Mainz 05: Johannes Kaluza tritt als Vorstandsvorsitzender zurück

aus Mainz 05

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Johannes Kaluza. Foto: Sascha Kopp

Johannes Kaluza ist nicht mehr Vorsitzender des 1. FSV Mainz 05. Der 63-Jährige erklärte am Mittwoch seinen Rücktritt.

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MAINZ. Johannes Kaluza ist nicht mehr Vorsitzender des 1. FSV Mainz 05. Der 63-Jährige erklärte am Mittwoch seinen Rücktritt. „Auch wenn mir der Schritt schwer fällt, weil ich den Verein liebe, Gefallen an der Aufgabe gefunden habe und noch viele Ideen gerne verwirklicht hätte, ist es unumgänglich: Ich trete heute und mit sofortiger Wirkung von meiner Funktion als Vereins- und Vorstandsvorsitzender zurück“, teilte Kaluza in einem Brief an die Mitglieder mit. Die Erklärung im Wortlaut finden Sie unten.

Kaluza war am 25. Juni auf der Mitgliederversammlung als Nachfolger von Harald Strutz zum 05-Vorsitzenden gewählt worden. Nach etwas mehr als fünf Monaten ist nun Schluss. „Ich hoffe sehr, dass durch meinen Schritt alle Akteure zu mehr Gemeinsamkeit finden und wir wieder den familiären und sympathischen Verein bilden, der uns im ,Fußballgeschäft' fast einzigartig macht – viele in Deutschland beneiden uns darum“, schrieb Kaluza.

Führungskrise zugespitzt

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Es ist der Höhepunkt einer Führungskrise, die sich in den vergangenen Wochen zugespitzt hatte. Nach dem 1:0-Erfolg gegen den 1. FC Köln war an die Öffentlichkeit gelangt, dass die 05-Geschäftsführer und Sportvorstand Rouven Schröder Kaluza einen Rücktritt nahe gelegt haben. Daraufhin erklärte der 63-Jährige, den Weg für Neuwahlen freimachen zu wollen. Offen blieb bislang aber, wann Kaluza sein Amt für Neuwahlen auch niederlegt, und, ob er bei einer Neuwahl im Frühjahr noch einmal antreten würde. Diese Fragen hat Kaluza nun beantwortet.

Vor wenigen Tagen war der 63-Jährige zusätzlich unter Druck geraten, nachdem er in den Medien einen Machtkampf zwischen dem Vorstand und dem Aufsichtsrat thematisiert hatte. Daraufhin distanzierte sich sein Vorstandskollege Rouven Schröder von ihm und ließ Kaluza darauf hinweisen, dass es sich um einen Machtkampf zwischen dem Vorstandsvorsitzenden – also Kaluza – und dem Aufsichtsrat handele. Spätestens zu diesem Zeitpunkt brachte der 63-Jährige innerhalb des Vereins alle Fronten gegen sich auf. Auch der Aufsichtsrat war geschlossen gegen den Ehrenamtler.

Streitpunkt Aufwandsentschädigung

Nicht zuletzt wegen des Streitpunktes seiner Aufwandsentschädigung. Nachdem Kaluza innerhalb seines Wahlkampfes davon gesprochen hatte, das Amt keinesfalls aus finanziellen Interessen anzustreben, forderte er auf der Mitgliederversammlung am 30. Oktober neben einem Verdienstausfall auch Spesen und einen Dienstwagen. Das brachte viele der 05-Fans gegen ihn auf. Der Aufsichtsrat wies den Vorsitzenden darauf hin, dass ihm rechtlich kein Verdienstausfall zustehe und legte seine Aufwandsentschädigung später auf 3000 pro Monat fest.

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Rund um das Thema der Aufwandsentschädigung entbrannte zusätzlich eine Debatte über die Richtigkeit der erst in diesem Jahr beschlossenen Satzung. Kernfrage: Kann der Vorsitzende eines Fußball-Bundesligisten mit einem Umsatz von über 100 Millionen Euro im Jahr ehrenamtlich tätig sein? Unter anderem aus diesem Grund hatte der Aufsichtsrat für den 11. Januar eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen. Diese entfällt jedoch - stattdessen wird es am 21. Januar eine Mitgliederversammlung geben, bei der ein neuer Vorsitzender gewählt werden soll. Bis zum 24. Dezember 2017 können Vorschläge zur Neuwahl des Vereinsvorsitzenden bei Mainz 05 eingereicht werden.

