Das Thermometer zeigt knapp über null, es regnet in Strömen. "Wir haben den Bauarbeitern gesagt, sie sollen für heute Feierabend machen", sagt Axel Lehfeld, einer der beiden...
Marburg. Das Thermometer zeigt knapp über null, es regnet in Strömen. "Wir haben den Bauarbeitern gesagt, sie sollen für heute Feierabend machen", sagt Axel Lehfeld, einer der beiden Projektverantwortlichen des Millionen-Baus bei CSL Behring.
Ihre nasse Kleidung können sie in gerade installierten Trockenschränken aufbewahren. Für Lehfelds Kollegen Markus Ries ist klar: "Das sind wir den Männern schuldig." Denn es komme auf ein partnerschaftliches Miteinander an, da gehöre die Wertschätzung auf jeden Fall dazu. Der weitere Vorteil: Die Arbeiter würden nicht so schnell krank. "Mitarbeiter, die gerne herkommen und merken, dass uns ihre Belange wichtig sind, sind auch produktiver", fasst er zusammen.
Krankheit wollen die Verantwortlichen auch aus Zeitgründen nicht riskieren – denn im kommenden Frühjahr soll das Richtfest für den Neubau der Basisfraktionierung erfolgen. 362 Millionen Euro investiert der Konzern in das Produktionsgebäude am Standort Görzhausen.
Neubau hat 19 000 Quadratmeter Fläche
"Wir liegen gut im Zeitplan", sagt Ries, während sein Blick auf den Rohbau fällt: Das vierte Geschoss wird gerade erstellt, zwei weitere werden noch folgen. Auß;erdem wird auch das derzeitige Produktionsgebäude in unmittelbarer Nachbarschaft zum Neubau um eine Etage aufgestockt.
Die Dimensionen des Neubaus sind immens: 44 Meter hoch wird er sein, bei einer Grundfläche von 60 mal 45 Metern. Insgesamt werden später auf den sechs Etagen plus Keller fast 19 000 Quadratmeter zur Verfügung stehen.
"Dabei ist es uns wichtig, dass hauptsächlich lokale und regionale Unternehmen beauftragt werden", sagt Axel Lehfeld – denn das sei auch eine Stärkung für die Region. Leicht sei dies nicht immer, denn das Volumen sei schon immens groß;, "davor schrecken einige Unternehmen zurück", weiß; er. Doch dann könne man Aufgabengebiete auch aufteilen. Ein Groß;teil der Gewerke sei mittlerweile ausgeschrieben.
Die Anlage in Marburg ist eine von drei Basisfraktionierungen, die derzeit von CSL errichtet werden: Auch in den USA und in Australien entstehen neue Produktionsstätten. "Alle drei Anlagen sollen so vergleichbar wie möglich sein", sagt Ries. Das führe dazu, dass die Kollegen häufig gemeinsame Lösungen erarbeiteten, "und das über drei verschiedene Zeitzonen hinweg". Im neuen Werk soll der Automatisierungsgrad so hoch sein, dass man künftig mit einem anderen Schichtmodell arbeiten möchte: Eine Früh- und eine Spätschicht, kombiniert mit einer reduzierten Nachtschicht. Mit der neuen Produktionsstätte sollen künftig 4,2 Millionen Liter Blutplasma pro Jahr fraktioniert werden – viermal so viel, wie bisher. Dafür plant CSL, etwa 150 neue Mitarbeiter einzustellen – das werde das Unternehmen vor eine groß;e Herausforderung stellen, denn die benötigten Fachkräfte seien rar gesät.
"Aber wir senden mit unserer Investition ein starkes Signal: Hier ist die Zukunft auf Jahrzehnte hinaus gesichert", sagt Ries. Das könne auch Fachkräfte überzeugen, nach Marburg zu kommen. Im dritten Quartal 2020 soll die Testphase der Produktion starten, im darauf folgenden Jahr folgt dann die Produktion für die Behördeneinreichung. Denn: Alles, was aus der neuen Produktionsstätte kommt, muss von den Zulassungsbehörden erneut geprüft werden. Der Produktionsbeginn ist für Ende 2022 geplant.
Von Andreas Schmidt