Wie gut ist die neue Eintracht wirklich?

aus Eintracht Frankfurt

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Auch in Köln blieben die Frankfurter unbesiegt. Wirklich zufrieden waren sie nach dem Schlusspfiff aber nicht. Foto: dpa
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Platz vier, in der Liga noch ungeschlagen – der Saisonstart der Frankfurter Eintracht ist geglückt. Und dennoch drängt sich das Gefühl auf, dass noch mehr drin gewesen wäre.

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FRANKFURT. Ungeschlagen nach vier Spieltagen, Platz vier in der Bundesliga-Tabelle. Keine Siege gegen Bielefeld und Köln, den Sprung auf Platz zwei verpasst. Das sind die nackten Fakten bei der Frankfurter Eintracht nach dem 1:1 (1:0) beim 1.FC Köln. Ist das Glas nun halb voll oder halb leer? Ist der Start in die Saison geglückt oder hätte es noch mehr sein können oder gar müssen? Es gibt sowohl Argumente für die eine These als auch für die andere. „Mit acht Punkten und dem Start bin ich zufrieden“, sagt Trainer Adi Hütter, „aber über das Unentschieden in Köln ärgere ich mich.“ Neuzugang Amin Younes gab sogar zu, „dass es sich ein bisschen schlecht anfühlt“. Die Einschätzungen von Trainer und Spieler sind ein gutes Zeichen. Sie zeigen, dass die Eintracht höhere Ansprüche an sich selbst stellt, dass sie mit Unentschieden nicht mehr zufrieden ist, nicht einmal bei Auswärtsspielen. Die 90 Minuten von Köln haben die neue Stärke der Frankfurter genauso gezeigt, wie alte Schwächen.

Das Spiel der Eintracht, ihre Spielweise, ihr Selbstverständnis von Fußball hat inzwischen eine große Stabilität erreicht. Trainer Hütter hat die Mannschaft auf eine höhere Stufe gehievt. Die Rädchen greifen ineinander, jeder weiß, was er zu tun hat. Dabei ist es hilfreich, dass kaum neue Spieler eingebaut werden müssen. Das System mit der Dreierkette hinten und zwei Stürmern vorne ist längst in Fleisch und Blut übergegangen.

Viel Aufwand, wenig Ertrag

Personell sind die Frankfurter besser aufgestellt als fast alle Klubs hinter den Top-Five. Selbst ohne den derzeit verletzten Filip Kostic müssen sich einstige Stammkräfte wie Evan Ndicka, Dominik Kohr oder Danny da Costa jetzt hinten anstellen. Mit Aymen Barkok und Tuta drängen Talente nach vorne, Neuzugang Younes deutet an, eine Verstärkung werden zu können. Mit ihrer Körperlichkeit bereitet die Eintracht den meisten Gegnern große Probleme. Dies zieht sich inzwischen durch alle Mannschaftsteile. Ob hinten David Abraham und Martin Hinteregger, im Mittelfeld Sebastian Rode und Stefan Ilsanker und ganz vorne Bas Dost, gegen sie Zweikämpfe zu gewinnen, fällt vielen Gegnern schwer. In Köln hat das in der ersten Halbzeit zu einer absoluten Dominanz geführt. Dem Gegner wurde nicht ein einziger Schuss aufs Tor gegönnt, Torwart Kevin Trapp hatte wirklich einen bis dahin ruhigen Nachmittag. Das ist die eine, die schöne Seite dieser neuen Eintracht.

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Die andere Seite: Die Dominanz drückt sich nicht ausreichend in Offensivaktionen aus. Im Gegenteil: In Köln konnte man den Eindruck gewinnen, dass die Eintracht sich mit all ihrer Überlegenheit und dem hohen Ballbesitzanteil selbst ein wenig eingelullt hat. Das Führungstor durch den von André Silva verwandelten Foulelfmeter war verdient, aber dennoch glücklich. Es bleibt die Erkenntnis, dass die Frankfurter sich von jenen Mannschaften, die im Tabellenkeller stehen oder dort erwartet werden, inzwischen deutlich abheben. Dennoch haben sie gegen Bielefeld und Köln, beide deutlich unterlegen, nur zwei von sechs Punkten geholt. Und das führt dann geradewegs zu den aktuellen Einschränkungen und den zukünftigen Anforderungen.

Unkonzentriertheiten kosten Punkte

Ein erster Schritt ist in dieser neuen Saison schon getan. Der gute Lauf aus der alten Spielzeit konnte fortgesetzt werden, die Frankfurter sind seit acht Spielen ungeschlagen und haben von den letzten sechs Auswärtsspielen keines verloren. Nun muss der nächste Schritt folgen, denn noch hat die neue Stärke nicht genug Ertrag gebracht. Vielleicht nicht gleich im nächsten Spiel, da geht es am Samstag in München schließlich gehen die „beste Mannschaft der Welt“, wie Amin Younes schon mal anmerkte, aber danach gegen Teams wie Werder Bremen oder den VfB Stuttgart.

Um aus der Überlegenheit mehr Punkte zu machen, müssen die Frankfurter lernen, kurze Phasen der Unkonzentriertheiten, die es immer geben wird, ohne Gegentore zu überstehen und den Instinkt entwickeln in Phasen der eigenen Überlegenheit dem Gegner der K.o.-Schlag zu versetzen. Beides hat in Köln nicht funktioniert, weil Daichi Kamada das 2:0 verschenkte und die Abwehr sich beim 1:1 einen Komplettaussetzer leistete.

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Almamy Touré ist aktuell die Personifizierung des Frankfurter Spiels. Zum einen hat der französische Verteidiger eine erstaunliche Stärke im Spiel nach vorne entwickelt. Er dribbelt, er flankt, er köpft, tritt auf, wie ein moderner Außenspieler auftreten muss. Noch immer aber hat er seine Leichtfertigkeiten in der Defensivarbeit nicht abgestellt. Beim Ausgleich durch Ondrej Duda hat er schlicht und einfach den letzten Schritt nach hinten nicht gemacht. Touré hat damit am Ende einer Fehlerkette gestanden.

Es wäre also mehr drin gewesen in Köln und an den ersten vier Spieltagen, ohne Frage. „Wir haben zwei Punkte verschenkt“, hat der Trainer gesagt. Aber: Womöglich sind die Frankfurter in dieser Saison sogar stärker als sie selbst glauben.

Von Peppi Schmitt