgerreisen wissen, dass 2016 Chancen hat, ein gutes Jahr zu werden.
Das Bayerische Pilgerbüro zum Beispiel, das zufällig auch im Heiligen Jahr 90. Jubiläum feiert, kann zwar noch keine Zahlen nennen, aber die Anfragen von Sondergruppen seien eindeutig „erhöht“. Zum Jubeljahr hat der Veranstalter extra neue Reisen aufgelegt wie die „Sieben-Kirchen-Wallfahrt im Heiligen Jahr“ oder „Rom mit Muße“. Höhepunkte werden auch die organisierten Wallfahrten der Diözesen Regensburg, Speyer, Passau, München und Augsburg sein, wenn Großgruppen zum Papst aufbrechen. Studiosus Reisen, traditionell mit einem starken Italienprogramm unterwegs, rechnet dagegen mit weniger Rombesuchern: „Großereignisse führen häufig dazu, dass unsere Gäste in dem Jahr eher weniger dorthin fahren“, sagt Sprecher Frano Ilic. Allerdings weiß er auch, dass die vermehrte Berichterstattung wegen des Jubeljahrs nicht unbeachtet bleibt. „2017 sollte Rom dann wieder stärker nachgefragt werden.“