Eintracht Frankfurt in der Krise: „Das kann nicht unser Weg sein“
Die Euphorie um die letztlich glücklichen Siege gegen Augsburg und Mönchengladbach scheinen Spieler und Verantwortliche von Eintracht Frankfurt geblendet zu haben. Der 0:2-Auftritt gegen den VfL Wolfsburg war der vorläufige Tiefpunkt einer Rückrunde, die an die von 2011 erinnert. Diesmal kann die Eintracht zwar nicht mehr absteigen, verspielt aber zig Millionen in der TV-Tabelle. Trainer Niko Kovac setzt auf eine Steigerung im Derby am Samstag gegen Mainz 05.
Von Tobias Goldbrunner
Stellv. Chefredakteur Inhalte
Marco Fabian. Foto: dpa
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FRANKFURT - Es genügten 30 Sekunden. Um zu sehen, warum die Frankfurter Eintracht ausgerechnet so kurz vor dem Pokalfinale in einer tiefen Krise steckt. Die 63. Minute: Frankfurts Stürmer Branimir Hrgota scheiterte, wie so oft in letzter Zeit, mit einem viel zu schwachen Kopfball. Der VfL Wolfsburg konterte. Und setzte die einmal mehr neu formierte Eintracht-Defensive mit zwei, drei schnellen Kombinationen schachmatt. Daniel Didavi, der ähnlich ungehindert das 1:0 (47.) markierte hatte, düpierte Verteidiger Guillermo Varela per Beinschuss, Mario Gomez (63.) schob mühelos ein. Die 0:2 (0:0)-Heimpleite der hessischen Bundesliga-Fußballer, die blutleer, planlos und ohne Gegenwehr auftraten, war früh besiegelt.
Der Ärger ging danach erst so richtig los. „Das war von vorne bis hinten schlecht“, setzte Eintracht-Trainer Niko Kovac zu einer Wutrede an. Der ersten, seit er am Main aktiv ist. Schließlich hatte der Kroate auch „die Mannschaft noch nie so gesehen, seit ich hier bin. Das war unsere schlechteste Saisonleistung“. Der Kroate kündigte „ausführliche Gespräche“ an. Womit er am Morgen danach direkt begann.
Zu viele Einzelkämpfer
Kovac war immer „noch enttäuscht. Ich habe zu viele Einzelkämpfer gesehen, keine Bereitschaft für einander“. Der 45-Jährige versuchte aber auch, seine Spieler in Schutz zu nehmen: „Sie haben mir das Feedback gegeben, dass sie müde in Kopf und Beinen waren.“ Kovac übte Selbstkritik: „Die ganze Mannschaft hat keine gute Leistung gezeigt, ich eingeschlossen. Wenn wir wieder so auseinanderfallen wie in der zweiten Halbzeit, wird es in den letzten zwei Liga-Duellen und auch im Pokalfinale schwierig.“ Der Kroate ist aber überzeugt: „Es war jetzt ein schlechtes Spiel. Ich glaube nicht, dass wir in so kurzer Zeit ein zweites und drittes zeigen. Die Jungs werden gegen Mainz frischer sein.“
Und doch sind die Sorgen im Umfeld gewaltig. Von den vergangenen 13 Liga-Partien hat die Eintracht eine gewonnen. Ist die schlechteste Mannschaft der Rückrunde. Und hat seit 285 Pflichtspiel-Minuten schon wieder kein Tor erzielt. Die Frankfurter können die Ausfälle von Leistungsträgern wie Makoto Hasebe, Alexander Meier, Jesus Vallejo, Omar Mascarell und Szabolcs Huszti nicht kompensieren, gegen Wolfsburg wurde zudem schmerzlich David Abraham (Gelbsperre) vermisst. Taleb Tawatha und Varela fehlt schlichtweg die Qualität. Die Säulen, die spielen, können auf ungewohnten Positionen (Timothy Chandler als Sechser, Bastian Oczipka als Innenverteidiger) nicht ihre wahres Leistungsvermögen entfalten. Marco Fabian sei nach seiner langen Verletzungspause „platt“, so Kovac. Genauso wie Marc Stendera und Marco Russ. „Wir laufen ziemlich auf der Felge“, bedauert der Trainer.
Für die Offensive kann dies aber nicht als Ausrede gelten. Den Zorn der Zuschauer zog gegen Wolfsburg einmal mehr Branimir Hrgota auf sich. Der Schwede hat seit zehn Pflichtspielen nicht mehr getroffen. Noch schlechter ist die Bilanz von Haris Seferovic: Der Schweizer, der in der 72. Minute kläglich vergab, wartet seit November auf einen Treffer. Kovac „glaubt“ an Hrgota. „Und zwar nicht als einziger.“ Gesteht aber auch: „Es hilft nichts, wir haben keine anderen Optionen.“ Plötzlich wird wieder der verletzte Meier herbeigesehnt, den viele, auch Kovac, schon für verzichtbar erklärt hatten. Die Baustellen sind aber an allen Ecken beängstigend. Auch Mijat Gacinovic steht völlig neben sich, fiel am Samstag einzig durch eine peinliche Schwalbe auf.
Die Euphorie um die letztlich glücklichen Siege gegen Augsburg und Mönchengladbach scheinen Spieler und Verantwortliche geblendet zu haben. Der jüngste Auftritt war der vorläufige Tiefpunkt einer Rückrunde, die an die von 2011 erinnert. Diesmal kann die Eintracht zwar nicht mehr absteigen, verspielt aber zig Millionen in der TV-Tabelle. „Wir müssen uns an die eigene Nase fassen“, betont Oczipka. „Es kann nicht sein, dass uns die Power ausgeht. Wir sind eine Bundesliga-Mannschaft, hatten eine lange Sommer- und Wintervorbereitung. Was sollen da Europacup-Teilnehmer sagen.“ Der Verteidiger warnt: „Wir können nicht Spiele so herschenken und dann einfach mal nach Berlin fahren. Das kann nicht der Weg sein.“ Ersatz-Kapitän Chandler fordert: „Wir müssen uns noch mal alle zusammenreißen.“