Seit Sonntag Stundenweltrekordler: Die Darmstädter Speed-skater Felix Rijhnen und Mareike Thum.
(Fotos: Papadopoulos/Döring)
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GEISINGEN - Nach der vielleicht härtesten Stunde seines Sportlerlebens war Felix Rijhnen der „König von Geisingen“. Mit dem von seinem Team verliehenen Titel und einer von Freundin Katharina aufgesetzten Plastikkrone drehte der Darmstädter noch eine Runde, von denen er schon 202 in den Beinen und damit einen Stundenweltrekord für Speedskater aufgestellt hatte. 39,932 Kilometer lautete das amtliche Endergebnis. Zuvor hatte Vereinskollegin Mareike Thum auf der Hallenbahn im schwäbischen Geisingen mit 34,336 Kilometern ebenfalls einen Stundenweltrekord gelaufen.
„Die Stunde hat sich angefühlt wie zehn Stunden“, erklärte Felix Rijhnen nach der Fahrt mit extrem konstanten Tempo, obwohl es nach seinen Worten schon „nach einer Viertelstunde angefangen hat zu zwicken in den Beinen und im Rücken“. Lange Zeit war nur das Rauschen der Rollen in der gut 32 Grad heißen Halle zu hören. Aber am Ende der Stunde kamen die knapp 100 Zuschauer, die der Rekordfahrt zuschauen durften, immer besser in Fahrt. Und auch Felix Rijhnen hatte noch Reserven und kämpfte sich immer näher an die 40-Kilometer-Marke ran, die er sich vorgenommen hatte.
Bei 202 Runden blieb die Uhr schließlich stehen, womit er nach seinen Kalkulationen sogar über dem Ziel lag. Doch der Weltverband hatte ihm kurzfristig im wahrsten Sinne einen Strich durch diese Rechnung gemacht. Eine nach neuen Richtlinien erfolgte Vermessung am Vortag des Rekordlaufs ergab nämlich, dass die Bahn nicht – wie seit dem Bau im Jahr 2009 angegeben – 200 Meter lang sei, sondern 1,7 Meter kürzer.
Seit Sonntag Stundenweltrekordler: Die Darmstädter Speed-skater Felix Rijhnen und Mareike Thum. Fotos: Papadopoulos/Döring
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„Das hat mir ein Stück weit eine schlaflose Nacht beschert und so ein bisschen meine Planung über den Haufen geworfen“, sagte Rijhnen, der sich akribisch auf den Rekordlauf vorbereitet hatte: „Ich wusste, dass ich 200 Runden laufen kann. Das habe ich gezeigt, sogar ein bisschen mehr. Dass es am Ende nicht ganz für die 40 Kilometer gereicht hat, ist natürlich schade. Aber ich habe alles rausgeholt und hätte heute keinen Meter mehr geschafft.“
Neben der sportlichen kann sich Rijhnen auch über eine Pionierleistung freuen. Denn durch sein Engagement hat der Rollsport-Weltverband ein offizielles Reglement für den Stundenweltrekord verfasst. Und der frühere Welt- und Europameister im Marathon hofft auf Nachahmer. Sein Freund und Powerslide-Teamkollege Bart Swings, achtfacher Sieger des Groß-Gerauer Kriteriums, dürfte ein Kandidat dafür sein. Doch erst einmal darf Rijhnen noch eine Weile genießen, der Speedskating-König der Stunde zu sein.
AUCH SPRINTER IM REKORDTEMPO
Neben den Darmstädter Ausdauerspezialisten waren auf der Hallenbahn in Geisingen auch die Sprinter von Blau-Gelb Groß-Gerau im Einsatz. Dabei stellte Laethisia Schimek in 10,555 Sekunden einen deutschen Rekord über 100 Meter auf. Über die gleiche Distanz sprinteten Simon Albrecht (9,380) und Etienne Ramali (9,960) mit stehendem Start. Zudem gab es einen 200-Meter-Wettbewerb mit fliegendem Start. Die Zeiten: Albrecht 13,926 Sekunden, Ramali 1,479 und Schimek 15,173. Jan Mende aus Gera lief hier in 13,853 Sekunden einen Bahnrekord. Ein ausführlicher Bericht zum Groß-Gerauer Trio folgt.
„Diese Stunde war extrem lang“, sagte auch Mareike Thum nach ihrem Rekordlauf: „Nach einer halben Stunde habe ich gedacht: Das zieht sich wie Kaugummi und wir haben noch nicht mal die Hälfte rum.“ Auch die Weltmeisterin und World-Games-Siegerin erreichte nicht ganz ihr Ziel, das sie sich mit 35 Kilometern gesteckt und wenige Tage zuvor im Training auch schon erreicht hatte. Aber eben auch nach alter Rechnung der Bahnlänge. „Aber es ist immer noch der neue Weltrekord.“ Und mit fast drei Kilometern mehr eine deutliche Verbesserung gegenüber einer bisher geführten Marke aus den Niederländen. Genauso wie der Männerrekord von etwas mehr als 38 Kilometern bisher nur im Guinness-Buch der Rekorde geführt und auf der Straße gelaufen worden war. Die neuen Marken sind nun aber amtlich und vom Weltverband anerkannt.
Während alle ihre Speedskating-Kollegen froh waren, mal wieder einen Wettkampf laufen zu können, hat Mareike Thum die Corona-Pause weniger ausgemacht: „Nach 15 Jahren Wettkampfsport war ich auch mal froh, dass es gar keine Wettkämpfe gab und ich mich ein bisschen zurückhalten konnte.“ Zumal sie mittlerweile auch als Eisschnellläuferin im Einsatz ist und auch hofft, dass die Wintersaison auch stattfinden kann. Denn: „Das große Ziel ist es, auf meine alten Tage nochmal die Olympischen Spiele in Angriff zu nehmen.“