Eintracht Frankfurt: Boateng trifft trotz „Vollkatastrophe“ zum Sieg
Die Frankfurter Eintracht hat einmal mehr ihre Auswärtsstärke unter Beweis gestellt. Eine Woche nach der Heimniederlage gegen Bayer Leverkusen siegten die Hessen vor 39.000 Zuschauern bei Hertha BSC mit 2:1 (1:1).
Von Peppi Schmitt
Aus Respekt: Kevin-Prince Boateng (rechts) verzichtet nach dem 2:1 auf großen Jubel. Aymen Barkok freut sich dennoch. Foto: Hübner/Voigt
( Foto: Hübner/Voigt)
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BERLIN - Die Frankfurter Eintracht hat einmal mehr ihre Auswärtsstärke unter Beweis gestellt. Eine Woche nach der Heimniederlage gegen Bayer Leverkusen siegten die Hessen vor 39.000 Zuschauern bei Hertha BSC mit 2:1 (1:1).
Es war bereits der vierte Auswärtssieg im sieben Auswärtsspiel, dazu haben die Frankfurter in der Fremde noch zwei Unentschieden geholt. Verloren haben sie auswärts nur in Leipzig. Mit nun 22 Punkten haben die Frankfurter am oberen Drittel der Tabelle angedockt und den Abstand auf die Abstiegsplätze auf zehn Punkte vergrößert. „Unser Ziel ist der Klassenerhalt, da sind wir nun auf einem guten Weg“, sagte Trainer Niko Kovac nach dem Erfolg in seiner Heimatstadt, „jetzt freuen wir uns auf die Bayern.“ Manager Bruno Hübner sah einen „aufgrund der zweiten Halbzeit verdienten Sieg.“
In ersten 20 Minuten wirken Frankfurter wie eingefroren
Die Frankfurter haben die Punkte wie schon so oft in dieser Spielzeit mit außergewöhnlichen Toren geholt. Diesmal trafen Marius Wolf und Kevin-Prince Boateng spektakulär, nachdem Davie Selke die Berliner früh in Führung gebracht hatte. In den ersten 20 Minuten hatte nichts auf einen Frankfurter Erfolg hingedeutet. Die Hertha dominierte die Partie, die Eintracht rannte nur hinterher und spielte dem Gegner reihenweise die Bälle in die Beine. Schon nach 50 Sekunden hätte Vedad Ibisevic nach einem geradezu lächerlichen Fehlpass von Mijat Gacinovic die Berliner in Führung bringen können, doch Lukas Hradecky rettete famos. Der Torwart war der einzige im Frankfurter Team, der in dieser Phase nicht eingefroren schien. Folgerichtig ging Hertha nach einer Viertelstunde auch verdient in Führung. Matthew Leckie steckte den Ball an der Strafraumgrenze durch zwei Frankfurter, Selke hatte freie Bahn und „tunnelte“ Hradecky. Es klingt kurios, aber dieses Tor hatte die Eintracht gebraucht. Marius Wolf sagte später: „Zum Glück ist dieses Tor gefallen.“
Eckballvariante führt zum 1:1
69 Eckbälle hatten die Frankfurter in dieser Saison schon ausgeführt, nur einmal hatte einer auf Umwegen zu einem Treffer geführt. Beim 70. Mal aber hat es „Klick“ gemacht. Jetro Willems hatte den Ball flach und hart nach innen gespielt. Aber nicht direkt in den Fünfmeterraum, sondern nach hinten an die Sechzehnmeterlinie. Dort konnte Marius Wolf nahezu ungehindert schießen und traf mit der Innenseite an Freund und Feind vorbei unhaltbar unter die Latte. „Robbi hatte die Idee mit dem Standard“, lobte Niko Kovac seinen Bruder Robert, „da sieht man wenigstens, dass wir im Training auch Ecken üben.“
Nun endlich beteiligten sich die Frankfurter am Spiel, auch wenn bis zum Schluss die vielen Fehlpässe, allen voran von Gacinovic, Carlos Salcedo und Simon Falette ein Ärgernis blieben. Das 1:1 nach 26 Minuten durch Wolf (siehe auch Infokasten) kam aber überraschend. Nach der Pause brachte Kovac für den ganz schwachen Gacinovic Aymen Barkok ins Spiel. Der U-20 Nationalspieler machte seine Sache diesmal gut, hatte einige wirklich starke Szenen, belebte das Spiel. Immer stärker wurde nun auch Makoto Hasebe, den Kovac gegenüber dem Leverkusen-Spiel für Marc Stendera gebracht hatte. Mit Barkok und Hasebe kam etwas mehr Ballsicherheit ins Spiel.
Die Berliner zogen sich unverständlicherweise weit zurück, ließen die Eintracht kommen. Das Spiel wurde immer unattraktiver, zerfahrener, auch härter. Und dann schlug die Eintracht plötzlich zu. Acht Minuten vor dem Ende zirkelte Boateng den Ball aus 14 Metern zum Siegtreffer ins Tor. Auf einen Torjubel verzichtete er aus „Respekt vor den Hertha-Fans“. Boateng hatte seine Karriere ja einst bei den Berlinern begonnen. Es war Boatengs dritter Saisontreffer, alle auswärts. Und doch fand der 30 Jahre alte Frankfurter Spielmacher deutliche Worte. „Meine Leistung war eine Vollkatastrophe“, sagte er, „das war wohl das schlechteste Spiel meiner Karriere.“ Ganz so schlimm war es nicht, aber in der Tat auch nicht gut. Auch eine Folge einer unberechtigten Gelben Karte, die er schon in der neunten Minute gesehen hatte und die ihn zur Zurückhaltung im Zweikampf zwang. Zur Pause hatten der Spieler und der Trainer eine Auswechslung überlegt. „Aber Niko hat mir gesagt, du hast genug Erfahrung“, erzählte er später. Dieses Vertrauen des Trainers zu seinem Star hatte sich ausgezahlt. „Er hat es sich verdient, einen Tag in Berlin zu bleiben“, erlaubte Kovac seinem Star einen Familienbesuch in der Hauptstadt. Er muss erst an diesem Montag zurückfliegen.