Kein einziges Tor hat die Frankfurter Eintracht im Spiel gegen Borussia Dortmund gemacht. „Harmlos“, „schlampig“, „ein Klassenunterschied“ sagt der Verein selbst dazu.
Von Peppi Schmitt
Dortmunds Thorgan Hazard (M.) und Simon Falette (l.) von Frankfurt versuchen an den Ball zu kommen.
(Foto: dpa)
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FRANKFURT - Man könnte glauben, die Frankfurter Eintracht habe sich beim Bundesligaspiel in Dortmund für die Europa-League-Spiele gegen Salzburg geschont. Die bis dahin beste Rückrundenmannschaft hatte keine Anstalten gemacht, sich in irgendeiner Form zu wehren. Sie hat die Punkte kampflos abgegeben, war nach 90 einseitigen Minuten mit dem 0:4 (0:1) noch gut bedient. Die besten Szenen hatten die Frankfurter nach dem Abpfiff, als sie schonungslos mit sich selbst ins Gericht gingen. „Es war ein Klassenunterschied, das hat mir überhaupt nicht gefallen“, sagte Trainer Adi Hütter. „Viel zu harmlos“, sagte der ehemalige Dortmunder Sebastian Rode. „Zu viel nach hinten gespielt“, ärgerte sich Martin Hinteregger. „Zu viel Respekt gezeigt“, sagte Manager Bruno Hübner. „Unsauber und schlampig“, kritisierte Sportvorstand Fredi Bobic, der vor ein paar Tagen die zur Jahreswende aufgekommene Kritik an der Mannschaft noch als „lächerlich“ abgetan hatte. Und so weiter und so fort.
Dortmund war zweifellos ein Tiefpunkt in dieser Saison, die Eintracht hatte keinen einzigen Ball aufs gegnerische Tor gebracht. Die Statistik wies einen Torschuss auf, da war der Ball nach einem Versuch von Timothy Chandler meilenweit übers Tor geflogen. Mit Bundesliga hatte das nicht mehr viel zu tun. Der Gesamtauftritt war einfach nur peinlich. Die Leistung war im Übrigen genauso schlecht wie vor zwei Wochen beim 1:1 in Düsseldorf. Nur der Gegner war diesmal stärker. Und es war keine Eintagsfliege. Ob in Augsburg, zu Hause gegen Wolfsburg oder in Paderborn genauso wie im Europapokal gegen Guimaraes, Auftritte jenseits des guten fußballerischen Geschmacks häufen sich in dieser Saison und können nicht mehr als Einzelfälle durchgehen. Das sollte der Eintracht zu denken geben.
Stürmer hängen in der Luft
Die zwischenzeitlich neu gewonnene Stabilität, in zwei Spielen gegen Leipzig unter Beweis gestellt, ist noch sehr fragil. Die zuletzt stabile Abwehr war auf einmal nicht mehr stabil. Und das Angriffsspiel verläuft gerade auswärts weiter meistens irgendwo im Sande. Der Stürmer, in der ersten Halbzeit André Silva oder die Stürmer, nach der Halbzeit kam Bas Dost hinzu, hängen völlig in der Luft. Ein Kombinationsspiel nach vorne gab es schlicht nicht, nur wildes Gebolze, in der Hoffnung, dass Filip Kostic vielleicht einmal seinen Gegnern entwischen könnte. Das kann mal klappen, aber inzwischen ist die Konkurrenz darauf längst eingestellt. Die Dortmunder zum Beispiel haben Kostic in eine Doppeldeckung genommen. Damit war das Frankfurter Angriffsspiel auf Null gestellt. Es war eine Ansammlung von Dutzenden von Fehlpässen, die zwischenzeitlich absurde Ausmaße angenommen hatte. Ein Viertel aller Pässe fanden den Gegner. Die Balance im Frankfurter Spiel, verloren gegangen irgendwann vor Weihnachten, ist also noch längst nicht wieder komplett hergestellt.
Kein Frankfurter Spieler war wirklich gut am Freitagabend, alle waren sie schlecht, manch einer noch schlechter als andere. Der Trainer vermied es darum auch, auf Einzelkritik einzugehen. „Es geht nicht um einzelne Spieler“, sagte er, „wir haben als Mannschaft nicht das gespielt, was wir spielen wollten.“ Einigen Frankfurter Profis aber wurden Grenzen aufgezeigt. Die beiden Außenverteidiger Almamy Touré und Evan Ndicka sind mit all ihrem Talent an Grenzen gestoßen. Sie waren völlig überfordert vor mehr als 80.000 Zuschauern im Dortmunder Fußball-Tempel. Alles, was Spieler wie Jadon Sancho oder Thorgan Hazard da veranstalteten, ging viel zu schnell für die beiden Franzosen. Neben dem durchgehend fehlenden Tempo blinken die größten Defizite im Frankfurter Mittelfeld auf. Schon vor der Saison wurden rund 20 Millionen Euro in Spieler wie Dominik Kohr und Djibril Sow investiert, die ihre Stärken im Zweikampf, im Laufvermögen und in der Arbeit „gegen“ den Ball haben. Mit dem Ball aber herrschte und herrscht große Armut. Mit Stefan Ilsanker wurde im Winter ein weiterer „Zerstörer“ hinzugeholt. Der kann helfen, wenn das Spiel auf die Eintracht zuläuft. Er ist aber keine Hilfe, wenn die Eintracht ein Spiel nach vorne entwickeln muss.
Dem Frankfurter Trainer ist es gelungen, mit taktischen Umstellungen, einer Konzentration auf Defensive und der Schärfung der Sinne innerhalb des Teams eine kleine Serie hinzulegen, die Abstand zur Abstiegszone gebracht hat. Das ist aller Ehren wert, sieht man das eher unterdurchschnittliche Potential im Team. Vielleicht werden die Frankfurter es in den nächsten Wochen dann tatsächlich anders machen als alle anderen: Sie werden sich auf die Pokale konzentrieren (Europacup gegen Salzburg, DFB-Pokal gegen Bremen) und in der Liga noch die sechs, sieben nötigen Punkte holen, um gänzlich außer Gefahr zu geraten.