Rouven Schröder kommentierte den Rücktritt: „Ich respektiere die Entscheidung von Johannes Kaluza. Ihm gebührt Dank dafür, dass er in dieser schwierigen Situation das Wohl des Vereins über seine persönlichen Interessen stellt. Das gibt dem Verein die Chance auf einen strukturierten Weg in die Zukunft."

Aufsichtsratsvorsitzender Detlev Höhne sagt: "Johannes Kaluza hat mich vorab über seine Entscheidung informiert. Am Ende eines schwierigen gemeinsamen Weges trennen wir uns in gegenseitigem Respekt und in der gemeinsamen Verantwortung für die Interessen von Mainz 05. Der Aufsichtsrat lädt auf Basis unserer Satzung die Mitglieder unverzüglich zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung, auf der die Mitglieder einen neuen Vereinsvorsitzenden wählen."

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Die Erklärung von Johannes Kaluza im Wortlaut:

Liebe Mitglieder von Mainz 05,

Ende Juni begann für Mainz 05 eine neue Ära mit der Umsetzung unserer neuen Satzung. Ich war hochmotiviert, diesen wichtigen Schritt mit zu gestalten und habe Euch mit dem Programm: Mitgliederorientierung, Begeisterung für unseren besonderen Verein und Rettung der Fußball-Vereins-Kultur überzeugt. Für Euer großes Vertrauen bin ich noch heute dankbar. Zusammen mit mir sind der Aufsichtsrat und die neu gegründete Fanabteilung angetreten, ebenfalls mit sehr viel Engagement und Leidenschaft. Als 05er mit ganzem Herzen, aber als Quereinsteiger in der Welt des Fußballs und einem solchen Spitzenamt, erlebte ich die Aufgabe so, wie ich es vermutet hatte: facettenreich, spannend und fordernd.

Dass ich mit meiner Wahl permanent im Blickpunkt der Öffentlichkeit stand, war ebenfalls eine neue Erfahrung. Dass jede Aussage, jeder Halbsatz über die Medien transportiert und interpretiert, ja häufig auf die Goldwaage gelegt wurde, hat mich überrascht, häufig irritiert und manchmal auch gestört. Nicht immer habe ich mich richtig verstanden gefühlt. So habe ich auch Fehler gemacht, was mir sehr wohl bewusst ist – und Ihr könnt davon ausgehen, dass sich niemand darüber mehr geärgert hat als ich.

So kam es zu Missverständnissen – zum Beispiel als ich als wirtschaftlich unabhängiger Unternehmer den Eindruck habe entstehen lassen, es ginge mir ums Geld. Es kam zu Konflikten und Auseinandersetzungen, die dem Ansehen von Mainz 05 nicht gedient haben. Es darf aber in unserem Verein nicht das Interesse des Einzelnen, von wem auch immer, über dem Wohl des Vereins stehen. Der gute Ruf des 1. FSV Mainz 05 als sympathischer, familiärer Klub darf nicht in Zweifel gezogen werden. Und in einer sportlich angespannten und auch wirtschaftlich herausfordernden Situation unseres Klubs dürfen nicht Nebenkriegsschauplätze in den Mittelpunkt rücken und Kräfte binden, die wir für unseren gemeinsamen Erfolg brauchen.

Auch wenn mir der Schritt schwer fällt, weil ich den Verein liebe, Gefallen an der Aufgabe gefunden habe und noch viele Ideen gerne verwirklicht hätte, ist es unumgänglich: Ich trete heute und mit sofortiger Wirkung von meiner Funktion als Vereins- und Vorstandsvorsitzender zurück. Für die vertrauensvolle und sachorientierte Zusammenarbeit mit meinem Kollegen Rouven, den Geschäftsführern und der Geschäftsstelle möchte ich mich bedanken. Ich hoffe, trotz der nur kurzen Amtszeit auch neue Impulse und Denkanstöße gegeben zu haben.

Die vom Aufsichtsrat für den Vorsitzenden beschlossene Aufwandsentschädigung wird von mir nicht in Anspruch genommen. Ich bitte darum, das Geld in die Jugendarbeit unseres Vereins zu investieren, die mir sehr am Herzen liegt. Selbstverständlich trage ich für eine geordnete Übergabe der Amtsgeschäfte Sorge.

Ich hoffe sehr, dass durch meinen Schritt alle Akteure zu mehr Gemeinsamkeit finden und wir wieder den familiären und sympathischen Verein bilden, der uns im „Fußballgeschäft“ fast einzigartig macht – viele in Deutschland beneiden uns darum. Ihr könnt davon ausgehen, dass ich auch über den heutigen Tag hinaus mit Leib und Seele leidenschaftlicher 05-er bleiben werde.