Das Führungszeugnis: Welche Formen gibt es und welche Strafen stehen drin? Hier der Unterschied zwischen einfachen, erweiterten und behördlichen Führungszeugnissen.
DARMSTADT. Steht eine Anstellung bei einem neuen Arbeitgeber an, muss oft ein Führungszeugnis eingereicht werden. Aber was steht eigentlich in einem Führungszeugnis? Kommt jede Strafe hinein? Und falls ja: Wann wird die Eintragung gelöscht?
Zunächst einmal ist zu unterscheiden zwischen dem einfachen, dem erweiterten und dem behördlichen Führungszeugnis. Für Arbeitgeber reicht das einfache Führungszeugnis. Jeder, der das 14. Lebensjahr vollendet hat, kann ein solches Zeugnis erhalten. In dieser einfachen Variante sind einmalige Verurteilungen von Geldstrafen bis zu 90 Tagessätzen oder Freiheitsstrafen von bis zu drei Monaten nicht zu finden. Das ändert sich aber mit einer zweiten Verurteilung – auch dann, wenn die zweite Strafe unterhalb dieser Grenzen liegt.
Seit 2010 gibt es das erweiterte Führungszeugnis. Das gibt Auskunft über Personen, die beruflich, ehrenamtlich oder auf sonstige Weise eine Tätigkeit ausüben, bei der sie Kontakt zu Kindern oder Jugendlichen haben. Hier wären dann auch Eintragungen mit Blick auf solche Sexualdelikte zu finden, die wegen „Geringfügigkeit“ im einfachen Zeugnis nicht stehen. Die dritte Form ist das behördliche Führungszeugnis. Darin stehen alle Verurteilungen - auch solche die unterhalb der Grenzen der Tagessätze beziehungsweise der Freiheitsstrafen liegen. Bewirbt sich jemand bei einem öffentlichen Arbeitgeber, so wird das behördliche Führungszeugnis auf Antrag des Bewerbers direkt an die Behörde gesendet. Dem Bewerber ist Einsicht in dieses Zeugnis zu gewähren. Er hat allerdings auch die Möglichkeit, das Führungszeugnis an das zuständige Amtsgericht übersenden zu lassen, dort vorab Einsicht zu nehmen und dann zu entscheiden, ob es wirklich weitergeleitet werden soll.
Wann werden die Einträge gelöscht? Für das Führungszeugnis gelten folgende gesetzliche Fristen: Nach drei Jahren werden Geldstrafen von nicht mehr als 90 Tagessätzen oder Freiheitsstrafe von nicht mehr als drei Monaten gelöscht. Außerdem Freiheitsstrafen von bis zu einem Jahr bei Strafaussetzung zur Bewährung, Jugendstrafen bis zu einem Jahr und Jugendstrafen bis zu zwei Jahren bei Strafaussetzung zur Bewährung.
Freiheitsstrafen über einem Jahr oder Jugendstrafen über zwei Jahre ohne Aussetzung zur Bewährung werden nach fünf Jahren gelöscht. Freiheits- oder Jugendstrafen von mehr als einem Jahr bei Verurteilungen wegen bestimmter Sexualdelikte werden erst nach Ablauf von zehn Jahren gelöscht.
Vorbestraft: In Deutschland gilt jemand als vorbestraft, wenn gegen ihn eine Strafe in einem Strafprozess ausgesprochen oder ein Strafbefehl verhängt wurde, diese Maßnahme rechtskräftig ist und nicht getilgt wurde. Ist die Strafe nicht im Führungszeugnis aufgeführt, darf sich die betroffene Person weiter als nicht vorbestraft bezeichnen. Zu beachten ist, dass Ordnungswidrigkeiten oder die Einstellung des Verfahrens nicht zu einer Vorstrafe führen. Daher macht es einen entscheidenden Unterschied, ob eine Strafe verhängt oder das Verfahren eingestellt wurde.
Ein Urteil des Sozialgerichts Dortmund macht deutlich, welche Folgen eine Eintragung im Führungszeugnis haben kann. Dort hatte es eine Arbeitsagentur abgelehnt, einem gelernten Kraftfahrzeugmechaniker eine Umschulung zum Automobilkaufmann zu finanzieren. Grund: Der Mann war ein verurteilter Internetbetrüger, der wegen gewerbsmäßigen Betruges wegen des Angebots nicht vorhandener Waren zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten verurteilt worden war – wenn auch auf Bewährung. Die Agentur für Arbeit war der Meinung, dass der Mann in seinem Wunschberuf voraussichtlich „keine dauerhafte Anstellung“ finden werde. Denn er sei verpflichtet, seine Vorstrafe potenziellen Arbeitgebern anzugeben. Das Gericht bestätigte die Entscheidung der Agentur für Arbeit. (AZ: S 35 AL 256/15 ER)
Von Maik Heitmann