1988 gewinnt die Eintracht zum bisher vierten und letzten Mal den DFB-Pokal gegen den VfL Bochum
Von Melanie Kahl-Schmidt
Sportredakteurin Darmstadt
Da ist das Ding: Trainer Kalli Feldkamp (links) und Kapitän Charly Körbel mit dem Pott. Foto: imago/Werek
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FRANKFURT - Eine zentnerschwere Last lag auf den Schultern der Mannschaft von Eintracht Frankfurt vor dem DFB-Pokalfinale am 28. Mai 1988. Schließlich verlief die Saison 1987/88 nicht wie erwartet, Platz neun in der Bundesliga war definitiv zu wenig für die Ansprüche am Main. Das Pokalfinale sollte daher nicht weniger als die Rettung der Saison bringen und die Hessen doch noch nach Europa katapultieren. Somit war klar: Ein Sieg gegen den unangenehmen VfL Bochum musste her.
„Ich weiß noch genau, dass der Druck enorm groß war und ich einen ganz trockenen Mund hatte beim Einlaufen, was nicht nur mit den heißen Temperaturen an diesem Tag zu tun hatte“, erinnert sich Manfred „Manni“ Binz, damaliger Abwehrchef der Hessen, an den Samstagnachmittag in Berlin. „Als ich zum Aufwärmen das Olympiastadion betrat und die mitgereisten 25 000 Eintracht-Fans sah, die mit ihren Fahnen wie eine Wand auf der einen Seite des Stadions wirkten, hat mich das extrem motiviert. Aber es war eine enorme Anspannung vorhanden, die erst nach und nach während des Spiels abfiel. “
Frankfurts Torhüter Uli Stein, der den Titel im Jahr zuvor mit dem Hamburger SV an die Elbe holen konnte, schwor seine Mannschaft ein. „Er hat uns davon erzählt, was uns in Berlin erwartet und wie sensationell das Gefühl ist, im Olympiastadion um diesen Titel zu spielen. Er wollte den Pokal natürlich auch unter allen Umständen selbst verteidigen.“
Da ist das Ding: Trainer Kalli Feldkamp (links) und Kapitän Charly Körbel mit dem Pott. Foto: imago/Werek Foto: imago/Werek
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Zunächst jedoch lief das Spiel, in das die Truppe von Trainer Karl-Heinz Feldkamp als Favorit ging, völlig anders als erwartet. Die Eintracht um ihre Stars Stein, Binz, Charly Körbel und Lajos Detari tat sich schwer und fand überhaupt nicht ins Spiel. Die Bochumer von Trainer Hermann Gerland liefen, kämpften und ackerten, als ginge es um ihr Leben und kamen zu den besseren Chancen. Ein Treffer von Uwe Leifeld wurde wegen angeblicher Abseitsstellung aberkannt – eine Fehlentscheidung, wie sich durch die TV-Bilder herausstellte. „Da hatten wir wirklich ein Riesenglück, das hat uns richtig wachgerüttelt. In der zweiten Halbzeit wurden wir dann von Minute zu Minute besser“, berichtet der gebürtige „Bockenheimer Bub“ Binz, der in sieben Spielzeiten für die Hessen ohne Unterbrechung und ohne Ein- oder Auswechslung auf dem Platz stand.
In der Tat nahmen die Frankfurter nach der Pause das Heft in die Hand, scheiterten aber immer wieder am gut aufgelegten Bochumer Keeper Ralf Zumdick. Als in der 81. Minute der zuvor eingewechselte Thomas Epp den Frankfurter Kunstschützen Lajos Detari etwa 20 Meter vor dem eigenen Kasten foulte, legte sich der ungarische Spielmacher den Ball selbst zurecht. Binz: „Wir alle wussten: Wenn den einer reinmachen kann, dann Lajos.“ Elegant lief der Blondschopf in der tief stehenden Nachmittagssonne an und schlenzte den Ball unhaltbar in den Winkel. „Die letzten Minuten kamen uns wie eine Ewigkeit vor. Als Schiedsrichter Heitmann endlich abpfiff, war die Freude riesig. Uns allen ist ein Stein vom Herzen gefallen.“ Der vierte Pokalsieg nach 1974, 1975 und 1981 war unter Dach und Fach. Nur einer saß nach Spielende tränenüberströmt und heftig schluchzend am Spielfeldrand. Armin Kraaz. Der sommersprossige Abwehrspieler sollte nach acht Jahren Vereinszugehörigkeit im Pokalfinale ein letztes Mal den Adler auf der Brust tragen, doch Trainer Feldkamp hatte ihn nicht einmal für den Kader nominiert.
Erst zum Sportstudio und dann im Korso zum Römer
Die Feierlichkeiten im Anschluss an die Begegnung sind Binz, der 349 Bundesligaspiele für Eintracht Frankfurt und Borussia Dortmund absolvierte und eineinhalb Jahre für Brescia Calcio in der italienischen Serie A auflief, bis heute im Gedächtnis. „Den Pokal vor unseren mitgereisten Fans in die Höhe zu halten, war ein Gänsehaut-Moment. Ich musste mit einigen Mannschaftskameraden am Abend noch zum Aktuellen Sportstudio des ZDF und am nächsten Tag ging es dann per Autokorso durch die Stadt zum Römer. Das waren unbeschreibliche Momente, erst ein paar Tage später habe ich das alles richtig realisieren können.“ Solch ein unvergessliches Erlebnis wünscht er „seiner“ Eintracht, für die er noch heute in der Fußballschule von Charly Körbel als Trainer aktiv ist, auch im diesjährigen Finale. „Die Chancen stehen 50:50, auch wenn das eine Phrase ist. Das Spiel beginnt bei Null und beide Mannschaften wollen gewinnen. Dass in Dortmund zuletzt etwas Unruhe aufkam, geht bestimmt auch nicht spurlos an den Spielern des BVB vorbei. Dortmund muss gewinnen, die Eintracht kann. Das ist ein Riesenunterschied.“ Und so könnte das Team von Trainer Niko Kovac den fünften DFB-Pokal-Titel an den Main holen.
Aufstellungen; Eintracht Frankfurt: Uli Stein – Manfred Binz – Charly Körbel, Dieter Schlindwein – Michael Kostner (71. Thomas Klepper), Ralf Sievers, Frank Schulz, Lajos Detari, Dietmar Roth – Holger Friz (78. Janusz Turowski), Wlodzimierz Smolarek
VfL Bochum: Ralf Zumdick – Lothar Woelk – Walter Oswald, Martin Kree – Michael Rzehaczek, Frank Heinemann, Andrzej Iwan, Rob Reekers, Thorsten Legat – Josef Nehl (66. Thomas Epp), Uwe Leifeld.