Beim FSV Mainz 05 halten sie große Stücke auf den erst 19-jährigen Bote Baku. Doch U 23-Trainer Dirk Kunert weiß auch, wo der Spieler der Regionalligamannschaft sich noch...
MAINZ. Das Erstaunen war groß auf der Tribüne im Bruchwegstadion am ersten Spieltag, als auf einmal dieser bislang im Aktiven-Fußball noch völlig unbekannte Bote Baku mit Spürsinn, irrwitzigem Tempo und geschickter Zweikampfführung den Kontrahenten vom FSV Frankfurt reihenweise die Bälle abjagte – bei seinem Regionalligadebüt. „Er ist sehr gut in die Saison gekommen“, blickt Dirk Kunert, Trainer des FSV Mainz 05 II, zurück.
Der Fußballlehrer hatte von Anfang an auf den 19-Jährigen gesetzt, und der zahlte von Anfang an mit Leistung zurück. Gegen den FSV wurde Baku beim Stand von 3:0 in der 89. Spielminute unter lautem Applaus ausgewechselt, einmal fehlte er gelbgesperrt, ansonsten verzichtete Kunert keine Sekunde lang auf den Deutsch-Kongolesen.
Seit der U 10 spielt Baku für die 05er, vorher kickte er nur auf dem Hochheimer Bolzplatz. Doch am Bruchweg kennt ihn kaum jemand unter dem Vornamen Bote. „Ridle“ wird er seit jeher genannt. „Ridle und Rudi“, das war über Jahre das unzertrennliche Zwillingsbruderduo beim FSV. Auch in der elterlichen Wohnung in Raunheim wohnten sie Tür an Tür, bis Makana Nsimba, genannt „Rudi“, vor dieser Saison in die Dritte Liga nach Großaspach wechselte. „Ein bisschen komisch war es am Anfang schon, dass er nicht mehr da war“, sagt Ridle Baku, der selbst bei seinem ersten und bislang einzigen Klub einen Profivertrag bis 2020 unterschrieben hat.
In Mainz halten sie große Stücke auf ihr variables Talent. In der Jugend auch als Außenverteidiger ausgebildet, kam Ridle Baku diese Saison bereits auf der Sechs und am offensiven Flügel zum Einsatz. Zwei Positionen, die er gleichermaßen schätzt. „Er hat eine sehr gute Zweikampfführung in der Defensive, ein sehr gutes Gespür, um Bälle zu erkämpfen, und die Explosionskraft, um aus dem Nichts zu beschleunigen“, sagt Kunert, „die Anfangsphase in dieser Saison war Top-Top-Top, da hat er die Messlatte sehr hoch gelegt.“ Zuletzt empfand der Fußballlehrer Bakus Leistungen als „nur noch gut“, beklagt zu zögerliche Aktionen nach vorn. „Und er ist mir noch zu torungefährlich.“
Und das bei dem Spitznamen, den sein Vater Lutumba Baku seinem Sohn in Erinnerung an Stürmer Karl-Heinz Riedle verliehen hatte. Ein Saisontor in der Regionalliga hat Baku auf dem Konto – und eines für die Profis, vorige Woche im Testspiel gegen den luxemburgischen Meister F91 Düdelingen. Kenan Kodro legte ab, Baku zielte treffsicher ins linke Eck. „Wir werden ihn nach und nach in den Profibereich eingliedern“, hatte Sportvorstand Rouven Schröder nach der Vertragsverlängerung angekündigt. „Wenn er hart an sich arbeitet und noch fokussierter ist, wird er Bundesligaspieler“, prognostiziert Kunert. Zuletzt trainierte Baku eine komplette Woche bei der ersten Mannschaft mit. „Diese Reize braucht er“, sagt der Fußballlehrer, der sein Top-Talent wegen dessen „sehr entspannter Art“ und seinem „24-Stunden-Lächeln“ ins Herz geschlossen hat, ihm aber auch rät, etwas mehr Biss zu zeigen, „nicht alles so gechillt zu nehmen“, auf dem Platz „ekliger zu sein“.
Der Hinweis stößt auf offene Ohren. „Dass ich etwas lässiger bin, ist vielleicht altersbedingt“, sagt Baku, „wenn es drauf ankommt, bin ich schon da.“ Im Männerfußball gehe es gegenüber der Jugend robuster zu. „Mein Ziel ist, Bundesliga zu spielen, ganz klar, Stück für Stück an die Profis ranzukommen und in der Persönlichkeit noch ein bisschen zu reifen.“ Schon die neuen Anforderungen in der U 23 brachten ihn schubartig einen großen Schritt voran, von der Körpersprache her ist er mit dem Ridle Baku aus der U 19 kaum noch zu vergleichen. „Dass es in dieser Saison so gut läuft, hätte ich mir nicht erhofft“, gibt er zu.
Da hilft auch ein Kaliber wie Kapitän Sebastian Tyrala neben ihm auf dem Feld. „Ich fühle mich wohl, wenn er mich mit seiner Erfahrung leitet“, betont Baku, der selbst schon in jeweils zehn Einsätzen für die deutsche U 19- und U 18-Nationalmannschaft Erfahrung gesammelt hat. Und der nach seinem Tor gegen Düdelingen von Kunert kurzerhand augenzwinkernd den Spitznamen „Torjäger“ verpasst bekam. Das passt ja auch ganz gut zu „Ridle“.