DB Cargo: Bahn-Tochter verliert wichtige Aufträge an...

Stahlkonzerne wie die Salzgitter AG verlagern einer internen Notiz der Bahn zufolge „in hohem Maße“ Güter von der Schiene auf die Straße. Foto: dpa

Die defizitäre Schienengütertochter der Bahn, DB Cargo, soll 2018 die Kehrtwende schaffen und stärker wachsen. Doch die Realität sieht anders aus: Stahlunternehmen...

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MAINZ. DB-Cargo-Chef Jürgen Wilder will mit der defizitären Schienengütertochter der Bahn ab 2018 wieder stärker wachsen als der Markt und sieht bereits erste Erfolge seiner Sanierung. Doch die Realität sieht derzeit anders aus. Stahlunternehmen kritisieren einer internen Bahn-Notiz zufolge mangelnde Transportkapazitäten bei DB Cargo und verlagern deshalb Güter massiv auf die Straße. Gleichzeitig beklagen „kritische, aber engagierte Mitarbeiter der DB Cargo“ in einem Brandbrief an die Aufsichtsräte von DB Cargo und Deutsche Bahn eine „traurige und angespannte Situation“ der Bahn-Tochter und bezweifeln, dass die Kehrtwende 2018 gelingt. Beide Dokumente liegen dieser Zeitung vor.

Der internen DB-Notiz des Managements zufolge wurde DB Cargo im Mai auf einer großen Logistikmesse von den Stahlkonzernen Thyssen-Krupp, Salzgitter, Saarstahl und Tata „massiv kritisiert“. Die Konzerne werfen dem Transportunternehmen demnach eine „unbefriedigende Versorgung“ mit Waggons und „strukturell“ – also hausgemacht – zu geringe Kapazitäten vor. „DB Cargo kann somit leider nicht in diesem Segment wachsen, schlimmer noch, es werden in hohem Maße Verkehre auf den Lkw verlagert, so dass wir aktuell Mengen verlieren“, schreiben Bahn-Manager in der Notiz.

Stahlsektor für Unternehmen sehr wichtig

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Das trifft DB Cargo schwer. Die Stahlindustrie befördert aktuell rund die Hälfte ihrer Transportmengen auf der Schiene. DB Cargo bewegt nach eigenen Angaben jährlich mehr als 60 Millionen Tonnen Stahl. Das Unternehmen sei damit vor Lkw und Binnenschifffahrt „der größte Versorger der Stahlwerke“. Entsprechend wichtig ist das Geschäftsfeld für DB Cargo. Mit knapp 65 Millionen Tonnen entfiel 2016 fast ein Viertel (23,4 Prozent) der gesamten beförderten Tonnage auf den Transport von Stahl.

Eine DB-Cargo-Sprecherin bestätigte gegenüber dieser Zeitung, „dass wir die sprunghaft gestiegene Nachfrage nach Stahltransporten derzeit nicht gemäß unserer eigenen Qualitätsansprüche bedienen können. Das ärgert uns selbst am meisten“. Man arbeite gemeinsam mit den Kunden „intensiv an schnellen Lösungen zur Verbesserungen der Situation – unter anderem mit Sonderschichten auch an Sonn- und Feiertagen oder mit der Anmietung von zusätzlichen Stahltransportwagen“.

Die Verfasser des Brandbriefes an die Aufsichtsräte sind indes „in ernster Sorge“ um die Bahn-Tochter, wie es in dem Schreiben heißt. Nachdem sich im Februar der Vorstand mit den Betriebsräten in einem Interessenausgleich einigte, bestand die Hoffnung, „dass die angespannte Situation besser wird“. Leider müsse man „täglich feststellen, dass die neu (unter Wilder, d. Red.) eingeführten Prozesse noch nicht passen, dass uns Personal an allen Ecken und Enden fehlt und vor allem wir zu wenig Ressourcen haben“.

Dies sei keine Einzelmeinung, „sondern wird auch in allen Ebenen des Unternehmens so gesehen“. Nun räche sich, „dass man in den letzten Jahren so viele Wagen verkauft und verschrottet hat“, heißt es in dem Brief weiter. In der internen DB-Notiz des Managements wird die Ressourcenknappheit indirekt bestätigt. In einer Fehleranalyse konstatieren die Manager, „dass Ressourcenengpässe in der Produktion (Zug- und Ressourcenplanung, d. Red.) den Wagenumlauf verzögern“.

DB Cargo: Pünktlichkeit deutlich erhöht

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Die DB-Cargo-Sprecherin verwies darauf, dass das Unternehmen „derzeit umfangreiche Umstrukturierungsmaßnahmen in Produktion und Vertrieb zur nachhaltigen Qualitäts-, Effizienz- und Zuverlässigkeitssteigerung“ umsetze. Erste Erfolge seien bereits sichtbar: „So konnte die Pünktlichkeit 2016 im Vergleich zum Vorjahr deutlich erhöht werden.“

Darüber hinaus wachse DB Cargo erstmals seit fünf Jahren wieder und stabilisiere seine Marktanteile. Mitte Februar einigten sich Management und Betriebsrat auf einen Sanierungsplan, der unter anderem den Abbau von insgesamt 170 Stellen in der Deutschland-Zentrale in Mainz (rund 1000 Beschäftigte) und in der Europazentrale am Frankfurter Flughafen bis 2021 vorsieht. Unternehmensweit sollen bis dahin früheren Angaben aus Firmenkreisen zufolge gut 1900 Vollzeitarbeitsplätze wegfallen.